Aus welchen Regelungen ergibt sich die Notwendigkeit eines Finanzexperten im Aufsichtsrat?

Frage: Seit 2 Jahren bin ich Mitglied im Aufsichtsrat einer kleinen börsennotierten AG in Süddeutschland und verfolge mit großem Interesse Ihre Veröffentlichungen zum Thema Corporate Governance. Jetzt habe ich gehört, dass es gesetzliche Neuerungen im Hinblick auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrates gibt. Angeblich muss jede Aktiengesellschaft einen Finanzexperten in den eigenen Reihen des Kontrollgremiums haben. Im Deutschen Corporate Governance Kodex habe ich hierzu nichts Entsprechendes gefunden. Können Sie mir weiterhelfen: Wo steht das geschrieben? Und gilt diese Regelung auch für kleinere Aktiengesellschaften, die einen kleinen Aufsichtsrat haben?

Florian B. aus Wolfratshausen

Antwort: Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) sieht einige Neuerungen bei kapitalmarktorientierten Gesellschaften vor, die über den Corporate Governance Kodex hinausgehen. Davon werden alle börsennotierten  Gesellschaften erfasst, die den Kapitalmarkt nutzen, unabhängig von ihrer Größe. Auch für die KGaA und die Europäische Gesellschaft (SE) gelten die neuen Regeln. In Umsetzung der europarechtlichen Richtlinien muss der Aufsichtsrat einer kapitalmarktorientierten Gesellschaft künftig mindestens über ein unabhängiges Mitglied mit Sachverstand auf den Gebieten Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen. Als sachkundig gelten beispielsweise Angehörige steuerberatender und wirtschaftsprüfender Berufe oder Finanzvorstände. Als unabhängig gilt ein Aufsichtsratsmitglied, wenn es in keiner geschäftlichen oder persönlichen Beziehung zu der Gesellschaft oder deren Vorstand steht, die einen Interessenkonflikt begründet. Diese Regelung wird speziell in den Aufsichtsräten kleiner Aktiengesellschaften für einige Diskussionen sorgen. Erstmals angewendet wird die Vorschrift im Geschäftsjahr, das mit dem Kalenderjahr 2009 beginnt.

Jella Benner-Heinacher