DAX-Vorstandsradar: Unternehmen müssen an der Spitze digitaler, jünger und weiblicher werden

Düsseldorf, 09.02.2023 – Die börsennotierten Unternehmen in Deutschland setzen offensichtlich in der Krise auf Erfahrung und Altbewährtes. Waren die Vorstände der mehr als 100 HDAX-Unternehmen im Jahr 2005 noch etwa 51 Jahre alt, sind sie aktuell älter als 53 Jahre; war der jüngste Vorstand damals 45 Jahre, ist er heute 49 Jahre alt. Mehr als 90 Prozent haben, erwartungsgemäß, ein Studium absolviert; 15 Prozent zusätzlich einen MBA. Wenn deutsche Vorstände auch nicht jünger werden, sind sie heute zumindest internationaler. 2005 hatten 18 Prozent ihren Abschluss an einer ausländischen Hochschule erworben, aktuell sind es immerhin 25 Prozent. Wer es an die Spitze schaffen will, sollte nach wie vor auf die Wirtschaftswissenschaften setzen - aktuell das Fach der Wahl für 56 Prozent der HDAX-Vorstände – nie lag die Quote in den vergangenen 16 Jahren unter 50 Prozent. Am zweithäufigsten finden sich auf den Top-Etagen Ingenieure (19 Prozent), gefolgt von Naturwissenschaftlern (zwölf Prozent) und am Ende der Skala die Juristen mit sieben Prozent. Die Kaderschmieden der HDAX-Unternehmen stehen in Nordrhein-Westfalen und im Süden der Republik: Die RWTH Aachen hat aktuell 18 Vorstände ausgebildet, die LMU München 16 und die Universität zu Köln 14. Dies sind Ergebnisse des „Vorstandsradars“, der die HDAX-Vorstände seit 2005 analysiert. Durchgeführt wurde die Untersuchung von der DSW, der Strategieberatung Advyce & Perlitz sowie der Universität Witten/Herdecke.

 

Zu wenig Frauen

Schaut man auf den Frauenanteil, so hinken die Vorstände ihrem Aufsichtsrat – Stichwort Quote – deutlich hinterher. Gab es noch 2005 ein Prozent weibliche Vorstände im HDAX, sind es aktuell zwölf Prozent, im DAX40 immerhin 19 Prozent. Im internationalen Vergleich steht Deutschland nicht gerade glänzend da. Die 40 größten US-amerikanischen Börsenunternehmen weisen 31 Prozent weibliche Vorstände aus, in Großbritannien sind es 27,9 Prozent und in Schweden 26,5 Prozent. In 74 MDAX- und SDAX-Unternehmen gibt es zum Stichtag nach wie vor keine einzige Frau!

 

Die Untersuchung weist im HDAX immerhin zwölf weibliche Finanzvorstände aus, aber nur drei CEOs. Jede vierte neue Frau im Vorstand wurde CFO – eine Position, die prädestiniert für den nächsten Schritt als CEO ist.

 

„Erfahrung scheint das Mantra deutscher Top-Unternehmen. Dies ist aus unserer Sicht durchaus auch kritisch zu betrachten, schaut man auf die immensen Herausforderungen insbesondere der digitalen Transformation, vor denen die deutschen Unternehmen stehen. Das gleiche gilt für den Ausbildungshintergrund, der die technischen Implikationen mit Blick auf neue (digitale) Geschäftsmodelle nicht widerspiegelt. Diversität scheint als Leitschnur der Vorstandszusammensetzung im HDAX noch nicht wirklich angekommen“, sagt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der DSW.

 
 

Personalkarussel dreht sich schneller

Agiler werden die Unternehmen, wenn man auf die Verweildauer der Vorstände schaut. In seit einigen Jahren schwierigen Rahmenbedingungen werden die Vorstandsgremien insgesamt kleiner. 2008/09 saßen im Schnitt fünf Personen im Vorstand, aktuell sind es noch vier. Auch die Dauer der Zusammenarbeit eines Vorstandsteams nimmt ab. 2017 lag die durchschnittliche Zusammenarbeitsdauer bei 6,7 Jahren, aktuell ist sie auf 5,8 Jahre gesunken. Vor der Covid-Pandemie sahen wir zudem eine Rekordverweildauer der CEOs im Jahr 2017 von 6,4 Jahren; aktuell liegt diese nur noch bei 4,2 Jahren. Einen noch heißeren Stuhl hat der CFO, hier sank die Verweildauer von 4,6 Jahren auf 3,6 Jahre.

 

„Auch wenn deutsche Unternehmen aktuell und trotz multipler Krisen erfolgreich sind: Die nächsten Jahre werden in den bestehenden Strukturen und Konstellationen schwierig. Diversität muss ernster genommen werden, will man den (digitalen) globalen Herausforderungen gerecht werden. Die Erweiterung des DAX auf 40 Unternehmen ist ein richtiges Signal. Etwa die Hälfte der neu hinzugekommen DAX-Mitglieder bringen zumindest einen internationalen Vorstand mit, Delivery Hero kommt gar ohne deutschen Top-Manager aus“, sagt Burkhard Wagner, Geschäftsführer von Advyce & Perlitz.

 

Beim Wort genommen: Top Performer und Prognose-Champion Hugo Boss

Dass neue Köpfe den Vorständen beziehungswiese dem Geschäft der Unternehmen durchaus guttun können, zeigt das Beispiel Hugo Boss. Wir haben im Rahmen des Vorstandsradars auch untersucht, wer am besten performed und wer seine Prognosen quantitativ und qualitativ optimal handhabt. An der Spitze liegt die Hugo Boss AG, gefolgt von der Deutschen Börse AG und der SMA Solar Technology gemeinsam mit der Münchner Rückversicherungsgesellschaft auf dem geteilten dritten Platz des Rankings nach Börsenperformance und Prognosegüte.

 

Hugo Boss traf seine Prognosen zu 100 Prozent korrekt, während der HDAX-Durschnitt bei 58 Prozent Treffergenauigkeit liegt. Der Prognosehorizont von Hugo Boss reicht 342 Tage in die Zukunft, der des HDAX-Durchschnitts 259 Tage. „Unser Prognose-Champion Hugo Boss kommuniziert genau, präzise und mit Weitblick. Anleger erhalten somit nicht nur Anfang eines Jahres einen seriösen Blick in die Zukunft, sondern können sich darauf verlassen, dass prognostizierte Zahlen auch erreicht werden. Andere haben da deutlichen Nachholbedarf. Dazu gehören auch etablierte Player wie Rheinmetall oder die Allianz, aber auch jüngere Unternehmen wie Scout24 oder Hello Fresh. Vor dem Hintergrund einer ständig steigenden Volatilität der unternehmerischen Rahmenbedingungen sind Schein-Quantifizierung und -genauigkeit nicht akzeptabel und sollten durch qualitative Vorhersagen und eine Prognose von Bandbreiten ergänzt werden“, sagt Professor Erik Strauß von der Universität Witten/Herdecke. „Insgesamt hat die Gruppe unserer „Best-in-Class“ Performer in Sachen Rendite die größten, aber auch die ältesten Vorstände. Das umgekehrte Bild zeigt sich bei unseren „Nachzüglern“, mit den jüngsten und kleinsten Vorständen. Breite in der Meinung, aber auch Erfahrung scheint sich zumindest aktuell also auszuzahlen.“

 

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