DSW-IVA Fondscheck 2011

Ausgabeaufschlag, Managementgebühr, Performancefees - aktiv gemanagte Investmentfonds sind beileibe keine günstige Anlageklasse. Dennoch sind die Fonds die Lieblinge deutscher Anleger. Aber lohnen sie sich wirklich? Welche Fonds bieten Anlegern tatsächlich Überrenditen und sind ihr Geld wert? Gemeinsam mit dem Institut für Vermögensaufbau (IVA) hat die DSW nachgerechnet. Welche Fonds schlagen über 10 und 20 Jahre den Index?

Dr. Andreas Beck, Vorstand am

Institut für Vermögensaufbau (IVA) AG

Marc Tüngler, Geschäftsführer der DSW

Marco Cabras, Pressesprecher der DSW

 

(Redner: Marc Tüngler)

Meine Damen und Herren,

Jeder von Ihnen hat wohl schon einmal das Sprichwort „den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen“ gehört. Nun muss ich zwar leider fünf Euro ins Phrasenschwein stecken, aber das ist genau die richtige Beschreibung für die Möglichkeiten, die sich Anlegern am Kapitalmarkt derzeit bieten. Hochgerechnet fast eine Million unterschiedlichste Produkte sind allein an deutschen Marktplätzen handelbar und damit Privatanlegern potenziell zugänglich. Die Palette reicht von Aktien über Fonds und Zertifikate bis zu so speziellen Produkten wie Differenzkontrakten oder Hedgefonds. Die schöpferische Kreativität der Neuerfindungen ist schier grenzenlos. Neuerdings gewinnen sogar die bislang als hausbacken und eher langweilig geltenden Anleihen unter den Privatanlegern immer mehr Freunde. Praktisch jede deutsche Börse bietet inzwischen ein eigenes Segment für Risikoanleihen mittelständischer Unternehmen. Die Gefahren solcher Hochzinspapiere sind nicht zu unterschätzen, aber die Privatanleger greifen dennoch beherzt zu. Dazu kommen dank moderner Kommunikationswege und elektronischer Vernetzung weltweit eine unüberschaubare Flut an weiteren Anlageformen und Produkten.

Es klingt auf den ersten Blick nach Schlaraffenland, weil die Möglichkeiten immens sind. Doch mit den Chancen steigen auch hier die Risiken. Selbst in diesen an sich guten Börsenzeiten werden wir fast täglich mit Problemen, Schieflagen und dicken Verlusten für Anleger konfrontiert. Ein Blick auf die Gattung der Offenen Immobilienfonds reicht aus, um zu erklären, was ich meine. Sie wurden als Altersvorsorgeprodukte verkauft, haben aber leider einen Konstruktionsfehler, unter dem nun tausende Anleger leiden, weil sie ihr Erspartes in Höhe von vielen Milliarden Euro nicht mehr herausbekommen. Auch der Fiskus kann für böse Überraschungen sorgen, etwa bei den Medienfonds, wo im Nachhinein die steuerliche Einstufung geändert wurde. Dies führt dazu, dass Anleger riesige Summen nachzahlen müssen.

Mit solchen und ähnlichen Fällen hat es die DSW in ihrer mittlerweile über 64jährigen Geschichte schon sehr oft zu tun gehabt. Und sie bestätigen, dass es für Privatanleger bei der erfolgreichen Geldanlage einzig und allein auf zwei simple Dinge ankommt. Nämlich einerseits das Risiko möglichst gering zu halten und andererseits eine gute, vor allem aber berechenbare Rendite zu erzielen.

Die Theorie hierzu stammt vom Nobelpreis-gekrönten US-Ökonom Harry Max Markowitz. In dem von ihm aufgestellten Kräfteverhältnis muss sich jeder Privatanleger bewegen, egal wie alt, wie vermögend und wie risikobereit er ist. Dies ist in der Theorie ganz einfach, aber die praktischen Erfahrungen zeigen, dass es vor allem auf längere Sicht ein anspruchsvolles Unterfangen ist, hohen Renditen und geringe Risiken zu vereinbaren.

Vereinfacht gesagt, ist es der unerfüllte Traum vieler Anleger. Unerfüllt ist der Traum auch deshalb, weil viele Anleger statt einer gesunden Risikoscheu und dem Versuch, damit richtig umzugehen, lieber vollständig auf Risiken verzichten. Nur: Dies ist ein Irrweg. In einer weiteren gemeinsamen Studie mit dem Institut für Vermögensaufbau (IVA) haben wir vor einiger Zeit klar aufgezeigt, dass man das Risiko gerade mit Blick auf die private Altersvorsorge nicht ganz ausklammern kann. Wer auf lange Sicht sein Vermögen nur mit Sparbüchern, Festgeldern oder Tagesgeldkonten mehren möchte, der wird scheitern und genau das Gegenteil erreichen. Langfristig kommt man als Anleger um Produkte mit beherrschbaren Risiken nicht herum. Die Kunst ist es, die Produkte herauszusuchen, die eine möglichst hohe Transparenz bieten, damit man Risiken erkennen kann und hohe Renditen einfährt.

Nur: Statistische Erhebungen und der alljährliche Blick auf die Aktionärszahlen zeigen, dass deutsche Anleger sich in der Mehrheit nicht selbst zutrauen, die für sie richtigen Papiere auszusuchen. Statt in einzelne Aktien zu investieren und sich selbst ein aussichtsreiches Portfolio aufzubauen, kauft die Mehrheit der Anleger Fonds mit einem aktiven und professionellen Management.

Investmentfonds bleiben unter den klassischen Wertpapieren die beliebteste Anlageklasse der Deutschen sind. Der Grundgedanke dahinter, die Auswahl der richtigen Titel lieber einem Profi zu überlassen und damit die Wahrscheinlichkeit einer Überrendite zu erhöhen, hat sich durchgesetzt.

Dafür sind die Anleger sogar bereit, einen gehörigen Aufpreis zu zahlen. Immerhin verschlingen Investmentfonds je nach Beschaffenheit bis zu 6 Prozent Ausgabeaufschlag und zusätzlich jährliche Management- und Verwaltungsgebühren von bis zu zwei Prozent. Inzwischen kassieren viele Fonds sogar noch Performance-Fees obendrauf, wenn sie bestimmte Benchmarks schlagen. Der Beliebtheit hat das keinen Abbruch getan.

Trotz solcher vergleichsweise hoher Kosten unterstützt die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz generell eine Anlage in Investmentfonds. Denn Fonds erfüllen einerseits vergleichsweise hohe Transparenzanforderungen und sind als so genanntes „Sondervermögen“ gegen Insolvenzen ihrer Emittenten weitgehend geschützt. Wir drängen allerdings die Fonds darauf, dass sie bei der Ausübung der Stimmrechte der von ihnen gehalten Anteile systematischer vorgehen und ihr Abstimmverhalten vor allem regelmäßig publizieren. Hier besteht ein großes Defizit und hiermit könnten die Fonds einen weiteren enormen Schritt in Sachen Transparenz machen.

Doch im Kern muss die Frage beantwortet werden, ob die professionellen Manager der Investmentfonds die in sie gesetzten Anforderungen tatsächlich umsetzen können. Erzielen Investmentfonds auf lange Sicht die Überrenditen, die Anleger von ihnen erwarten? Lohnen sich also die Extrakosten im Vergleich zu anderen Anlageformen – etwa zu den immer beliebter werdenden und tendenziell günstigeren ETFs (Exchange Traded Funds)?

Gemeinsam mit dem Institut für Vermögensaufbau (IVA) ist die DSW genau dieser Frage in einer Studie nachgegangen. Wir haben insgesamt 2378 Investmentfonds genau unter die Lupe genommen, die seit mindestens zehn Jahren am Markt sind. Dabei handelt es sich um aktiv gemanagte Publikumsfonds aus vielen klassischen Bereichen, darunter Aktien Deutschland, Aktien Europa, Aktien Welt, aber auch Aktien Emerging Markets, Rentenfonds (Euro und Global), Geldmarktfonds Euro und verschiedene Mischfonds-Gattungen.

Mit dieser Studie möchten wir Privatanlegern ein weiteres Mal ganz konkrete Hilfestellung bei ihrem privaten Vermögensaufbau geben. Mit unserer Checkliste für Neuemissionen, unseren „10 goldenen Regeln für Neuaktionäre“ oder auch der jährlichen „Watchlist der größten Kapitalvernichter“ unterstützt die DSW seit vielen Jahren Aktionäre praxisnah und sachgerecht.

Für uns besonders entscheidend war deshalb der Anlagehorizont. Wir haben die Performance der Produkte über einen Zeitraum von 10 beziehungsweise 20 Jahren untersucht.

Diese langfristige Erfolgskontrolle ist aus unserer Sicht doppelt wichtig. Sie hilft dabei, die besten Produkte für den eigenen Vermögensaufbau herauszufiltern. Zudem ist man als Anleger nach dem Kauf eines Produktes zumeist auf sich allein gestellt. Zwar sind gerade nach der Finanzkrise durch die Berliner Bundesregierung eine Fülle neuer gesetzlicher Bestimmungen eingeführt worden, die den Anleger- und Verbraucherschutz steigern sollen. Ich denke da an die neuen Produktinformationsblätter oder die Protokollpflichten der Banken. Doch all diese Regelungen zielen auf den Zeitraum vor dem eigentlichen Kauf, also auf die klassische Anlageberatung.

Später ist der Anleger dann tatsächlich weitgehend auf sich allein gestellt und muss selbst kontrollieren, dass sich seine Investition in der gewünschten Richtung entwickelt. Für Anlageberater gibt es trotz der neuen Regulierungen keine Verpflichtung gegenüber den Kunden, sich nach dem Kauf noch zu kümmern. Ein Produkt im Portfolio zu haben, das seine Tauglichkeit dafür langfristig unter Beweis gestellt hat, wirkt da sehr beruhigend.

Meine Damen und Herren,

im Ergebnis zeigt unsere gemeinsame Studie, dass sich die Suche nach einem guten Fondsprodukt langfristig durchaus auszahlen kann. Insgesamt erzielen auf Sicht von 10 Jahren immerhin 20,57 Prozent aller Investmentfonds mehr Rendite (so genanntes positives normiertes Alpha) als der vergleichbare Index – insgesamt 431 Portfolios. Dies bedeutet im Umkehrschluss allerdings auch, dass es einem Großteil der Produkte leider nicht gelingt, die hohen Erwartungen langfristig zu erfüllen.

Besonders eindrucksvoll sind die Unterschiede je nach Art der Fonds: Während bei Aktienfonds Deutschland im Schnitt fast jedes zweite Produkt (43,4 Prozent) über 10 Jahre lang den Index schlagen konnte, schnitten Renten-, aber auch Misch- und vor allem Geldmarktfonds deutlich schlechter ab. Im schlechtesten Fall war nur eines von 20 Produkten besser als Index. 

Mein Podiumskollege und Vorstand des Institutes für Vermögensaufbau, Dr. Andreas Beck, wird Ihnen jetzt gleich alle Ergebnisse und die Einzelheiten der Studie erläutern. Er wird Ihnen auch eine Antwort darauf geben, wie es den erfolgreichen Fonds gelungen ist, sich so positiv zu entwickeln.

Ich übergebe nun das Wort an Dr. Andreas Beck, der Ihnen die Einzelheiten unserer gemeinsamen Studie vorstellen wird.

 

 

Redner: Dr. Andreas Beck, Vorstand IVA

Das Institut für Vermögensaufbau hat in Kooperation mit der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz nach 2010 zum zweiten Mal eine Studie erstellt, in der der langfristige Anlagerfolg von Publikumsfonds der wichtigsten Anlageklassen untersucht wird.

Kern ist die Frage, ob aufgrund einer aktiven Managementleistung langfristig gegenüber einer klassischen Benchmark Überrenditen erzielt werden konnten. Untersucht wurden Fonds, die im Januar 2011 über mindestens 7,5 Mio. Volumen verfügten und mindestens 10 Jahre am Markt sind. Details zu Umfang und Methode bitte ich der Studie zu entnehmen.

Um sicherzustellen, dass ein Fonds nicht aufgrund einer unzulässigen Benchmark eine Überrendite ausweist, wird vorausgesetzt, dass sich die Renditen mindestens zu 50% auf Basis der Benchmark-Renditen erklären lassen. Wir verwenden hier das Bestimmtheitsmaß als Kennzahl. Diese Anforderung ist relativ tolerant. Laut der im Jahr 2000 veröffentlichten Studie von Ibbotson und Kaplan liegt das durchschnittliche Bestimmtheitsmaß von US Fonds bei 81,4%. In einer eigenen Studie zu in Deutschland zugelassenen Fonds aus dem Jahr 2008 sind wir auf ein Bestimmtheitsmaß von 83,3% gekommen.   

Zu den Ergebnissen:

Bezogen auf 10 Jahre konnten 27,5% der Aktienfonds eine positive Managementleistung, also eine Überrendite nach Kosten zur marktkapitalisierenden Benchmark erwirtschaften. Diese Quote bleibt auch bei einer 20 Jahres Betrachtung relativ konstant.

Am besten schnitten die Fondsmanager im Bereich Aktien Deutschland ab. Hier schlugen 43,4% der Fonds auf 10 Jahre die Benchmark. Dieser Erfolg reduziert sich jedoch auf nur noch 15,4% der Fonds bei einer 20-Jährigen Betrachtung.

Im Rentenbereich reduziert sich der Anteil erfolgreicher Fonds je nach Kategorie auf 15% bis 25%. Im Geldmarkt sind sogar nur noch ca. 5% der Fonds erfolgreicher als die Benchmark EONIA.

Liegt dieses Ergebnis daran, dass Fondsmanager zu wenig Anlagefreiheit besitzen? Wenn dem so wäre, müssten Mischfonds deutlich bessere Ergebnisse liefern. Hier sind die Freiheiten für den Manager in der Regel am Größten. Überraschenderweise ist das Gegenteil der Fall. Bei den Mischfonds gelingt es nur 6,7% der Fonds eine Überrendite gegenüber ihrer Benchmark auf 10 Jahressicht zu erwirtschaften.

Zu den Folgerungen:

Diese Ergebnisse scheinen die Kritik am aktiven Fondsmanagement zu bestätigen. Allerdings ist den Fonds zugutezuhalten, dass die meisten langfristigen Fonds – ich spreche hier also nicht von Modeprodukten – mit ihrer Rendite nach Kosten etwas unterhalb, aber noch in der Nähe der Benchmark liegen. Selbst wenn man von den langfristig am Markt bestehenden Fonds also nur einen durchschnittlichen erwischt, so fährt man damit noch deutlich besser, als bei vielen anderen Anlageprodukten. Nicht wenige Fondsmanager schaffen darüber hinaus langfristig positive Renditen.

Die Tatsache, dass die Renditen in unserem Wirtschaftssystem in der Privatwirtschaft erarbeitet werden – der Staat partizipiert daran nur über sein Steuermonopol – bedeutet, dass Unternehmensbeteiligungen über Aktien langfristig die attraktivste Anlageform sind. Ob als ETF oder als aktiv gemanagter Fonds, es ist zu hoffen, dass Privatanleger wieder stärkeren Zugang zu dieser Anlageklasse für ihre Langfristinvestments finden. Wenn sie dies tun, so fahren sie in der Regel nicht verkehrt, wenn sie auf altbewährte klassische Produkte wie Aktienweltfonds zurückgreifen. Ob die Benchmark nun geschlagen wird oder nicht. Wirklich Geld vernichtet wird hingegen über den grauen Kapitalmarkt, komplexe Derivate und Modeprodukte, die kurzfristig offensiv vertrieben werden, langfristig gesehen aber nicht bestehen können.

Das schlechte Abschneiden von Mischfonds werden wir noch genauer untersuchen. Es scheint aber die gängige These zu bestätigen, dass „Stock-Picking einfacher ist als Market-Timing“. Vermutlich sind Mischfonds mit einer eher starren Assetklassen-Aufteilung und regelmäßigem Rebalancing im Schnitt am erfolgreichsten. Dies werden wir aber noch gesondert analysieren.   

BE_11_04_12_Studie_Bewertung_von_Kapitalanlagegesellschaften.pdf