So urteilen internationale Investoren

Der Einfluss internationaler Investoren auf deutschen Hauptversammlungen wächst. Die Unternehmen müssen sich darauf einstellen. Denn Anleger aus dem Ausland legen oft andere Maßstäbe für ihre Beschlüsse an. Die DSW als deutscher Partner von ECGS verdeutlicht dies anhand einer Analyse der HV-Saison 2008.

Teilnehmer:

Jella Benner-Heinacher, DSW-Geschäftsführerin und ECGS-Chairwoman

Christiane Hölz, DSW-Juristin und ECGS Head of Research

Alan MacDougall, Managing Partner ECGS

Marco Cabras, DSW-Pressesprecher

 

Es gilt das gesprochene Wort 

 

Meine Damen und Herren,

bei den deutschen Aktiengesellschaften ist die Globalisierung längst angekommen. Heute erzielen praktisch alle großen Unternehmen aus der DAX-Familie den Löwenanteil ihrer Umsätze im Ausland. Beim Autobauer VW wird dieser Prozess 2008 besonders eindrucksvoll deutlich gemacht: Erstmals dürften die Wolfsburger in einem ausländischen Staat – in diesem Fall in China – mehr Fahrzeuge verkaufen als in der Heimat.

Der Prozess der Internationalisierung ist auch in der Eigentümerstruktur deutlich erkennbar. Inzwischen gehören mehr als 50 Prozent des Stammkapitals im DAX internationalen Investoren. Die Aktionärsstruktur bei den großen deutschen Aktiengesellschaften wird immer internationaler und das Interesse ausländischer Investoren an den Tagesordnungspunkten der Hauptversammlungen (HVs) immer größer. Bereits in diesem Jahr ist der Zuspruch aus dem Ausland ein Grund dafür, dass die Präsenzzahlen auf den HVs deutlich gestiegen sind und im Schnitt fast 60 Prozent erreichen. Diese Entwicklung wird weitergehen. Der Anstieg der Hauptversammlungspräsenz und auch das Medieninteresse an deutschen Hauptversammlungen wird im Ausland wachsen.

Und dennoch müssen wir leider feststellen, dass die Tragweite der Internationalisierung selbst in den Entscheider-Etagen der Blue-Chip-Unternehmen aus dem DAX noch nicht richtig angekommen ist. In allen Fragen guter Unternehmensführung vertraut man oft einzig und allein auf die Vorgaben des Deutschen Corporate Governance Kodex. Keine Frage – dieses Regelwerk für gute Unternehmensführung, das im Jahr 2002 an den Start gegangen ist, hat die Unternehmenskultur hierzulande deutlich nach vorn und auf einen auch international akzeptablen Standard gebracht.

Dennoch dürfen sich die Unternehmenslenker nicht mehr allein auf den deutschen Kodex verlassen, sondern müssen sich zukünftig viel stärker an den Interessen internationaler Anteilseigner orientieren. Deren Ansprüche in Sachen Transparenz und Unabhängigkeit sind oft anders gelagert.

Die abgelaufene Hauptversammlungssaison 2008 hat deutlich gezeigt, dass internationale Investoren mit den Entscheidungen und der Zusammensetzung der Gremien deutscher Unternehmen teilweise nicht einverstanden waren. Kapitalmaßnahmen ohne genaue Zielangaben, die mangelnde Unabhängigkeit der Aufsichtsräte und die zu enge Verflechtung zum jeweiligen Wirtschaftsprüfer – dies sind drei Hauptkritikpunkte, die wir bei internationalen Investoren ausmachen. Die Details dazu stellen wir Ihnen später vor.

Ein Modus, über den die Institutionellen ihre Kritik vortragen und mit den Gesellschaften und deren Vorständen kommunizieren, ist die Ausübung des Stimmrechts. Die für ECGS gültigen „Voting Principles“, also der Kriterienkatalog, nach dem abgestimmt wird, unterscheidet sich meist in mehreren wichtigen Punkten von den für deutsche institutionelle Investoren zu  Grunde gelegten Prinzipien.

Die DSW weiß dies aus langjähriger Erfahrung. Deutschlands führende Aktionärsvereinigung ist nämlich bereits seit 2001 der deutsche Partner von ECGS und erstellt als so genannter „Local Expert“ die ECGS-Abstimmungsempfehlungen für alle Hauptversammlungen deutscher Unternehmen.

Um Ihnen deutlich zu machen, wo genau für Ausländer die „Knackpunkte“ bei deutschen Unternehmen und deutschen HVs liegen, hat die DSW die HV-Abstimmungsergebnisse der deutschen Unternehmen im MSCI Europe untersucht. In diesem Index, der eine Leitfunktion für europäische Investoren hat, sind insgesamt 49 deutsche Firmen gelistet.

Doch bevor meine Kollegin Christiane Hölz und ich gleich auf die Untersuchungsergebnisse näher eingehen, wollen wir Ihnen Gelegenheit geben, aus erster Hand zu erfahren, was genau sich eigentlich hinter dem Begriff ECGS verbirgt und deshalb gebe ich das Wort an den ECGS-Managing Partner Alan MacDougall weiter, der Ihnen einen kurzen Überblick über die Struktur, die Arbeit und die Kunden von ECGS geben wird.

(Redner: Alan MacDougall)

 

(Rednerin: Christiane Hölz)

Meine Damen und Herren,

bevor ich auf die Ergebnisse komme, lassen Sie mich kurz auf die Methodik unserer Analyse eingehen. Wir haben die Untersuchung als deutscher Partner von European Corporate Governance Services (ECGS) durchgeführt. Das bedeutet, dass wir streng mit den Augen von ECGS analysiert haben.

Da in Deutschland in der Regel über 98% der Aktionäre den HV-Beschlüssen zustimmen, lohnt sich aus Sicht von ECGS ein Blick auf die Abstimmungsergebnisse, bei denen Beschlüsse unter 95% aller zustimmenden Stimmen erhalten haben. Wird diese Quote unterschritten, so kann man dies als Kritik vor allem internationaler Investoren deuten.

Diese Schwelle wurde auf den Hauptversammlungen der MSCI-Europe-Werte im Jahr 2008 einige Male sogar deutlich unterboten. Oft erreichte die Zustimmung nicht einmal die 75-Prozent-Marke, so dass die Beschlüsse, die einer qualifizierten Mehrheit bedürfen (hierzu zählen insbesondere Kapitalmaßnahmen), nicht gefasst werden konnten. Ein großer Kritikpunkt, der gleich mehrfach dazu geführt hat, dass die Schwellen unterschritten wurden, ist die Intransparenz bei geplanten Kapitalmaßnahmen. Immer dann, wenn den Institutionellen aus dem Ausland die Ziele der Maßnahmen nicht klar genug kommuniziert wurden, stimmten sie dagegen.

Ein gutes Beispiel dafür ist die Commerzbank AG. Auf der Hauptversammlung 2008 konnte das Unternehmen die 75%ige Mehrheit für ein neues Genehmigtes Kapital bei der Abstimmung nicht erhalten, sondern lediglich 71,59%. Auch ECGS hatte wegen der drohenden Kapitalverwässerung empfohlen, beim Beschluss für neues Genehmigtes Kapital und bei der Ermächtigung zur Ausgabe von Wandel- bzw. Optionsschuldverschreibungen mit der Möglichkeit zum Ausschluß des Bezugsrechts mit NEIN zu stimmen. Im Ergebnis fiel der Beschluss zum neuen Genehmigten Kapital durch; die Ermächtigung zur Ausgabe von Schuldverschreibungen passierte mit einer Zustimmungsquote von 76,99 % nur ganz knapp das Aktionärsgremium.

Das Beispiel Commerzbank ist symptomatisch für die HV-Saison. Immer häufiger führen die Empfehlungen internationaler Proxy-Agenturen dazu, dass Kapitalmaßnahmen mangels der erforderlichen Hauptversammlungsmehrheit von der Gesellschaft nicht durchgeführt werden können. ECGS ist der Meinung, dass das Management der Unternehmen bei solchen anstehenden Hauptversammlungsbeschlüssen bereits in der Einladung transparent darstellen muss, wofür die Kapitalmaßnahmen benötigt werden, und, dass diese Kapitalmaßnahmen entweder mit einem entsprechenden Bezugsrecht ausgestattet sind oder die Kapitalverwässerung für die Aktionäre so niedrig wie möglich gehalten wird.

Neben dem Tagesordnungspunkt „Genehmigtes Kapital“, der immer kritischer beäugt wird, standen aber auch „Ermächtigungen zur Ausgabe von Wandel- und Optionsschuldverschreibungen und/oder Genussrechten mit Ausschluss des Bezugsrechtes“ durchaus im Zentrum der Kritik der institutionellen Aktionäre. Auch beim „Rückkauf eigener Aktien“ ist festzustellen, dass die HV-Dienstleister, die so genannten Proxy-Agenturen, diese zunehmend kritisch betrachten und vor allem auf die Ausgestaltung der Preisspanne für den Rückkauf achten, die aus Sicht der Aktionäre nicht zu groß ausfallen sollte.

Ähnliches gilt für den Beschluss der Hauptversammlung der Heidelberger Druck AG über ein neues Genehmigtes Kapital. Hier war ebenfalls die drohende Kapitalverwässerung ausschlaggebend für ein schlechtes Abstimmungsergebnis (76,75%). Der Beschluss erhielt damit nur hauchdünn die erforderliche Mehrheit.

Neben der zunehmenden Schwierigkeit, Kapitalmaßnahmen auch entsprechend auf der Hauptversammlung durchzusetzen, fällt auf, dass 2008 auf den Jahrestreffen der Anteilseigner auch die Bedeutung von Aktionärsanträgen deutlich zunahm. Immer häufiger erlangten Aktionäre das für solche Anträge erforderliche Quorum, um eigene Beschlüsse zur Abstimmung zu stellen und immer häufiger erhielten diese Anträge auch mindestens 5% der Unterstützung der anwesenden Aktionäre.

Beispielhaft ist hier sicherlich der Antrag eines Aktionärs bei der Deutschen Bank, das Investment-Banking-Geschäft abzuspalten, sowie bei der TUI AG, den Aufsichtsratsvorsitzenden abzuberufen und eine andere Person zum Aufsichtsrat vorzuschlagen. Wenn, wie im Fall der TUI AG, der Kursverlauf der Aktien dann entsprechend schlecht ist und die Unzufriedenheit der Aktionäre mit den operativen Ergebnissen hoch ist, dann finden solche Aktionärsanträge auch entsprechend Widerhall in der Hauptversammlung. Auch wenn hier im Ergebnis das Management mehrheitlich die Unterstützung der Aktionäre erhalten hat, so sollte dennoch nicht übersehen werden, dass 42,76% der anwesenden Aktionäre für die Abberufung des Aufsichtsratsvorsitzenden gestimmt haben.

Auch die Korruptionsaffäre bei der Siemens AG hat in den HV-Beschlüssen Spuren hinterlassen, die zu einer deutlich geringeren Zustimmung der Aktionäre zum Management und Aufsichtsrat der Gesellschaft geführt haben. Dies wird besonders deutlich bei einem Blick auf die Einzelentlastungsergebnisse des Aufsichtsrates bei der Siemens AG. Während in der Regel die Zustimmung bei der Entlastung des Aufsichtsrates bei ca. 98% der anwesenden Aktionäre liegt, war dies bei der Siemens Hauptversammlung 2008 anders. Hier konnten Aufsichtsratsmitglieder wie Gerhard Cromme lediglich 87,21% der Stimmen erhalten. Auch die anderen Mitglieder des Aufsichtsrates lagen bei der Zustimmung durch die Aktionäre bei unter 90%.

Meine Damen und Herren,

wie Sie gesehen haben, ist die unklare Definierung von Zielen bei Kapitalmaßnahmen einer der großen Angriffspunkte für ausländische Institutionelle. Es ist aber nicht der einzige. Die Unabhängigkeit des Aufsichtsrates und die Verflechtung mit den Wirtschaftsprüfern wird von ECGS ebenfalls kritisch beäugt. Hier wird Frau Benner-Heinacher Ihnen jetzt Näheres erläutern.

(Rednerin: Jella Benner-Heinacher)

Weil in den meisten anderen Ländern börsennotierte Unternehmen ein einstufiges Führungssystem, ein so genanntes „one-tier board“ System haben, ist es für ausländische Investoren zunächst einmal grundsätzlich schwierig, das zweitstufige deutsche System zu verstehen.

ECGS berücksichtigt die verschiedenen Board-Strukturen im „one-tier board“ System bzw. „two-tier board“ System bei seinen Empfehlungen. Trotz dieses zweitstufigen Systems spielt das Thema Unabhängigkeit, und zwar die Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder, auch bei der Beurteilung deutscher Unternehmen eine wichtige Rolle.

Aus Sicht von ECGS ist es nicht notwendig, dass jedes Aufsichtsratsmitglied unabhängig ist. So wird durchaus anerkannt, dass ehemalige Vorstandsmitglieder ihr Know-how in den Aufsichtsrat einbringen und so von Nutzen für das Unternehmen sein können. Nichtsdestotrotz wünschen die von ECGS vertretenen institutionellen Investoren, dass eine starke unabhängige Stimme im Aufsichtsrat auch ein entsprechendes Gewicht bekommt. Folglich sollte mindestens die Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder, die von der Hauptversammlung gewählt werden, auch unabhängig sein. Damit ist ebenfalls klar, dass die Arbeitnehmervertreter, die dem Aufsichtsrat angehören, als nicht unabhängig eingestuft werden. Sie fließen nicht in die Analyse mit ein.

Die Kriterien, nach denen die Unabhängigkeit eingeschränkt sein kann, sind klar definiert:

-     die Position als ehemaliges Vorstandsmitglied der Gesellschaft,

-     eine Mitgliedschaft im Aufsichtsrat, die über neun Jahre hinausgeht,

-     eine Verbindung zum Unternehmen über Verwandtschaft, Ehe oder ähnliches,

-     ein Aktienanteil in der Gesellschaft, der signifikant ist,

-     eine Beziehung als Kunde, Wettbewerber, Lieferant oder sonstiger Partner der Gesellschaft,

-     eine bestehende oder bisher existierende wesentliche Verbindung zum Unternehmen in Form eines Beratungsvertrages.

Es gibt weitere Kriterien, doch insgesamt kann man feststellen: Diese Beurteilung und Einschätzung der Unabhängigkeit hat durchaus Auswirkungen auf die Wahl in den Aufsichtsrat. So empfiehlt ECGS, mit NEIN abzustimmen, wenn die notwendige Mindestzahl an unabhängigen Aufsichtsratsmitgliedern nicht gewährleistet ist.

Ein erster Blick auf die Auswertung der 49 deutschen Gesellschaften, die Mitglied im MSCI Europe sind, ergibt ein unterschiedliches Bild:

Gesellschaften wie die Deutsche Börse und Infineon, deren Aufsichtsräte von ECGS zu 100% als unabhängig eingestuft werden, gehören zu den Musterbeispielen in Deutschland. Hier bestehen alle Kontrolleure (natürlich nicht die Arbeitnehmervertreter) den Kriterienkatalog.

Ein ganz anderes Bild zeigt sich bei den Gesellschaften, die mindestens einen sehr einflussreichen Großaktionär haben oder zu dem ehemalige Vorstandsmitglieder zu Mitgliedern im Aufsichtsrat zählen, ebenso wie solche Gesellschaften, deren Aufsichtsratsmitglieder schon lange, also über neun Jahre, in dem jeweiligen Aufsichtsrat sitzen. Diese drei Punkte werden von institutionellen Investoren aus den Vereinigten Staaten und Großbritannien ebenso wie von den entsprechenden Proxy-Agenturen durchaus kritisch betrachtet. Dieses Thema der mangelnden Unabhängigkeit spielt dagegen auf nationaler Ebene bisher eine eher marginale Rolle. Als durchaus kritisch zu betrachten ist zum Beispiel die mangelnde Unabhängigkeit in den Aufsichtsräten von E.ON, Douglas, BASF oder Porsche. Diese Gesellschaften sind aus Sicht von internationalen Investoren „under watch“. Sie stehen unter Beobachtung, was bei einer Neuwahl zu durchaus kritischen Empfehlungen führen kann.

Besonders krasse Negativbeispiele sind die Aufsichtsräte von Fresenius Medical Care und Solarworld. Beide Aufsichtsräte sind aus Sicht von ECGS mit keinem einzigen unabhängigen Mitglied besetzt. Aus internationaler Sicht ist dieser Zustand nicht akzeptabel.

Diese Einschätzung der mangelnden Unabhängigkeit hat durchaus Auswirkungen auf die Abstimmungsergebnisse bei der Neuwahl des Aufsichtsrates. So sind nach der unserer Analyse durchaus Fälle erkennbar, in denen die mangelnde Unabhängigkeit zu schlechten Abstimmungsergebnissen geführt hat.

In der Hauptversammlungssaison 2008 sind Beispiele hierfür die Neuwahl des Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Jörn Kreke sowie seines Bruders Henning Kreke in den Aufsichtsrat der Douglas Holding. Jörn Kreke konnte hier lediglich 90,63% der Stimmen auf der Hauptversammlung auf sich vereinigen (im Vergleich der als unabhängig einzustufende Dr. Mark Wössner von Bertelsmann konnte ein Abstimmungsergebnis von 99,78% Ja-Stimmen erreichen).

Ein anderes Beispiel ist die Hochtief AG: hier konnten die zur Wahl stehenden Repräsentanten des Großaktionärs Ángel García Altozano sowie Marcelino Fernández Verdes lediglich 90,10% bzw. 91,38% aller Stimmen erhalten. Auch der ehemalige Vorstandsvorsitzende Dr. Hans-Peter Keitel konnte lediglich 90,06% aller Stimmen auf sich vereinigen.

Noch schlechtere Abstimmungsergebnisse hatten Dr. Jürgen Weber und Ulrich Hartmann bei der Wahl in den Aufsichtsrat der Lufthansa AG zu verzeichnen. Dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Dr. Weber haben nur 81,10% aller Aktionäre auf der Hauptversammlung ihre Ja-Stimme gegeben und Ulrich Hartmann, der bereits seit über neun Jahren im Amt des Aufsichtsrates der Lufthansa AG ist, erhielt nur 85,36% der Unterstützung von den Aktionären.

Meine Damen und Herren,

ich komme nun zum dritten Punkt, der beim European Corporate Governance Services kritisch beobachtet wird. Es ist die Unabhängigkeit des Wirtschaftsprüfers, der einmal im Jahr dem Unternehmen ein Testat erstellt, also eine Art wirtschaftliche Unbedenklichkeitsbescheinigung.

Nach Ansicht von ECGS ist es sehr wichtig, dass der Prozess der Abschlussprüfung objektiv und unabhängig durchgeführt wird, um so sicherzustellen, dass der Jahresabschluss eine möglichst hohe Qualität aufweist. Vor diesem Hintergrund hat ECGS nicht nur die Entwicklung der „Prüfungsgebühren“ von 2006 zu 2007 analysiert, sondern daneben auch einen Blick auf die so genannten „Nichtprüfungsgebühren“ geworfen, Gebühren für Steuerberatung und sonstige Beratungs- und Bewertungsdienstleistungen sowie sonstige Gebühren (z.B. Zwischenabschlüsse).

Aus Sicht von ECGS sollten die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die als Abschlussprüfer bestellt werden, nicht daneben noch in erheblichem Umfang für Beratungsdienstleistungen in Anspruch genommen werden. Bedenken im Hinblick auf die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers treten dort auf, wo die Nichtprüfungsgebühren höher sind als die Prüfungsgebühren. Bei der Abstimmung zur Wahl des Abschlussprüfers empfiehlt ECGS deshalb eine Abstimmung mit ‚NEIN’, wenn die Nichtprüfungsgebühren die Prüfungsgebühren übersteigen. In einem solchen Fall wäre aus Sicht von ECGS die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers  klar beeinträchtigt.

Die Analyse ergibt folgendes Ergebnis: Die „Prüfungsgebühren“ der deutschen MSCI Europe Werte lagen 2006 im Durchschnitt bei 10,7 Millionen Euro und in 2007 bei 9,6 Million Euro. Im Ergebnis bedeutet dies einen Rückgang der Prüfungsgebühren von über 10%, dies ist aus Sicht von ECGS eine durchaus positive Entwicklung.

Allerdings sind die so genannten „Nichtprüfungsgebühren“, von im Durchschnitt 4 Mio. Euro (2006) auf 4,2 Mio. Euro in 2007 gestiegen.

Von 49 deutschen Unternehmen im MSCI Europe entfallen immerhin 22 Abschlussprüfermandate auf KPMG, gefolgt von 19 Mandaten für PwC (inklusive der Doppelprüfungen). Interessant ist insoweit auch ein Blick auf die gesamten Honorarvolumina, die diese Prüfungsgesellschaften aus Prüfungs- und Nichtprüfungsgebühren in 2007 erzielt haben. Hier kommt KPMG auf über 440 Mio. Euro, gefolgt von PWC mit über 200 Mio. Euro.

Die Nichtprüfungsgebühren machten 2006 im Durchschnitt mit 4 Mio. Euro oder zirka 40 % der Prüfungsgebühren aus. Ein ähnliches Verhältnis zeigt sich auch für das Jahr 2007, hier lagen die Prüfungsgebühren im Durchschnitt bei 9,6 Mio. Euro und im Vergleich zu 4,2 Mio. Euro Nichtprüfungsgebühren – das entspricht 44 Prozent der Prüfungsgebühren.

Dies sind allerdings nur Durchschnittswerte. In Einzelfällen ist es dagegen durchaus berechtigt, an der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers zu zweifeln, wenn dieser über Nichtprüfungsgebühren mehr Geld verdient als über die eigentliche Abschlussprüfung. Dies war 2006 beispielsweise bei Adidas, Bilfinger+Berger oder der Deutschen Börse der Fall. 2007 ist erneut ein auffallend hoher Nichtprüfungsgebührenaufwand bei der Deutschen Börse feststellbar. Daneben überschreitet der Nichtprüfungsaufwand in 2007 bei der Postbank, der Deutschen Telekom, Premiere, Pro7Sat.1, Volkswagen und Wincor Nixdorf die Prüfungsaufwendungen. Hier lautete die ECGS-Abstimmungsempfehlung deshalb auch NEIN.

In keinem Fall hinnehmbar ist es aus internationaler Sicht, dass Prüfungsgesellschaften für Nichtprüfungsdienstleistungen mehr als doppelt soviel verdienen wie mit der Prüfung selbst. Ein derartiges Missverhältnis der Honorarvolumen stellt eine echte Bedrohung für die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers dar.

Meine Damen und Herren,

die genannten Themen geben nur schlaglichtartig wieder, wie internationale Investoren bei der Beurteilung deutscher Unternehmen vorgehen. Dennoch dürfte mit dem steigenden Aktienanteil an den hiesigen AGs ihr Einfluss auf die Veränderung dieser Schwachstellen in den nächsten Jahren noch deutlich zunehmen. Und noch ein Thema ist für die Zukunft bereits ausgemacht: Wenn wie geplant die Hauptversammlung zukünftig durch ein so genanntes „advisory vote“, also einen nicht verbindlichen Beschluss, über die Vergütungsstruktur des Vorstands abstimmt, dann können und werden ausländische Anleger auch hier ihre Kritik via Stimmrecht laut und deutlich anbringen.

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