Konzerne müssen mit offenen Karten spielen

Frage: Ich habe mich als Aktionärin schon oft über die Informationspolitik mancher Aktiengesellschaft geärgert. Wenn entsprechende Übernahmegerüchte oder ähnliches aufkamen, dann sahen die betroffenen Unternehmen fast nie einen Anlass, diese Gerüchte zu kommentieren– also weder positiv noch negativ zu bewerten. Als freier Aktionär steht man ziemlich im Regen. Im Nachhinein haben sich diese Gerüchte häufig bestätigt, Insider konnten so schon früher als außenstehende Aktionäre von diesem Wissen profitieren. Das soll sich jetzt nach einer neuen EU-Regelung ändern. Könnten Sie mir bitte sagen, was genau sich in Zukunft ändern soll?

Ute L. aus Bonn

Antwort: Ab dem 3. Juli 2016 tritt die neue EU-Marktmissbrauchsverordnung aus Brüssel in Kraft. Diese enthält einige Regelungen, die die Emittenten auch in Deutschland berücksichtigen müssen. Unter anderem erfasst diese Verordnung einige Neuerungen im Rahmen der ad-hoc Berichterstattung, also der Pflicht des Unternehmens zur unverzüglichen Offenlegung von kursrelevanten Informationen. Bislang konnte sich ein Emittent bei Marktgerüchten, z.B. im Fall geplanter Übernahmen auf eine so genannte „no comment policy“ zurückziehen, was bedeutete, dass er keine Stellung zu diesen Gerüchten abgeben musste, wenn Grund zur der Annahme bestand, dass das Gerücht auf einer Vertraulichkeitslücke seitens des Unternehmens beruhte.

Diese Position wird sich jetzt über die neue Verordnung wohl ändern: Bei präzisen Marktgerüchten, etwa im Fall von Unternehmenszusammenschlüssen, Änderungen im Top-Management oder Übernahmeangeboten muss der Emittent in Zukunft die Information offenlegen, wenn ein Gerücht ausdrücklich auf eine Insiderinformation Bezug nimmt und ausreichende präzise ist. Dies bedeutet, dass eine „no comment policy“ im Zweifel dann nicht mehr zulässig sein wird.

Auch auf der Seite der Sanktionen wird es Änderungen geben. So kann die BaFin in Zukunft die Entscheidung über Verstöße gegen diese Pflichten öffentlich machen. Von diesem sog. Naming and Shaming soll eine stark abschreckende Wirkung ausgehen.

Jella Benner-Heinacher