DSW-Watchlist 2013

Angeführt wird die DSW-Wachtlist 2013 von Centrotherm Photovoltaics, einem Unternehmen aus der Solarbranche, die die Hälfte der Top-Ten-Unternehmen stellt. Neben der Commerzbank und dem Energieversorger RWE, die beide schon in der letztjährigen Liste zu finden waren, sind nun auch der RWE-Konkurrent E.ON sowie die Metro AG auf der Watchlist zu finden.

Teilnehmer:

Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer

Klaus Nieding, Vizepräsident

Jürgen Kurz, Pressesprecher

 

Es gilt das gesprochene Wort

 

Meine Damen und Herren,

als wir Ihnen im vergangenen Jahr die DSW-Watchlist vorgestellt haben, lag trotz recht ansehnlicher Unternehmensdaten ein eher mäßiges Börsenjahr hinter uns. Das ist heute ganz anders. Trotz nach wie vor massiver Probleme einiger Staaten in der Euro-Zone und der immer noch schwelenden Staatsschuldenkrise war für das Gros der deutschen Unternehmen das Geschäftsjahr 2012 ausgesprochen erfolgreich. Viele konnten sogar Rekordergebnisse ausweisen.

Eine Entwicklung, die sich auch an den Börsen positiv niederschlug. Der DAX30 legte von rund 5900 Punkten Anfang 2012 bis zum Jahresende auf über 7600 Punkte zu. Das entspricht einem Plus von 29 Prozent. Noch besser schnitten die im MDAX notierten Gesellschaften ab. Sie bescherten ihren Anteilseignern einen Zuwachs von 34 Prozent. Selbst der aufgrund des hohen Anteils an Solarwerten in den vergangenen Jahren nicht gerade verwöhnte TecDAX legte um 21 Prozent zu.

Die Kurse der 50 Gesellschaften, die in der DSW-Watchlist versammelt sind, sanken dagegen im Schnitt um 21 Prozent.

Insgesamt fächert sich die Entwicklung auf, wenn der Betrachtungszeitraum erweitert wird. Hier hat der MDAX sogar einen noch deutlicheren Vorsprung. Der Index, in dem überdurchschnittlich viele exportorientierte Maschinenbauunternehmen gelistet sind, konnte im Fünfjahresvergleich um 21 Prozent und im Dreijahreszeitraum um 51 Prozent zulegen. Der TecDAX bot mit minus 15 respektive plus einem Prozent im Vergleich der Indices den Anlegern die schlechteste Performance. Die im DAX30 versammelten deutschen Schwergewichte mussten im Fünfjahresvergleich ebenfalls ein Minus hinnehmen. Um 5,4 Prozent sank der Index in diesem Zeitraum.

Verglichen mit den verheerenden Werten des Kapitalvernichter-Index „Watchlist“ war das allerdings ein ausgesprochen moderater Rückgang. Hier lag das Minus bei 81 Prozent – im Durchschnitt aller 50 Werte wohlgemerkt. 

Gesellschaft

1 Jahr

3 Jahre

5 Jahre

DAX30

29 Prozent

26 Prozent

-5,4 Prozent

MDAX

34 Prozent

58 Prozent

21 Prozent

SDAX

19 Prozent

48 Prozent

1 Prozent

TecDAX

21 Prozent

1 Prozent

-15 Prozent

DSW-Watchlist

-21 Prozent

-60 Prozent

-81 Prozent

Bevor ich nun zu den Einzelergebnissen der Watchlist komme, die wir auch in diesem Jahr wieder in Zusammenarbeit mit unserer Mitgliederzeitschrift Focus Money erstellt haben, noch ein paar einordnende Worte zu Historie und Systematik:

Entwickelt wurde die Liste bereits in den 90er Jahren. Anfangs war sie nicht mehr als eine Hilfestellung für die DSW-Hauptversammlungssprecher, um schnell erkennen zu können, bei welchen Gesellschaften insbesondere die langfristige Kursentwicklung im Argen lag. 2001 entschlossen wir uns dann, die Watchlist zu veröffentlichen.

Bewusst beschränkten wir uns von Beginn an auf die im Prime Standard notierten Werte, da das die Gesellschaften sind, in die Privatanleger in der Regel ihr Geld investieren.

Der erste Träger der roten Watchlist-Laterne hieß 2001 übrigens Stolberg Telecom. Das Unternehmen meldete 2002 Insolvenz an.

Maximal kann sich das Minuskonto eines Unternehmens auf 1000 Punkte summieren. Der Punktestand setzt sich zusammen aus den Ergebnissen der betrachteten Zeiträume, also der Entwicklung über ein, drei und fünf Jahre.

Die Entwicklung im Fünfjahres-Zeitraum wird am stärksten gewichtet. Die Gesellschaft mit der prozentual höchsten Kapitalvernichtung in dieser Zeit erhält einen Malus von 500 Punkten. Das Dreijahres-Intervall bringt maximal minus 300 Punkte, die Einjahres-Performance kann mit einem Minus von höchstens 200 Punkten zu Buche schlagen. Damit sollen verhindert werden, dass kurzfristige Ausrutscher das Gesamtergebnis beeinflussen.

Dividenden und Sonderzahlungen bleiben bei der Betrachtung, die ein reiner Performancevergleich ist, außen vor. Unternehmen, die noch keine fünf Jahre am Markt sind, werden nicht berücksichtigt. Gleiches galt bisher auch immer für Gesellschaften, die Insolvenz angemeldet haben. Diese Regel haben wir in diesem Jahr aufgrund der gesetzlichen Entwicklungen im vergangenen Jahr etwas angepasst. Dazu aber später mehr.

Kurz noch ein Wort zu den farblichen Markierungen in der Ihnen vorliegenden Liste:

Mit gelb sind Felder gekennzeichnet, wenn der Kursverlust in dem entsprechenden Zeitraum unter 20 Prozent lag. Mit grün sind die Zeiträume markiert, in denen AGs, die sich auf der Watchlist befinden, ein Kursplus geschafft haben. Im Einjahresvergleich waren das immerhin elf Gesellschaften. Im Zweijahreszeitraum konnte nur ein Unternehmen ein Plus verbuchen. Und grau steht für die schlechteste Performance von allen im Prime-Standard vertretenen Werten in dem jeweiligen Zeitraum.

Nun aber zur Liste der 50 größten Kapitalvernichter:

Angeführt wird die Liste von einem Neuling und das gleich in zweierlei Hinsicht. Zum einen war die Centrotherm Photovoltaik AG bisher nicht auf der DSW-Watchlist zu finden. Zum anderen ist das Unternehmen insolvent. Wir haben es trotzdem nicht von der Liste genommen. Grund ist die Tatsache, dass Centrotherm im Rahmen eines sogenannten Insolvenzplans saniert werden soll, dem Gläubiger und Aktionäre im Januar zugestimmt haben.

Centrotherm nutzt dabei das seit dem 1. März 2012 gültige Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG). Zu den wichtigsten Regelungen dieses Gesetzes gehören der Ausbau und die Straffung des Insolvenzplanverfahrens sowie eine Vereinfachung des Zugangs zur Sanierung in Eigenverwaltung. Ob das immer der richtige Weg ist, muss sich aus unserer Sicht allerdings erst noch zeigen.

Nun aber wieder zurück zu Centrotherm Photovoltaik. Nicht neu und wenig überraschen ist die Branche, aus der der Träger der roten Laterne stammt. Es ist – einmal mehr – die Solarbranche, die übrigens die Hälfte der Top-Ten-Unternehmen stellt. Darunter die drei ersten Plätze. Sozusagen eine Dreifach-Niederlage für die Hersteller von Solaranlagen.

Centrotherm wies im Ein- und im Dreijahresvergleich die schlechteste Performance aller untersuchten Unternehmen auf. Im Fünfjahreszeitraum hat es immer noch für Platz zwei gereicht, übertroffen nur vom Vorjahresverlierer Conergy, der sich in der aktuellen Liste immer noch auf Rang sechs wiederfindet. Insgesamt ist die Marktkapitalisierung der Gesellschaft von 1,16 Milliarden Euro Ende 2007 auf 209 Millionen Euro Ende 2012 gefallen. Aktuell liegt der Wert des Unternehmens an der Börse noch bei rund 25 Millionen Euro.

Platz zwei der Watchlist belegt der ehemalige Solar-Branchenprimus SolarWorld. Die Bonner Gesellschaft, deren Gründer Frank Asbeck im Jahr 2008 noch mit einer Kaufofferte für den angeschlagenen Autobauer Opel Schlagzeilen machte, hat mittlerweile selbst akute Probleme. Die auf dem dritten Platz liegende Phoenix Solar kämpft ebenfalls ums Überleben.

Die hohe Präsenz von Werten aus der Solarbranche zeigt deutlich, dass Anleger sich dafür hüten sollten, bei ihren Investitionsentscheidungen Trends als Grundlage zu nutzen, statt einer genauen Analyse. Gerade wenn es um eine Branche geht, deren Geschäftsmodell am Subventionstropf der Regierung hängt, ist das keine gute Idee. Besonders gefährlich wird es, wenn bei der Begeisterung für ein Thema zusätzlich die Risikodiversifizierung des eigenen Depots vergessen wird.

Aber auch die Investition in große Gesellschaften aus vermeintlich sicheren Branchen schützt nicht zuverlässig  vor herben Enttäuschungen. So sind gleich vier Gesellschaften aus dem DAX30 in der Watchlist vertreten. Im vergangenen Jahr waren es lediglich zwei.

Neben der Commerzbank und dem Energieversorger RWE, die beide schon in der letztjährigen Liste zu finden waren, sind nun auch der RWE-Konkurrent E.ON sowie die Metro AG mit von der Partie. Die Commerzbank rangiert auf Platz 20 nach Rang 9 im Vorjahr. E.ON ist auf Platz 35 in die Liste eingestiegen und liegt damit sogar schlechter als die RWE AG, die Rang 43 belegt. Der Handelskonzern Metro ist auf dem 38sten Platz.

Grundsätzlich sei noch betont, dass es nicht unbedingt ein Verkaufssignal sein muss, wenn eine Gesellschaft auf der Liste auftaucht. Ein funktionierendes Geschäftsmodell vorausgesetzt, ist es manchmal sogar genau das Gegenteil. Aber es ist auf jeden Fall ein Warnsignal, das man als Aktionär ernst nehmen sollte. Bei diesen 50 Gesellschaften lohnt es sich, genauer hinzusehen.

 

Die Hauptversammlungsthemen 2013

Dass sich der genaue Blick nicht nur bei den 50 Watchlist-Kandidaten lohnt, hat die noch junge Hauptversammlungssaison bereits eindrucksvoll bewiesen.

Die diesjährige Hauptversammlungssaison hat gleich mit einem Paukenschlag begonnen. Am 18. Januar trafen sich die Aktionäre der ThyssenKrupp AG. Zu diskutieren gab es mehr als genug. Da ist der Verlust von 5 Milliarden Euro, die drohenden Zahlungen wegen der Preisabsprachen zu Lasten der Deutschen Bahn sowie die Entlassung von drei Vorstandsmitgliedern. Nicht zu vergessen das teure Abenteuer in Amerika. Die Aktionäre hatten eine ganze Reihe unangenehmer Fragen an Vorstand und Aufsichtsrat, die aus unserer Sicht nur unzureichend beantwortet wurden.

Die weitere Entwicklung ist bekannt. Mittlerweile hat Gerhard Cromme, der einstmals starke Mann und designierte Nachfolger von Berthold Beitz als Vorsitzender der Krupp-Stiftung, seinen Posten als Aufsichtsratsvorsitzender zur Verfügung gestellt. Mit dem früheren Henkel-Chef Ulrich Lehner hat ein langjähriges ThyssenKrupp-Aufsichtsratsmitglied  den Posten übernommen. Ein Neuanfang sieht unserer Überzeugung nach anders aus.

Sicher taugt die Hauptversammlung der ThyssenKrupp AG aufgrund der existentiellen Probleme des Stahlunternehmens  nicht als Blaupause für die gesamte Hauptversammlungssaison 2013. Dennoch wird es auch in dieser Saison wieder etliche Themen geben, die öfter auftauchen und intensiv diskutiert werden.

Operatives Geschäft im Zentrum

In den Fokus der Investoren werden deutlich mehr als in den Jahren zuvor operative Themen und die Leistungsfähigkeit der Unternehmen rücken. In diesem Zusammenhang wird die Prognoseberichterstattung besonders durchleuchtet werden. Vielfach trauen sich die Unternehmen keinen konkreten Ausblick mehr zu, was sicherlich grundsätzlich nachvollziehbar ist. Allerdings wirkt dies auf Investoren wenig beruhigend und noch weniger geht diese Praxis mit den IFRS-Regeln konform. Der Ausweg liegt hier in einer offenen Kommunikation der Rahmenbedingungen.

Dividenden

Nachdem die Aktionäre im Jahre 2012 durch hohe Dividendenzahlungen verwöhnt wurden, ist die Erwartungshaltung für 2013 entsprechend groß. Trotzdem werden die Sprecher der DSW genau analysieren, ob die vorgeschlagene Dividende tatsächlich verdient wurde oder aber aus der Substanz gezahlt wird. Dies war im Jahr 2012 ganz oder teilweise immerhin bei jedem fünften DAX-Titel der Fall.

Vergütung

In der Hauptversammlungssaison 2013 wird das Thema Vergütung sicher eine bedeutende, in manchen Fällen alles übertünchende Rolle spielen. Das wäre auch ohne Schweizer Volksentscheid bereits der Fall gewesen. Mit der Entscheidung der Eidgenossen ist die Brisanz dieses Themas nochmals angestiegen.

Zwei bis drei Jahre nach der Einführung zeigen die VorstAG-konformen Vergütungssysteme erstmals ihre volle Wirkung und es ist zu prüfen, ob Anpassungen notwendig sind. Insbesondere wird hinterfragt werden, ob das System aus fixer und variabler Vergütung gut austariert ist.

Ebenso entscheidend ist die Transparenz. Die Vergütungssysteme sind für die Aktionäre nur dann durchschaubar, wenn diese transparent und verständlich dargestellt werden. Hier sollten die Unternehmen nicht nur die Systeme selbst, sondern auch die Vergütungsberichte auf Nachvollziehbarkeit hin überprüfen. Je größer die Komplexität des Vergütungssystems, umso intensiver werden die Aktionäre nachfragen. Sinnvoll ist es hierbei mit Worst- und Best-Case-Szenarien zu arbeiten. Zum Thema Vorstandsvergütung gehören übrigens auch die Pensionszusagen.

Superwahljahr 2013

In der Hauptversammlungssaison 2013 werden allein im DAX rund 70 neue Aufsichtsratsmitglieder der Kapitalseite gewählt. Hier geht es darum, dass der Aufsichtsrat oder der Nominierungsausschuss den gesamten Nominierungsprozess möglichst transparent macht. Falls die Transparenz zu wünschen übrig lässt, werden wir konsequent nachhaken. Sicherlich wird in diesem Zusammenhang die Diversity-Diskussion auch im Jahr 2013 ein ständiger Begleiter sein. Das sollten die Aufsichtsratsvorsitzenden aber nicht als Problem ansehen, sondern als Chance nutzen, über die Zielzusammensetzung des Gremiums zu informieren.

Fazit

Insgesamt gehen wir davon aus, dass die Hauptversammlungssaison 2013 ruhig verläuft, auch wenn die Aktionärstreffen von ThyssenKrupp und Siemens etwas anderes vermuten lassen. Die meisten deutschen Unternehmen haben gut gewirtschaftet und sehen sich damit in der angenehmen Situation, positive Ergebnisse zeigen zu können. Das entlarvt wiederum die Unternehmen, die nicht in der Lage waren, in diesem positiven Umfeld respektable Ergebnisse abzuliefern. Die Hauptversammlungen dieser Gesellschaften werden daher umso ungemütlicher ausfallen.

Damit bin ich auch schon am Ende meines kurzen Parforceritts durch die Hauptversammlungsthemen 2013.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und stehe Ihnen nun gerne für Fragen zur Verfügung.

DSW_Watchlist_-_Liste_2013.pdf