Bekleidungshersteller unter Druck – aus unterschiedlichen Gründen

Frage: Da ich mich auch privat für Mode interessiere und dort stark investiert bin, stehe ich aktuell bei der Entwicklung der deutschen Bekleidungshersteller unter Schock. Nach Gerry Weber im letzten Jahr, ist jetzt auch Tom Tailor in die Insolvenz gegangen. Sind das nur Einzelfälle? Und liegt diese negative Entwicklung nur an der COVID-19-Krise?

Stefanie F. aus Neustadt an der Saale

Antwort: Wie der Fall der Gerry Weber AG zeigt, hat die Bekleidungsbranche insgesamt ein Problem, das schon vor der Corona-Krise bestand, jetzt aber nochmal verstärkt wird. So ist auf der Kundenseite eine komplette Veränderung des Einkaufsverhaltens zu beobachten. Bereits vor der Krise ist der Anteil der Online-Käufe gestiegen. Für die Hersteller heißt das:

Wer im E-Commerce nicht gut aufgestellt ist, wird nur schwer überleben können. Zudem müssen wir feststellen, dass durch die zunehmende Bedeutung des Homeoffice, die sogenannte Casualisierung der Mode weiter fortschreitet. Anzughersteller haben es daher zunehmend schwer. Nach Expertenschätzungen dürften die Umsätze der Modebranche in diesem Jahr insgesamt um rund 30 Prozent zurückgehen. Dabei werden die steigenden Online-Umsätze, die im stationären Handel ausgefallenen sind, nicht kompensieren können. Schließlich rechne ich mit gravierenden Änderungen im Blick auf die Lieferketten. Hier ist mit einer Verlagerung der Produktion von Asien nach Europa zu rechnen. Daneben wird das Thema Nachhaltigkeit immer wichtiger: Ob die aktuellen Fast-Fashion Konzepte dann noch von Dauer sind, ist auch in Anbetracht der steigenden Quote bei der Vernichtung von Retouren-Ware fraglich. Es bleibt in jedem Fall spannend zu sehen, wie die Konsolidierung in der Branche ausgeht.

Jella Benner-Heinacher