Haben sich die Erwartungen nach 15 Jahren IFRS erfüllt?

Frage: Als ehemaliger Wirtschaftsprüfer und Kenner des deutschen Handelsgesetzbuchs war ich von Anfang an skeptisch als vor rund 15 Jahren neue internationale Bilanzregeln (International Accounting Standards, später International Financial Reporting Standards) eingeführt wurden. Angeblich sollten diese neuen Regeln für die Aktionäre und den Kapitalmarkt mehr Transparenz, Verständlichkeit und eine erhöhte internationale Vergleichbarkeit der Abschlüsse ermöglichen. Haben sich diese Erwartungen nach 15 Jahren aus Ihrer Sicht erfüllt? Oder war es ein Fehler sich beispielsweise vom Vorsichtsprinzip im HGB zu verabschieden? Und: Gibt es einen Weg zurück?

Anton S., Bergisch-Gladbach

 

Antwort: An die Einführung internationaler Bilanzierungsregeln (IAS/IFRS) wurden tatsächlich hohe Erwartungen geknüpft. Zunächst sollte die Möglichkeit der Bildung stilhttp://dsw-info.zellwerk.net/ler Reserven verringert werden, dann versprach man sich eine erhebliche Reduzierung von Bilanzierungswahlrechten und damit insgesamt ein aussagekräftiges und klares Zahlenwerk.
Aus heutiger Sicht müssen wir allerdings feststellen, dass sich diese Erwartungen zum Großteil nicht erfüllt haben. Im Gegenteil: Die Komplexität der internationalen Regeln hat enorm zugenommen, nach wie vor existieren Bilanzierungswahlrechte. Und das Zahlenwerk ist auch nicht einfacher, klarer und damit international vergleichbarer geworden. Dabei hat die Finanzmarktkrise auch deutlich gemacht, dass die so genannte „Fair Value“-Betrachtung, also die Marktbewertung, auch nicht der Weisheit letzter Schluss ist.

Dennoch halte ich einen Weg zurück zu den alten nationalen HGB Regeln für wenig wahrscheinlich. Richtiger ist es wohl, die bestehenden IFRS Regeln weiterzu-entwickeln und dabei auch bewährte HGB-Komponenten mit einzubeziehen.
Hierfür ist in erster Linie das IASB (International Accounting Standards Board) zuständig. In einem weiteren Schritt wäre es dann wünschenswert, die IFRS Regeln und die US-amerikanischen Bilanzierungsregeln (US-GAAP) anzugleichen. Allerdings ist dies ein schwieriges Unterfangen, denn beispielsweise bei der Bildung von Risikovorsorge haben die Amerikaner sich gerade für einen anderen Weg als das IASB entschieden.

Kurz gesagt: Die Vereinheitlichung und Vereinfachung der Bilanzierung bleibt ein absolutes Dauerthema.

Jella Benner-Heinacher