DSW-Aufsichtsratsstudie 2012

Die Aufsichtsräte deutscher Aktiengesellschaften sind in den vergangenen Jahren immer wieder in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit geraten, sowohl mit Blick auf die Themen Kompetenz und Unabhängigkeit als auch mit Blick auf die Vergütung. Die DSW hat in ihrer aktuellen Aufsichtsratsstudie 2012 all diese Aspekte analysiert.

Teilnehmer seitens der DSW:
Jella Benner-Heinacher
, Hauptgeschäftsführerin (stv.)
Christiane Hölz, Landesgeschäftsführerin NRW
Klaus Nieding, DSW-Vizepräsident
Jürgen Kurz, Pressesprecher


Es gilt das gesprochene Wort

Jella Benner-Heinacher, Hauptgeschäftsführerin (stv.) der DSW

Meine Damen und Herren,

zunächst darf auch ich Sie herzlich zu unserer Pressekonferenz begrüßen.

Die Aufsichtsräte deutscher Aktiengesellschaften sind in den vergangenen Jahren immer wieder in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit geraten. Wurden sie früher noch oft als Gremien belächelt, in denen ältere Herren sich viermal im Jahr zum geselligen Beisammensein trafen, um relativ kritiklos Vorstandsbeschlüsse abzunicken, gehören sie heute zu den entscheidenden Organen der Unternehmen. Grund hierfür sind die zahlreichen neuen gesetzlichen Anforderungen, die von der Überwachung des internen Kontroll- sowie des internen Revisionssystems bis hin zur Beaufsichtigung der Compliancesysteme reichen.

Seit Beginn der Finanzkrise hat Brüssel jedenfalls das Schritttempo deutlich erhöht, mit absehbaren Auswirkungen auch für deutsche Aufsichtsräte. So legte die EU-Kommission im vergangenen Jahr das „Grünbuch zur Corporate Governance“ vor. Ziel war es, die Unternehmensführung europäischer Aktiengesellschaften nachhaltig zu verbessern. Ein wichtiger Punkt dabei: Die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Aufsichtsgremien und deren weitere Professionalisierung.

Dazu gehören nicht nur die Themen Kompetenz und Unabhängigkeit. Der Kommission ging es ebenfalls darum, dass bei der Zusammensetzung verstärkt darauf geachtet wird, Mitglieder aus unterschiedlichen Bereichen zu rekrutieren. So sollte eine Reihe beruflicher Hintergründe und Fähigkeiten sowie Nationalitäten vertreten sein. Auch wird eine höhere geschlechterspezifische Diversität angestrebt.

Auf die Frage, ob sich dies hierzulande bereits in geänderten Zusammensetzungen der Aufsichtsräte niedergeschlagen hat, komme ich später zurück.
Ein weiteres Schwerpunktthema der Studie war – wie in den vergangenen Jahren – die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder. Neben der absoluten Höhe haben uns die unterschiedlichen Vergütungssysteme interessiert. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf die variablen Vergütungsbestandteile gelegt.

Bevor meine Kollegin Frau Hölz Ihnen die Ergebnissen vorstellt, kurz einige Sätze zur Systematik der DSW-Aufsichtsratsstudie. Grundlage waren die Geschäftsberichte, die Websites und die Unterlagen zu den Hauptversammlungen 2012 aller im DAX, MDAX, SDAX und TecDAX notierten Aktiengesellschaften.
Analysiert wurde in erster Linie die Anteilseignerseite der Aufsichtsräte, da nur diese von der Hauptversammlung – also von den Aktionären – gewählt werden kann. Beim Blick auf die Frauenquote und bei der Vergütung haben wir die Arbeitnehmerseite in die Analyse einbezogen, um hier zu einer ganzheitlichen Betrachtung zu kommen.

Natürlich haben wir uns – neben anderen Aspekten – erneut mit der Frage beschäftigt, wer in den Aufsichtsräten der großen deutschen Aktiengesellschaften sitzt und welcher Kontrolleur in Deutschland durch seine Mandate eine besonders mächtige Rolle einnimmt. Hierbei haben wir uns auf die Kontrollgremien der DAX30-Gesellschaften und auf deren wichtigste Ausschüsse (Präsidium, Prüfungsausschuss, Personal- sowie Nominierungsausschuss) beschränkt.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Höhe der Vergütung der Mitglieder des Kontrollgremiums und die Frage, welche Vergütungssysteme die einzelnen Unternehmen für die Bezahlung ihrer Aufsichtsräte nutzen. Basis der Studie waren hier die Daten bis 2011. Neben der Anteilseignerseite wurde hier auch die Vergütung der Arbeitnehmervertreter berücksichtigt. Zusätzlich zum DAX30 wurden die Werte aus MDAX, TecDAX und SDAX analysiert.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Es gilt das gesprochene Wort

Christiane Hölz, Landesgeschäftsführerin NRW der DSW

Meine Damen und Herren,

wie schon in den letzten Aufsichtsratsstudien haben wir auf eine Punktematrix zurückgegriffen, um zu klären, wie es um die Machtverhältnisse unter den mächtigsten Aufsichtsräten Deutschlands bestellt ist. Dabei wurden alle 256 Anteilseigner-Mandate in den Aufsichtsräten der DAX30-Unternehmen analysiert.
Mit jeweils zehn Punkten wurde eine Kombination aus Aufsichtsratsvorsitz und Ausschussvorsitz gewertet. Für weitere Ausschussvorsitze kamen je vier Punkten hinzu. Eine Aufsichtsratsmitgliedschaft plus Ausschussvorsitz werteten wir mit acht Punkten. Die gleiche Punktzahl wurde für einen Aufsichtsratsvorsitz ohne weitere Ausschussmitgliedschaften vergeben. Sechs Punkte gab es, wenn zu einer Aufsichtsratsmitgliedschaft noch eine Ausschussmitgliedschaft kam, weitere Ausschussmitgliedschaften wurden mit zusätzlich drei Punkten bewertet. Je vier Punkte brachte die „einfache“ Mitgliedschaft in einem Aufsichtsrat.

Wie schon in den vergangenen Jahren führt erneut Manfred Schneider die Liste der mächtigsten Aufsichtsräte Deutschlands an. Mit Bayer, Linde und RWE sitzt Schneider gleich in drei DAX-Gesellschaften dem Kontrollgremium vor. In insgesamt zehn Ausschüssen ist er Mitglied, davon bekleidet der ehemalige Bayer-Chef in acht Ausschüssen die Position des Vorsitzenden. Auf Rang zwei folgt der neue Vorsitzende des Aufsichtsrates der Deutschen Bank, Paul Achleitner, der außerdem als einfaches Mitglied bei Bayer, Daimler und RWE im Aufsichtsgremium sitzt. Im Vorjahr fand sich Herr Achleitner noch auf Rang 11 unserer Liste. Mit einigem Punkteabstand liegt Gerhard Cromme auf Rang drei. Cromme sitzt den Kontrollgremien von zwei DAX-Gesellschaften, nämlich Siemens und ThyssenKrupp, vor.

Eine Frau findet sich unter den Führenden des Rankings übrigens nach wie vor nicht. Mit Renate Köcher taucht die erste auf Rang 26 auf. Frau Köcher sitzt immerhin bei drei DAX-Gesellschaften (Allianz, BMW und Infineon Technologies) im Aufsichtsrat. Zusätzlich ist die Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach bei der Allianz und bei Infineon Mitglied des Nominierungsausschusses.
Zweites großes Thema ist die Vergütung.

Nachdem zu Beginn des vergangenen Jahres nicht zuletzt von Seiten der Kodex-Kommission die Diskussion um reine Festvergütungen für Aufsichtsräte angefacht wurde, haben mittlerweile acht der 30 DAX-Unternehmen die Systeme entsprechend angepasst und auf Fixgehälter umgestellt. Eine Entwicklung, die die DSW ausdrücklich begrüßt. Die Erfahrungen zeigen, dass Aufsichtsräte gerade bei Sanierungen oder Problemen im Unternehmen besonders gefordert sind. Ein signifikanter variabler Anteil der Vergütung setzt in solchen Zeiten falsche Anreize. Zudem beugt dies einem möglichen Interessengleichlauf zwischen dem operativ tätigen Vorstand, dessen Vergütung sich in der Regel zum größeren Teil aus variablen Bestandteilen zusammensetzt, und dem vornehmlich kontrollierenden Aufsichtsrat vor, der zu Konflikten führen könnte.

Werden variable Vergütungsbestandteile genutzt, ist die zugrunde liegende Bemessungsgrundlage entscheidend. Gänzlich ungeeignet sind Bemessungsgrundlagen, die entweder an vergleichbare wirtschaftliche Kennzahlen anknüpfen wie sie für die Vergütung des Vorstands genutzt werden, oder solche, die dem Aufsichtsrat die Möglichkeit eröffnen, (zumindest mittelbar) die Höhe seiner eigenen Vergütung zu beeinflussen. Dies ist zum Beispiel bei der Dividende der Fall, die von elf der 30 im DAX notierten Gesellschaften leider immer noch als ein Gradmesser für die variable Vergütung ihrer Aufsichtsratsmitglieder eingesetzt wird. Wir fordern diese Unternehmen auf, sich von der Dividende als Kennziffer für die variable Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern endlich zu verabschieden.

Verteilt nach Komponenten zeigt sich, dass bei den DAX-Unternehmen das Grundgehalt nebst Ausschuss- und Sitzungsgeld inzwischen knapp 51 Prozent der Gesamtvergütung ausmacht. Dabei entfielen 44 Prozent auf die fixe Vergütung, 4 Prozent auf das Sitzungsgeld und 2 Prozent auf die sonstige Vergütung. Der Anteil der kurzfristigen variablen Vergütung ist dementsprechend rückläufig. Sie betrug nur noch 32 Prozent der Gesamtvergütung. Den vom Deutschen Corporate Governance Kodex angeregten langfristigen variablen Vergütungsbestandteil gewährte in 2011 lediglich die Deutsche Bank.

Insgesamt überwiesen die DAX30-Unternehmen für das Geschäftsjahr 2011 rund 69,7 Millionen Euro an ihre Aufsichtsräte. Das entspricht einem Plus von 7,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Vergütungen erreichten damit beinahe wieder das Hoch des Geschäftsjahres 2007, in dem die Zahlungen sich auf über 70 Millionen Euro summierten.

Die absolut höchste Vergütung überwies – fast schon traditionell – der Volkswagen-Konzern. Insgesamt knapp 7,4 Millionen Euro erhielt das 20-köpfige Gremium – Ein Plus von fast 38 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mit Abstand folgt als zweitgrößter Zahler im DAX der Elektronikkonzern Siemens, der nach der Umstellung auf eine reine Festvergütung den 20 Aufsehern einen Betrag von insgesamt knapp 4,8 Millionen Euro gewährte. Das ist gegenüber dem Vorjahr, als das Unternehmen noch eine variable Vergütungskomponente gewährte, ein Plus von knapp 18 Prozent.

Besonders stark gestiegen ist die Gesamtvergütung mit 263 Prozent bei Infineon Technologies. Neben der Zahlung einer variablen Vergütung, welche in 2010 noch entfallen war, hat hierzu insbesondere die in der Hauptversammlung 2011 beschlossene Erhöhung der fixen Vergütung sowie die Einführung eines Sitzungsgeldes beigetragen.

Im Durchschnitt erhielten die Aufsichtsratschefs der DAX-Gesellschaften rund 298.000 Euro. Ein ordentliches Mitglied im Kontrollgremium, das in keinem Ausschuss vertreten war, konnte sich im Durchschnitt über rund 98.000 Euro freuen.
Mit einem Jahressalär von knapp 1,1 Millionen Euro aus DAX30-Mandaten ist Ferdinand Piëch der Topverdiener unter den Aufsichtsräten, dicht gefolgt von Gerhard Cromme, der mit 1,05 Millionen Euro auf Platz zwei liegt. Obwohl er bei drei DAX-Unternehmen den Vorsitz führt, findet sich Manfred Schneider mit einer Gesamtvergütung in Höhe von 0,99 Millionen Euro erst auf Platz 3 der TOP-Verdiener im DAX30 wieder. Platz 4 geht an den IG Metall-Vorsitzenden Berthold Huber, der für seine Mandate bei Siemens und VW eine Vergütung von 0,9 Millionen Euro erhalten hat.

Die MDAX-Unternehmen vergüteten ihre Aufsichtsräte in 2011 mit insgesamt 42,6 Millionen Euro. Das entspricht im Vergleich zum Vorjahr einem Rückgang um 0,77 Prozent.

Mit 2,7 Millionen Euro überwies die Rhön Klinikum AG die insgesamt höchste Vergütung an die 20 Mitglieder ihres Aufsichtsrates. Das entspricht einem Anstieg um gut 10 Prozent. Zweitgrößter Zahler war die Axel Springer AG, die ihrem neunköpfigen Gremium 2,6 Millionen Euro zahlte.

Den höchsten Vergütungsanstieg verzeichneten die Aufsichtsräte der GSW Immobilien AG. Nach dem Börsengang stieg die Vergütung der neun Aufseher um 147 Prozent auf insgesamt 207.500 Euro.

Im Durchschnitt erhielt ein Aufsichtsratsvorsitzender eines MDAX-Unternehmens in 2011 rund 138.000 EUR, ein ordentliches Mitglied ohne Sitz in einem Ausschuss wurde mit durchschnittlich etwa 49.000 EUR vergütet. Höchstbezahlter Aufsichtsrat im MDAX war mit 514.000 Euro Eugen Münch, Aufsichtsratsvorsitzender von Rhön-Klinikum.

Die Zahlungen der TecDAX- und SDAX-Unternehmen lagen mit insgesamt 10 respektive 14,8 Millionen Euro deutlich unter dem, was MDAX- und DAX-Aufsichtsräte überwiesen bekamen. Im TecDAX sind die Vergütungen um 6,7 Prozent gestiegen. Im SDAX fiel das Plus mit knapp 6 Prozent etwas geringer aus.
Bestbezahlter Aufsichtsratschef eines TecDAX-Unternehmens ist mit rund 348.000 Euro Kim Schindelhauer von Aixtron. Im SDAX liegt Fred Kogel von der Constantin Medien AG mit 417.000 Euro an der Spitze.

Weitere Daten zu den einzelnen Indices können Sie den Ihnen vorliegenden Tabellen entnehmen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Es gilt das gesprochene Wort

Jella Benner-Heinacher, Hauptgeschäftsführerin (stv.) der DSW

Meine Damen und Herren,

wie angekündigt komme ich jetzt auf die Beteiligung von Frauen in den Kontrollgremien deutscher Unternehmen zurück.

Die bereits in 2009 in den Deutschen Corporate Governance Kodex aufgenommene Empfehlung, bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrates auch auf Vielfalt (Diversity) zu achten, wurde im Jahr 2010 konkretisiert. Seither empfiehlt der Kodex, dass bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrates eine angemessene Berücksichtigung von Frauen angestrebt werden soll. Die überwiegende Zahl der DAX-Gesellschaften kommt dieser Empfehlung inzwischen nach und veröffentlicht die angestrebten Ziele.

Obwohl das große Wahljahr im DAX 30 erst in 2013 ansteht, zeigen die Zahlen, dass der Frauenanteil in den Aufsichtsgremien steigt. Betrug er 2006 noch 11,69 Prozent, sind es 2012 immerhin 19,4 Prozent. Damit werden inzwischen 97 der 500 Aufsichtsratsmandate im DAX 30 von Frauen gehalten. Der Blick auf die Aktionärsseite fällt allerdings ernüchternd aus. Der überwiegende Anteil weiblicher Vertreter im DAX 30 wird mit 12 Prozent weiterhin von der Arbeitnehmerseite gestellt. Auf Anteilseignerseite sind es lediglich 7,4 Prozent. 2010 betrug der Anteil weiblicher Anteilseignervertreter 4,03 Prozent.

Der EU-Kommission geht das eindeutig nicht schnell genug. EU-Justizkommissarin Viviane Reding hat daher angekündigt, im 3. Quartal konkrete Vorschläge für eine EU-weite Frauenquote zu veröffentlichen. Eine entsprechende Konsultation wurde im Mai 2012 beendet. Reding hat durchblicken lassen, dass ein Richtlinienvorschlag mit einer verpflichtenden Quote von 40 Prozent veröffentlicht werden könnte, nachdem die von ihr ausgegebene freiwillige Selbstverpflichtung nicht angenommen wurde. Vorbildlich sind aktuell in Deutschland nur die Deutsche Bank, Henkel, Beiersdorf, Commerzbank und die Deutsche Post, liegen hier doch die Anteile weiblicher Aufsichtsräte bereits zwischen 30 Prozent und 40 Prozent. Keine Frauen sind dagegen in den Aufsichtsräten von Fresenius und Fresenius Medical Care vertreten. Beide Unternehmen lehnen in ihrer Corporate Governance Erklärung im Übrigen auch die Einführung fester Quoten ab.

Insgesamt sind die größten deutschen Aktiengesellschaften damit von einem 30-Prozent-Anteil in ihren Kontrollgremien noch weit entfernt.

Neben den reinen Zahlen der Mandate lohnt sich auch ein genauerer Blick auf die wichtigsten Positionen im Aufsichtsrat:

So ist in den Ausschüssen der Frauenanteil nochmals deutlich schwächer. Nur 11,1 Prozent der Ausschusssitze werden in den DAX30-Unternehmen von Frauen besetzt (7,5 Prozent Arbeitnehmerinnenvertreter, 3,6 Prozent Anteilseignervertreterinnen). Lediglich bei Beiersdorf, der Deutschen Post, Henkel und Infineon leitet eine Frau einen Ausschuss. Der Aufsichtsratsvorsitz ist praktisch vollständig männerdominiert. Nur der Aufsichtsrat von Henkel wählte Familienvertreterin Simone Bagel-Trah zu seiner Vorsitzenden.

Im MDAX zeigt sich ein noch schwächeres Bild. Nachdem die Beteiligung von Frauen im Aufsichtsrat in den Jahren 2006 – 2008 bei rund 8 Prozent stagnierte, erfolgte zwar 2011 ein deutlicher Sprung. Dennoch sind auch 2012 nur 13,71 Prozent der Aufsichtsräte im zweitgrößten deutschen Index weiblich. Auch im MDAX wird mit 7,28 Prozent der größere Teil der Frauen durch die Arbeitnehmerseite gestellt. Die Anteilseigner stellen 6,43 Prozent der weiblichen Gremiumsmitglieder. Den höchsten prozentualen Anteil an weiblichen Aufsichtsräten weisen im MDAX Douglas mit 50 Prozent, Kabel Deutschland mit 42 Prozent und GSW Immobilien mit 33 Prozent aus.

Lassen Sie mich zusammenfassen:

Das Wahljahr 2013 wird vor diesem Hintergrund der Lackmustest für die Flexi-Quote in Deutschland sein. Sollten danach nicht deutliche Fortschritte erkennbar sein, dann steht zu befürchten, dass die Einführung einer gesetzlichen Quote im anstehenden Bundestagswahlkampf aufgegriffen wird. Meine Prognose ist deshalb, eine verbindliche Quotenregelung wird wohl kommen, ob über Berlin oder Brüssel. Dabei können wir alle nur hoffen, dass diese genügend Spielraum lässt für unternehmensspezifische Besonderheiten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Es gilt das gesprochene Wort

Klaus Nieding, Vizepräsident der DSW

Sehr geehrte Damen und Herren,

nachdem Sie nun die Ergebnisse der aktuellen DSW-Aufsichtsratsstudie kennen, lassen Sie mich noch etwas zu den Erwartungen der Schutzvereinigung sagen. Schließlich wird das kommende Jahr zu einer echten Nagelprobe, was die Besetzung der Kontrollgremien insbesondere der großen deutschen Unternehmen angeht. Und die haben nach wie vor eine Vorbildfunktion für die mittleren und kleineren Aktiengesellschaften.

Die Rahmenbedingungen sind dabei mehr als deutlich:

Im Corporate Governance Kodex heißt es zur Zusammensetzung des Kontrollgremiums:

„Der Aufsichtsrat ist so zusammenzusetzen, dass seine Mitglieder insgesamt über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen verfügen.“

Zum Prüfungsausschuss sagt der Kodex:

„Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses soll über besondere Kenntnisse und Erfahrungen in der Anwendung von Rechnungslegungsgrundsätzen und internen Kontrollverfahren verfügen.“

Und doch wird hinter vorgehaltener Hand (wahrscheinlich nicht völlig zu Unrecht) immer wieder vermutet, dass nicht alle Aufsichtsräte in der Lage seien, eine Bilanz bis ins Detail zu lesen.

Das kommende Jahr bietet nun die Chance, die Professionalisierung der Kontrollgremien deutscher Gesellschaften ein großes Stück voran zu bringen. Grund ist die schiere Zahl der anstehenden Neubesetzungen von Aufsichtsratsmandaten.
2013 steht uns ein echtes Superwahljahr ins Haus. Allein im DAX30 werden 86 Kontrolleure der Anteilseignerseite neu gewählt – das ist immerhin ein Drittel aller Kapitalvertreter. Bei den von mir besuchten DAX-Gesellschaften Commerzbank, Deutsche Bank, Fresenius und Merck stehen insgesamt 29 Mandate zur Neuwahl an.

Entscheidend wird dabei aus Sicht der DSW sein, dass tatsächlich die Richtigen für die Positionen zur Wahl gestellt werden. Hierfür trägt der Nominierungsausschuss des Aufsichtsrats die Hauptverantwortung. Auf den Hauptversammlungen des kommenden Jahres werden die Vertreter der Schutzvereinigung daher immer wenn es um das Thema „Aufsichtsratswahl“ geht, die Arbeit dieses Ausschusses besonders kritisch hinterfragen.

In erster Linie wird es dabei um die Transparenz des Auswahlprozesses gehen. Aber auch das zugrunde liegende Anforderungsprofil wird eine wichtige Rolle spielen. Ebenso wie der kritische Abgleich zwischen den in den Aufsichtsratsberichten veröffentlichten Zielen bezüglich der Zusammensetzung des Kontrollgremiums – etwa mit Blick auf Kompetenz oder Diversity –mit dem tatsächlich zur Wahl gestellten Kandidatenportfolio. Natürlich werden wir auch fragen, wie die Kandidaten ausgesucht wurden. Gab es externe Berater oder stammen sie aus dem Netzwerk der alten Aufsichtsräte?

Nun sind die Zeiten, in denen scheidenden Vorstandschef wie selbstverständlich auf den Stuhl des Aufsichtsratsvorsitzenden wechseln, mittlerweile vorbei. Und auch bei der Besetzung „einfacher“ Mandate in den Kontrollgremien winken die Aktionäre die aufgestellten Kandidaten nicht mehr einfach so durch. Heute erwarten die Anteilseigner, dass Ihnen genau erläutert wird, warum der oder die Nominierte für die Position qualifiziert und geeignet ist.

Dabei geht es zum einen um die einzelnen Personen. Verfügen sie über die notwendige berufliche Expertise? Haben sie die Managementerfahrung, die man für eine solche Position benötigt? Genauso wichtig ist aber auch die Zusammensetzung des Gesamtgremiums. Ergänzen sich die Kompetenzbereiche der Kontrolleurinnen und Kontrolleure? Ist eine ausreichende Anzahl unabhängiger Kandidatinnen und Kandidaten im Gremium vertreten? Wie sieht es mit dem Frauenanteil aus? Wie ist es um die internationale Erfahrung des Gremiums bestellt?

Wie Sie sehen, gibt es eine ganze Reihe von Fragen, die uns in der kommenden Hauptversammlungssaison im Zusammenhang mit den anstehenden Aufsichtsratswahlen beschäftigen werden.

Ich kann – gerade auch mit Blick auf die von Frau Benner-Heinacher vorgetragenen Zahlen – nur dringend an die Unternehmen appellieren, bei der Kandidatenkür nicht in alte Muster zu verfallen, und den besten Golfkumpel für eine der vakant werdenden Aufsichtsratspositionen vorzuschlagen. Zumindest dann nicht, wenn es sich dabei nicht um eine ausgewiesene Fachfrau respektive einen ausgewiesenen Fachmann in den für das Kontrollgremium wichtigen Themenbereichen handelt. Sonst könnte auf der Hauptversammlung ein peinlicher Schiffbruch drohen.

Viele Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

DSW_Pressekonferenz_Aufsichtsratsstudie_2012_-_Grafiken_01.pdf