Broker Voting

Frage: Sie haben an dieser Stelle schon mehrfach über die Risiken niedriger Hauptversammlungspräsenzen und möglicher Gegeninitiativen berichtet. In den USA wird versucht, das Problem mit dem so genannten „broker voting“ zu lösen, das dem Wesen nach wohl dem früher in Deutschland gängigen Bankenstimmrecht ähnelt. Könnten Sie mir erklären, was das bedeutet und ob dies nicht auch geeignet wäre, um hierzulande höhere Präsenzen zu erzielen?

Thomas F. aus Frankfurt

 

Antwort: In den USA gibt es ausschließlich Namensaktien. Ähnlich wie bei uns gibt es die Möglichkeit, dass statt des tatsächlichen Anteilseigners ein so genannter „street name“ in das Aktionärsbuch eingetragen wird. Häufig ist das die jeweilige Depotbank. Der für diese Anteilscheine zuständige Broker darf das hiermit verbundene Stimmrecht nun ausüben, falls der echte Aktionär bis zum zehnten Tag vor der Hauptversammlung keine Weisung gegeben hat und es sich bei dem zur Abstimmung stehenden Tagesordnungspunkt um eine „routine proposal“ handelt. In den USA gibt es heftige Debatten darüber, welche Tagesordnungspunkte als solche Routinevorschläge gelten. So hat die New Yorker Börse Ende 2006 entschieden, dass die Wahl von Aufsichtsräten zukünftig kein Routinevorschlag mehr sein soll. Damit dürfen die Broker die Stimmrechte bei diesem Punkt nicht mehr ohne Weisung ausüben.

Für die Hauptversammlungen in Deutschland würde eine solche Regelung wenig bringen, da es hierzulande nach wie vor mehrheitlich Inhaberaktien gibt. Zudem besteht schon heute die Möglichkeit, seine Stimmen einem vom Unternehmen gestellten Stimmrechtsvertreter mit Weisung zu übertragen. Eine Übertragung ohne Weisung war hier vom Gesetzgeber ausdrücklich nicht gewünscht.

Jella Benner-Heinacher