KapMuG-Verfahren

Nach längerer Prüfung hat das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig jetzt einen Musterkläger für das Kapitalanlegermusterverfahren betreffend die Abgasaffäre der Volkswagen AG ausgewählt. Zum Musterkläger wurde die Deka Investment GmbH bestimmt.

Damit kann das Musterverfahren endlich beginnen, um auch hierzulande eine rechtliche Klärung der Abgasaffäre herbeizuführen und die Anleger der Volkswagen AG für die Manipulationen zu entschädigen. Denn neben den Autobesitzern wurden durch die Manipulationen auch die Anleger der Volkswagen AG geschädigt, die die angebotenen Finanzinstrumente zu falschen Marktwerten erworben haben.

Das Landgericht Braunschweig hatte bereits am 05.08.2016 einen Vorlagebeschluss erlassen, der die Feststellungsziele der klagenden Anleger und der Volkswagen AG aufführte, über die es nun vor dem OLG Braunschweig zu entscheiden gilt.

Mit dem Rechtsinstitut des Kapitalanlegermusterverfahrens als eine Art deutscher „Sammelklage“ können die Anleger, ohne selber zu klagen, auf einfache und günstige Weise eine Klärung der zu Grunde liegenden Rechtsfragen, insbesondere der Höhe des zustehenden Schadensersatzes, herbeiführen lassen und so von dem zu fällenden Musterentscheid profitieren.

Ohne eine Anmeldung der Ansprüche kann nicht am Ausgang des Musterverfahrens partizipiert werden. Entsprechend wird die derzeit noch laufende Verjährung der Ansprüche nicht unterbrochen.

Eine Alternative wäre dann einzig eine eigene Klage mit einem höheren Kostenrisiko in den jeweiligen Instanzen. Die Kosten des Anmeldeverfahrens dagegen sind deutlich geringer und werden grundsätzlich auch von einer bestehenden Rechtsschutzversicherung übernommen.

Um Ihre Ansprüche als Geschädigter nicht zu verlieren, empfehlen wir dringend, aktiv zu werden.

Hierzu haben wir Ihnen die folgende „Checkliste“ erstellt:

I. Wer kann seine Ansprüche beim OLG Braunschweig anmelden?

Anmeldeberechtigt sind nur diejenigen Anleger, die bislang keine eigenständige Klage gegen die Volkswagen AG auf Schadensersatz eingereicht haben.

II. Wer meldet die Ansprüche an?

Die Ansprüche können gesetzlich zwingend nur durch einen Rechtsanwalt angemeldet werden. Sie müssen sich daher anwaltlich vertreten lassen.

III. Was kostet die Anmeldung der Ansprüche?

Die Anmeldungskosten richten sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und dem Gerichtskostengesetz. Wie bereits oben ausgeführt sind jedoch die Gebührensätze im Vergleich zu einer Einzelklage deutlich niedriger, damit wirklich jeder Geschädigte seine Ansprüche anmelden kann. Auch die Gerichtskosten sind im Vergleich zum ordentlichen Klageverfahren im Falle der Anspruchsanmeldung sehr gering. Die konkrete Höhe der Kosten kann von einem Rechtsanwalt mitgeteilt werden.

Beispielsweise fallen für die Anmeldung eines Schadens in Höhe von EUR 5.000,00 im Musterverfahren Anwaltskosten von lediglich EUR 312,26 an. Im Vergleich dazu kostet der Anwalt im Falle einer Klage bei EUR 5.000,00 Schaden bereits EUR 925,23.

Grundsätzlich werden die Kosten auch von einer bestehenden Rechtsschutzversicherung getragen, soweit im Einzelfall keine besonderen Ausschlussklauseln vereinbart sind.

IV. Bis wann müssten Sie Ihre Ansprüche anmelden?

Die Anmeldung der Schadensersatzansprüche muss innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Eröffnung des Kapitalanlegermusterverfahrens beim OLG Braunschweig eingehen.

Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Anmeldefrist am 08.09.2017 unwiderruflich abläuft.

Nach dem 08.09.2017 bleibt nur noch der kostenintensive und risikoreichere Weg der Einzelklage, um die laufende Verjährung wirksam zu hemmen, damit die potentiellen Ansprüche nicht verloren gehen.

V. Was wird zur Anmeldung der Ansprüche benötigt?

Zur Anmeldung der Ansprüche werden die vollständigen Wertpapierabrechnungen über alle Käufe und etwaigen Verkäufe betreffend jegliche Finanzinstrumente der Volkswagen AG benötigt.

Zu diesen Dokumenten zählen insbesondere Kauf- und Verkaufsabrechnungen, Geschäftsabrechnungen, Transaktionsabrechnungen, Verlustbescheinigungen, Depotauszüge, Steuerbescheinigungen, o.ä..

Die Unterlagen müssen hierbei zwingend vollständig sein, um die Schäden konkret berechnen und anmelden zu können. Ein „Nachschießen“ an Unterlagen nach dem 08.09.2017 soll tunlichst vermieden werden.

VI. Wie stehen die Erfolgsaussichten in der Angelegenheit?

Auf Grund der bisherigen Sachlage, bedingt durch Ermittlungen der Staatsanwaltschaften Braunschweig, München und Stuttgart und die Vergleichszahlungen in den USA, sieht es derzeit für die Geschädigten des Abgasskandals nach unserer Auffassung recht gut aus, ihre Verluste ersetzt zu bekommen.

Fest steht jedenfalls: Wer seine Ansprüche nicht im Musterverfahren über einen Anwalt fristgemäß anmelden lässt, hat nur noch die Möglichkeit, über eine deutlich teurere Einzelklage seine Ansprüche vor der Verjährung zu retten. Wer weder den kostengünstigeren Weg der Anmeldung im Musterverfahren, noch die Einzelklage wählt, wird leer ausgehen, sofern rechtskräftig im Wege des Musterentscheids oder eines Urteils eine Haftung der Volkswagen AG ausgesprochen wird.

Fazit: Der dringende Rat für betroffene Aktionäre der Volkswagen AG ist also, ihre Schadenersatzansprüche im Musterverfahren bis zum 08.09.2017 anmelden zu lassen. Nur so wird die laufende Verjährungsfrist kostengünstig gehemmt und man hält sich alle Möglichkeiten offen. Nach dem 08.09.2017 bleibt nur noch der kostenintensive und risikoreichere Weg der Einzelklage, um die laufende Verjährung wirksam zu hemmen, damit die potentiellen Ansprüche nicht verloren gehen.

Stand: Juli 2017