DSW-Abstimmungsgrundsätze und Hauptversammlungsthemen 2005

Die Hauptversammlungssaison 2005 hat begonnen. Die DSW legt Richtlinien vor, aufgrund derer die Analysen der Hauptversammlungen von börsennotierten Aktiengesellschaften und die Empfehlungen für die Stimmrechtsausübung erstellt werden. 

Über 800 Aktionärstreffen werden die Sprecher der DSW besuchen. Im Mittelpunkt werden neben Kursperformance, erzielten Ergebnissen und Dividendenhöhe erneut auch wieder Themen wie Transparenz und Kontrolle stehen.

Teilnehmer:

Frau Jella Benner-Heinacher, Geschäftsführerin

Herr Ulrich Hocker, Hauptgeschäftsführer

Herr Jürgen Kurz, Pressesprecher

 

Es gilt das gesprochene Wort

 

Die Hauptversammlungssaison 2005 hat begonnen. Über 800 Aktionärstreffen werden die Sprecher der DSW am Ende besucht haben. Im Mittelpunkt werden neben Kursperformance, erzielten Ergebnissen und Dividendenhöhe erneut auch wieder Themen wie Transparenz und Kontrolle stehen.

Eines ist jetzt schon klar: Die sich schon im letzten Jahr ankündigende Renaissance der Dividende geht weiter. Das zeigt nicht zuletzt der von der Deutschen Börse aus der Taufe gehobene DivDAX, in dem die 15 DAX-Unternehmen mit der höchsten Dividendenrendite zusammengefasst sind. Auch die Investoren sehen wieder verstärkt auf die Gewinnausschüttung, mit der sie in diesem Jahr weitgehend zufrieden sein können. Allein die 30 DAX-Gesellschaften werden für das Geschäftsjahr 2004 rund 15 Milliarden Euro an ihre Aktionäre ausschütten. Für das Geschäftsjahr 2003 waren es noch 10,5 Milliarden Euro.

Nach wie vor unbefriedigend ist die Ausschüttungsquote, die durchschnittlich bei etwas über 30 Prozent des erzielten Gewinns liegt. Bei den meisten Unternehmen fehlt noch ein ganzes Stück zu den von uns geforderten 50 Prozent. Dies sollte zumindest für die Substanzunternehmen, die ihre Gewinne nicht mehr für die Finanzierung ihres Wachstums einsetzen müssen, eine Selbstverständlichkeit sein. Schließlich darf nicht vergessen werden, dass Aktionäre an der Wertschöpfung der einzelnen Unternehmen mit Abstand den geringsten Anteil haben.

Ebenfalls ein echter Dauerbrenner der Hauptversammlungsthemen ist die Transparenz bei der Vorstandsvergütung. Viele andere Länder haben hier bereits ein hohes Maß an Offenheit. So verlangt beispielsweise der britische Companies Act seit 2002 nicht nur die Veröffentlichung der Höhe der Vorstandsgehälter aller Mitglieder des Vorstands. Darüber hinaus muss in einem detaillierten Vergütungsbericht neben der fixen und variablen Vergütung ebenso angegeben werden, welche Pensionsansprüche die Mitglieder des Vorstands bislang erworben haben, welche Sachbezüge sie erhalten haben und unter welchen Bedingungen die erfolgsabhängigen Komponenten des Gehalts gezahlt werden.

In Deutschland empfiehlt der Corporate Governance Kodex, die jeweiligen Bezüge eines jeden Vorstandsmitglieds zu veröffentlichen. Die ganz überwiegende Zahl der börsennotierten Unternehmen weicht bislang von der Kodexempfehlung ab und veröffentlicht lediglich die Gesamtsumme der Vorstandsgehälter. Die Totalverweigerer im DAX sind Adidas Salomon, BASF, BMW, DaimlerChrysler, FMC, Henkel, Infineon, Linde und Münchener Rück.

Als Reaktion auf diese Zurückhaltung stellte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries soeben den Entwurf eines Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetzes (VorstOG) vor, das die Unternehmen zur individualisierten Offenlegung der Vorstandsgehälter zwingen soll. Schönheitsfehler dabei: Wenn 75 Prozent der auf der Hauptversammlung vertretenen Aktien zustimmen, kann auf die Transparenz verzichtet werden. Die DSW wird gegen derartige Tagesordnungspunkte stimmen. Eine weitere Schwäche der von Frau Zypries vorgelegten Eckpunkte ist der Verzicht auf eine Standardisierung der Angaben. Die Erfahrung zeigt, dass wir dem Ziel verständlicher und vergleichbarer Angaben nur dann näher kommen, wenn den Unternehmen sehr genau vorgegeben wird, welche Informationen sie zu veröffentlichen haben.

Unserer Meinung nach sollte ein aussagekräftiger Vergütungsbericht für alle aktiven, sowie für die im betreffenden Geschäftsjahr ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder individualisiert folgende tabellarischen Angaben enthalten:

  1. Fixgehalt 
  2. variable Vergütung/Bonus in bar 
  3. Zahlungen Dritter und konzernverbundener Unternehmen 
  4. Abfindungen/Antrittsgelder 
  5. sonstige Vergütung/geldwerte Vorteile (z.B. Dienstwagen und andere Sachleistungen) 
  6. aktienbasierte Vergütung mit Angaben zum Beispiel zu

  6.1 dem Bestand an Optionen zu Beginn des Geschäftsjahres nebst 

       Marktpreis zum Beginn des Geschäftsjahres

  6.2 im Geschäftsjahr gewährten/verfallenen Optionen

  6.3 im Geschäftsjahr ausgeübten Optionen nebst (hypothetischem) 

        Marktwert zum Gewährungs- und zum Ausübungszeitpunkt sowie

        Anzahl der erworbenen Aktien

  6.4 Bestand an Optionen zum Geschäftsjahresende nebst (hypothetischem)

        Marktwert zum Geschäftsjahresende

  6.5 Anzahl der maximal ausübbaren Optionen nebst (hypothetischem)

        Marktwert

  6.6 Datum der erstmals möglichen Ausübung (Sperrfrist)

  6.7 Verfallsdatum

  7.   Pensionen mit Angaben zum Beispiel zu

  7.1 Anzahl der Dienstjahre im Unternehmen, die auf die Pension

        angerechnet werden

  7.2 bestehenden Pensionsansprüchen zu Beginn des Geschäftsjahres,

        unterschieden nach

  7.2.1 in bar zu gewährenden Ruhegehalts-/Hinterbliebenenbezügen und

  7.2.2 sonstigen Leistungen (z.B. Dienstwagen, Nutzung von Büroräumen 

          etc.) nebst Gegenwert in bar

  7.3  im Geschäftsjahr erworbenen Pensionsansprüchen

  7.4  bestehenden Pensionsansprüchen zum Geschäftsjahresende,

         unterschieden nach

  7.4.1 in bar zu gewährenden Ruhegehalts-/Hinterbliebenenbezügen und

  7.4.2 sonstigen Leistungen (z.B. Dienstwagen, Nutzung von Büroräumen

          etc.) nebst Gegenwert in bar

  7.5  hierfür im Geschäftsjahr aufgewandtem oder zurückgestelltem Betrag.

 

An interessanten Hauptversammlungen wird es auch im Jahr 2005 nicht mangeln.

Um nur einige wenige Beispiele zu nennen:

Die morgen stattfindenden DaimlerChrysler Hauptversammlung.

Nach wie vor hat Vorstandschef Jürgen Schrempp sein Unternehmen nicht im Griff. Das Problem Mitsubishi wurde nur aufgrund der massiven Kritik des letzten Aktionärstreffens angegangen. Doch damit sind die Probleme des Mammutkonzerns noch lange nicht gelöst. Kaum ist Chrysler wieder halbwegs im grünen Bereich kippt Mercedes. Die ehemals für ihre Qualität berühmte Marke hat gerade dort massiv nachgelassen. Da ist der kürzlich angekündigte Rückruf von 1,3 Millionen Fahrzeugen nur noch ein weiterer Tropfen in das längst überlaufende Fass. Wenig Anlass zur Freude gibt auch der Kleinwagen Smart. Rund 1,2 Milliarden Euro wird DaimlerChrysler allein in diesem Jahr zahlen müssen, um die Marke zu retten. Frühestens 2007 soll mit den kleinen Autos Geld verdient werden.

Am 28. April wird die wohl letzte Hauptversammlung des Internetanbieters T-Online stattfinden. Danach soll das Unternehmen wieder auf die Deutsche Telekom verschmolzen werden. Für die Aktionäre alles andere als ein gutes Geschäft, mussten sie doch immerhin 27 Euro pro Anteilsschein berappen als die Telekom ihre Internettochter im April 2000 an die Börse brachte. Jetzt sollen sie gerade mal ein Drittel dieses Betrages für ihre Aktien bekommen.

Wir werden auf der T-Online Hauptversammlung sehr genau hinterfragen, warum die Vorstände des Internetanbieters einen solch nachteiligen Verschmelzungsvertrag unterschrieben haben. Weiter muss überprüft werden, ob nicht die Deutsche Telekom ihre Tochter T-Online über Jahre benachteiligt hat, um auf die jetzt bekannte Wertrelation zu bekommen.

Die DSW wird alle rechtlichen Möglichkeiten prüfen, um den privaten Aktionären zu ihrem Recht zu verhelfen.

Die HypoVereinsbank-Hauptversammlung am 12. Mai. Die HypoVereinsbank (HVB) musste erneut eine Sonderwertberichtigung auf Immobilienkredite vornehmen und wird dadurch einen Milliardenverlust ausweisen. Dabei handelt es sich um Sonderwertberichtigungen mit einem Volumen von 2,5 Milliarden Euro. Die Dividende soll wie schon für die vorangegangenen beiden Geschäftsjahre ausfallen. Das klang auf dem Aktionärstreffen des vergangenen Jahres noch komplett anders. So kann man mit Aktionären nicht umgehen.

 

DSW-Abstimmungsgrundsätze:

Seit mehr als 50 Jahren nimmt die DSW Stimmrechte ihrer Mitglieder und sonstiger Investoren auf Hauptversammlungen wahr. Um eine möglichst umfassende Wahrnehmung der Interessen der von uns vertretenen Investoren zu gewährleisten, veröffentlicht die DSW bereits seit vielen Jahren ihr Abstimmungsverhalten auf den Hauptversammlungen deutscher Aktiengesellschaften. Wir begrüßen sehr, dass sich mit der Fondstochter der Allianz, Deutsche Investment-Trust (DIT), nun auch die erste Fondsgesellschaft dazu durchringt, diese Transparenz zu schaffen. Die DWS wird eigenen Angaben zufolge ihr Abstimmungsverhalten immerhin auf Nachfrage offen legen. Abstimmungsgrundsätze legt die DWS allerdings bisher noch nicht vor.

Dass das Thema „Transparenz des Abstimmungsverhalten von Fondsgesellschaften“ zunehmend an Bedeutung gewinnt zeigen auch die Grundsätze der OECD, die hier klar Stellung beziehen:

„Institutionelle Anleger, die in treuhänderischem Auftrag handeln, sollten ihre allgemeine Corporate-Governance- wie auch die Abstimmungspolitik offen legen, die sie in den jeweiligen Unternehmen verfolgen, einschließlich der von ihnen praktizierten Verfahren für die Entscheidung über die Ausübung ihrer Stimmrechte.“

Ähnlich sieht es auch die DSW. Deshalb legen wir nun Richtlinien vor, aufgrund derer die Analysen der Hauptversammlungen von börsennotierten Aktiengesellschaften und die Empfehlungen für die Stimmrechtsausübung erstellt werden. Sie behandeln neben den regelmäßig wiederkehrenden Tagesordnungspunkten auf Hauptversammlungen auch weitere wichtige Themen, die für Aktionäre eines Unternehmens von Interesse sind. Bei der Erarbeitung wurden die wichtigsten nationalen und internationalen Kodizes bzw. Best-Practice-Regelungen für Corporate Governance berücksichtigt. Deren Einhaltung bildet die erforderliche Grundlage, um eine verantwortliche, auf Wertschöpfung ausgerichtete Leitung und Kontrolle eines Unternehmens zu gewährleisten.

Es handelt sich dabei allerdings um Grundsätze, die den Rahmen abstecken. Letztlich hat es jeder Hauptversammlungssprecher der DSW auf der HV selbst zu verantworten, wie er konkret für die Mitglieder abstimmt.

Im Folgenden werde ich Ihnen die Abstimmungsgrundsätze der DSW an einigen Beispielen erläutern.

 

Entlastung des Vorstands

Die Entlastung stellt die förmliche Genehmigung aller offengelegten Fakten dar. Somit sollte sich jeder Aktionär bewusst machen, dass seine Entscheidung für eine Entlastung des Vorstandes letztendlich eine Art „Quittung“ für das Handeln des Vorstands im abgelaufenen Geschäftsjahr ist.

Die Gründe für die DSW, eine Nichtentlastung des Vorstands zu fordern, können vielfältig sein:

So hat die DSW in 2004 dem Vorstand der DaimlerChrysler AG die Entlastung mit der Begründung verweigert, dass die Vision des Vorstandsgremiums von der Welt-AG weitgehend gescheitert ist und die Ertragsprognosen über Jahre hinweg nicht erreicht wurden. Auch ein nachhaltig schlechterer Geschäftsverlauf im Vergleich zur Branche kann für die DSW ein Grund sein, gegen die Entlastung des Vorstandes zu stimmen, sofern deutliche Anzeichen dafür ersichtlich sind, dass wesentliche Gründe hierfür im Verhalten des Managements zu sehen sind.

 

Abstimmungsgrundsätze

GEGEN den Vorschlag der Verwaltung, mindestens ENTHALTUNG:

  • wenn die auf der Hauptversammlung von Aktionären gestellten Fragen zu wichtigen Sachverhalten nicht in ausreichendem Maße beantwortet werden
  • wenn erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit der den Aktionären vor oder in der Hauptversammlung gelieferten Informationen bestehen
  • bei gravierenden Mängeln in der Unternehmensführung
  • bei einem nachhaltig schlechterer Geschäftsverlauf im Vergleich zur Branche
  • bei deutlicher und wiederholter Prognoseverfehlung
  • bei fundamentale Fehlern in der Informationspolitik, z.B. Verstoß gegen die Ad-hoc-Mitteilungspflicht
  • bei (offensichtlich) strafrechtlich relevantem Verhalten (z.B. Untreue), insbesondere nach Eröffnung des Hauptverfahrens

 

Entlastung des Aufsichtsrates

Gründe für die DSW, dem Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern, liegen insbesondere dann vor, wenn der Aufsichtsrat seiner Beratungs- und Kontrollfunktion in der Vergangenheit nicht nachgekommen ist. Mit einer Entlastung sprechen die Aktionäre den Aufsichtsräten ihr Vertrauen aus. Eine Nichtentlastung kommt einem Misstrauensvotum also sehr nahe, auch wenn es für das betroffene Aufsichtsratsmitglied zurzeit keinerlei rechtliche Folgen hat.

Offenkundig wurde dieses Manko etwa auf der Hauptversammlung der Lufthansa im Jahr 2003. Der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und Lufthansa-Aufsichtsrat Frank Bsirske wurde im Rahmen einer von der DSW veranlassten Einzelentscheidung die Entlastung verweigert. Er hatte als Verdi-Vorsitzender Streiks des öffentlichen Dienstes an den Flughäfen Frankfurt und München organisiert, obwohl er zugleich als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Lufthansa verpflichtet war, im Interesse des Unternehmens zu handeln. Durch die Streiks sind der Lufthansa Verluste in Millionenhöhe entstanden. Trotz des Votums der Mehrheit der Lufthansa-Anteilseigner blieb Herr Bsirske im Amt. Er wurde mit den Stimmen der Arbeitnehmervertreter sogar wieder zum stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt.

Wenn Verträge von Vorständen unangemessen vorzeitig verlängert werden, ist dies ebenfalls ein Grund, gegen die Entlastung des Aufsichtsrats zu stimmen. Die Verlängerung eines Vorstandsvertrags darf laut Aktiengesetz frühestens ein Jahr vor Ablauf des bestehenden Vorstandsvertrages erfolgen. Dass diese Vorschrift umgangen werden kann, zeigt das Beispiel DaimlerChrysler. Direkt im Anschluss an die letztjährige Hauptversammlung hatte der Aufsichtsrat den Vorstandsvertrag von Jürgen Schrempp bis zum Jahr 2008 verlängert. Dies war allerdings bereits in der Aufsichtsratssitzung im Februar einstimmig vom Aufsichtsrat beschlossen worden. Eine sofortige Vertragsverlängerung war damals noch nicht möglich, weil Schrempps bisheriger Vertrag bis April 2005 lief.

Des weiteren fordert die DSW in Übereinstimmung mit dem Deutschen Corporate Governance Kodex, dass Aufsichtsratsmitglieder grundsätzlich an allen Aufsichtsratssitzungen, inklusive der dort stattfindenden Diskussionen, teilnehmen sollen. Gleiches gilt für die Teilnahme an Ausschusssitzungen. Nimmt ein Aufsichtsratsmitglied nicht, wie vom Deutschen Corporate Governance Kodex gefordert, wenigstens an der Hälfte der Sitzungen teil, so wird die DSW gegen die Entlastung des betreffenden Mitglieds stimmen.

 

Abstimmungsgrundsätze

GEGEN den Vorschlag der Verwaltung, mindestens ENTHALTUNG:

  • unzureichende Kontrolle des Vorstandes
  • bekannte und wesentliche Interessenkonflikte von Aufsichtsratsmitgliedern
  • Teilnahme eines Aufsichtsratsmitglieds an weniger als der Hälfte der Aufsichtsrats-/Ausschusssitzungen
  • unangemessene Vorstandsvergütung
  • unangemessene vorzeitige Verlängerung von Vorstandsverträgen

 

Wahl zum Aufsichtsrat

Der Aufsichtsrat muss ein aktives, unabhängiges und kompetentes Organ sein. Hierfür ist es erforderlich, dass die dem Aufsichtsrat angehörenden Mitglieder jeweils über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachliche Erfahrung verfügen und die Zeit haben, diese anspruchsvolle Tätigkeit zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund sollte jeder Aufsichtsrat ein Anforderungsprofil für die eigene optimale Zusammensetzung festlegen. Der Aufsichtsrat sollte außerdem regelmäßig eine Selbstbeurteilung vornehmen. Diese Beurteilung sollte sich auf seine Zusammensetzung sowie auf Organisation und Arbeitsweise als Gruppe erstrecken. Bewertet werden sollten auch Kompetenz und Leistung seiner einzelnen Mitglieder sowie seiner Ausschüsse. Ferner sollte die Gesamtleistung im Vergleich zu den Leistungsvorgaben beurteilt werden.

Ein bei deutschen Publikumsgesellschaften häufig zu beobachtendes Phänomen ist der direkte Wechsel des Vorstandsvorsitzenden in den Aufsichtsratsvorsitz. Allein im Dax-30 leiten bei mehr als der Hälfte der Gesellschaften ehemalige Vorstandsvorsitzende den Aufsichtsrat. Zwar wählt die Hauptversammlung nur die Mitglieder des Aufsichtsrates und nicht seinen Vorsitzenden. In der Regel publizieren die Unternehmen jedoch im Vorfeld der Hauptversammlung die Entscheidung des Aufsichtsrates, den aktuellen Vorstandsvorsitzenden im Falle seiner Wahl in den Aufsichtsrat zum Vorsitzenden zu wählen. Nach Ansicht der DSW sollte der Vorsitz im Aufsichtsrat nicht automatisch an den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden übergehen. Unter einem solchen Vorgehen könnte die Qualität der Überwachung leiden und die Durchsetzung einer neuen Strategie schwierig werden. Außerdem besteht die Gefahr, dass sich der frühere Vorstandschef in seinem neuen Amt zu stark in das operative Geschäft einmischt. Die Wahl ausscheidender Vorstandsmitglieder in den Aufsichtsrat, insbesondere der Wechsel von Vorstandsvorsitz zu Aufsichtsratsvorsitz sollte daher eine zu begründende Ausnahme sein.

 

Abstimmungsgrundsätze

GEGEN den Vorschlag der Verwaltung, mindestens ENTHALTUNG:

  • keine regelmäßige Selbstevaluierung im Aufsichtsrat
  • die Auskünfte über die vorgeschlagenen Kandidaten sind unzureichend
  • die Wahl führt dazu, dass in Relation zur Aktionärsstruktur nicht ausreichend unabhängige Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat vertreten sind
  • der ehemalige Vorstandsvorsitzende wird in den Aufsichtsrat gewählt, ohne dass hierfür eine überzeugende Erklärung gegeben wird

 

Aktienoptionsprogramme

Die DSW steht dem wesentlichen Zweck der Aktienoptionsprogramme, nämlich Führungskräfte am dauerhaften Erfolg und einer entsprechenden Wert- und Kurssteigerung ihres Unternehmens zu beteiligen und damit mittelbar auch die Interessen der Aktionäre zu fördern, grundsätzlich positiv gegenüber. Allerdings bringen solche Programme nur dann etwas, wenn ambitionierte Ziele verfolgt werden. Eine absolute Anbindung an den Kurs greift dabei deutlich zu kurz. Sie führt zu nicht gerechtfertigten Windfall Profits der Begünstigten, die keinen Leistungsanreiz für Wertsteigerungen des Unternehmens darstellen.

Die DSW spricht sich daher dafür aus, neben der Anbindung an den Aktienkurs sowohl absolute Steigerungsraten als auch relative Verbesserungen gegenüber einem branchennahen Index als Voraussetzung einer Optionsausübung festzuschreiben. Aktienoptionen sollen nur dann zu Vorteilen führen, wenn sich die Aktie auch langfristig besser als die Aktien wichtiger Wettbewerber entwickelt.

Des weiteren empfiehlt die DSW die Einführung eines „Cap“, beispielsweise durch die Festlegung einer Obergrenze für die maximal mögliche variable Vergütung.

 

Abstimmungsgrundsätze

GEGEN den Vorschlag der Verwaltung, mindestens ENTHALTUNG:

  • kein Cap vorgegeben
  • unakzeptable Performancehürden (z.B.: negative Performance)
  • nur ein absolutes bzw. kein weiteres, relatives Performanceziel
  • relative Performanceziele wenig transparent oder unzureichend (z.B. Basket nicht nachvollziehbar oder Benchmark nicht geeignet)
  • intransparente Darstellung des Programms in der Tagesordnung
  • Berechnungsbeispiel fehlt