Gibt es eine Behörde, die die Berichterstattung kleiner Unternehmen beaufsichtigt?

Frage: Ich halte Aktien von vielen kleinen börsennotierten Unternehmen. Gerade hier habe habe verstärkt den Eindruck, dass die Berichterstattung oftmals nicht sehr professionell ist. Fehler im Lagebericht oder im Anhang fallen mir immer wieder beim Lesen der Geschäftsberichte auf – und das sind nicht nur Rechtschreibefehler, sondern grobe Schnitzer, wie etwa unrichtige oder vergessene Ausführungen. Besonders interessiere ich mich dabei für die Berichterstattung über laufende Gerichtsverfahren und hierfür zu bildende Rückstellungen. Gibt es eine Aufsicht in Deutschland und Europa, die sich speziell hiermit befasst? Und welche Aspekte werden von dieser Behörde geprüft?

Leonhard Sch. aus Bayreuth.

 

 

 

Antwort: Es gibt sogar gleich zwei Behörden, die sich um die Prüfung der Rechnungslegung kümmern: Zunächst ist dies auf nationaler Ebene die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR), die sich die Abschlüsse der Aktiengesellschaften genau anschaut- entweder über Stichproben oder anlassbezogen. Daneben arbeitet sie aber auch international mit der europäischen Wertpapierbehörde zusammen, der ESMA (European Securities and Markets Authority). In diesem Jahr haben beide Behörden zum ersten Mal gemeinsame Prüfungsschwerpunkte verkündet. Einer davon ist die Abbildung von Rechtsstreitigkeiten und die damit verbundenen Risiken in der jeweiligen Rechnungslegung des Unternehmens. Dabei wird zum einen geprüft, inwieweit das Unternehmen auch entsprechende Rückstellungen für Prozessrisiken gebildet hat. Nur in Ausnahmefällen, nämlich dann, wenn eine verlässliche Schätzung nicht möglich ist, kann die Rückstellung unterbleiben. Zu Recht kritisiert die DPR das von dieser Ausnahme viel zu häufig Gebrauch gemacht wird. Vor diesem Hintergrund kommt es immer wieder zu entsprechenden Fehlerfeststellungen in den Jahresabschlüssen durch die DPR. Dabei ist das Thema Prozessrückstellungen nicht nur für kleine und mittlere Unternehmen relevant, sondern für alle – und damit auch für große Gesellschaften, die beispielsweise in den USA Produkte verkaufen und dort unter Umständen den US-amerikanischen Sammelklagen ausgesetzt sind.

Jella Benner-Heinacher