Anlegerschutz braucht Anfechtungsklagen
Wie sehr das Recht von Privatanlegern, Hauptversammlungsbeschlüsse gerichtlich anzufechten, zurzeit unter Beschuss gerät, ist auf Seite 47 der DSW-Mitgliederzeitschrift WERTPAPIER ausführlich beschrieben. Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis die Aktionärsrechte in diesem Bereich weiter eingeschränkt werden. Wie wichtig dieses Recht in Einzelfällen aber tatsächlich sein kann, zeigt die von der DSW eingereichte Klage gegen den Squeeze-out-Beschluss bei der HypoVereinsbank (HVB). Beschlossen wurde der Zwangsrausschmiss der HVB-Minderheitsaktionäre auf einer Hauptversammlung Ende Juni mit den Stimmen des italienischen Bankkonzerns UniCredit, der 95,4 Prozent des Münchener Kreditinstituts besitzt. Hintergrund der Klage sind Vermögenstransaktionen, die im Vorfeld des Squeeze-outs stattgefunden haben. So hat die HVB ihre Beteiligung an der Bank Austria sowie weitere Osteuropa-Aktivitäten an die UniCredit für rund 13,6 Milliarden Euro verkauft. Der wahre Wert dürfte allerdings rund 4 bis 5 Milliarden Euro höher liegen. Eigentlich gehören solche Bewertungsfragen in ein so genanntes Spruchverfahren. Dies hat für das Unternehmen den Vorteil, dass beschlossene Maßnahmen ohne Probleme umgesetzt werden können. Doch im vorliegenden Fall würde hierbei die Gefahr bestehen, dass in der Vergangenheit liegende Verkäufe, aufgrund des bei Spruchverfahren geltenden Stichtagsprinzips, nicht mehr aufgearbeitet werden können. Das Gericht würde also die von UniCredit gezahlten 13,6 Milliarden Euro einfach hinnehmen statt sie zu hinterfragen. Den restlichen HVB-Aktionären würde so möglicherweise ein gewaltiger Vermögenswert vorenthalten. Nur die Anfechtungsklage gibt den Anteilseignern die Chance, zurückliegende Verkäufe neu bewerten zu lassen.
Ulrich Hocker