Abgeltungssteuer trifft Langfrist-Anleger
In der kommenden Woche wird das Bundeskabinett über die Unternehmenssteuerreform beraten. Die abschließende Lesung im Bundestag ist für Mitte Juni geplant. Es bleibt also nur noch wenig Zeit, die größte Steuererhöhung zu verhindern, die je in ein Gesetz gegossen wurde. In dem zur Debatte stehenden Paket ist nicht nur die Senkung der Steuern für Unternehmen enthalten, sondern auch die Einführung einer 25-prozentigen Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge. Und die wird vor allem private Aktionäre teuer zu stehen kommen. Ab dem 1. Januar 2009 soll das so genannte Halbeinkünfteverfahren ersatzlos gestrichen werden. Dividenden werden dann in voller Höhe und nicht mehr wie bisher nur zur Hälfte besteuert. Das bedeutet für viele Anleger de facto schlicht eine Verdopplung ihrer Belastung. Die einjährige Spekulationsfrist soll ebenfalls fallen. Gewinne aus Aktienverkäufen wären dann ab 2009 immer steuerpflichtig, unabhängig davon, wie lange die Papiere im Depot lagen. Langfristig orientierte Anleger, die ihr Geld in dividendenstarke Gesellschaften investieren und Aktien länger als ein Jahr halten, sind somit die Hauptleidtragenden der Abgeltungssteuer.
Es klingt wie Hohn, wenn Politiker die Wogen mit dem Hinweis zu glätten versuchen, dass die sinkende Steuerlast der Unternehmen zu höheren Ausschüttungen führen würde. Widersprechen sie sich doch in der Begründung ihres Gesetzes selbst: Dort heißt es, dass die Reform den Standort Deutschland fördern solle. Firmen sollen künftig vermehrt in Deutschland investieren. Dafür werden – richtigerweise übrigens – die Unternehmenssteuern gesenkt. Doch wenn dem so ist, kann kaum erwartet werden, dass die Gesellschaften ihren Steuervorteil nutzen, um die steigende steuerliche Belastung ihrer Aktionäre zu reduzieren.
Ulrich Hocker