DSW-Vorstandsvergütungsstudie 2019

Teilnehmer seitens der DSW:

Marc Tüngler, DSW-Hauptgeschäftsführer

Professor Dr. Gunther Friedl, Technische Universität München, Lehrstuhl für Controlling

Christiane Hölz, DSW-Vergütungsexpertin

Jürgen Kurz, Pressesprecher

 

Es gilt das gesprochene Wort

 

(Redner: Marc Tüngler)

Meine Damen und Herren,

auch ich darf Sie wieder herzlich zu unserer Pressekonferenz anlässlich der Vorstellung der aktuellen Vorstandsvergütungsstudie hier in Frankfurt begrüßen.

Mittlerweile legen wir dieser Untersuchung bereits seit fast 20 Jahren vor. Im Jahr 2000 hat die DSW damit begonnen, die Vorstandsgehälter genauer zu analysieren. Von Transparenz konnte damals nicht einmal ansatzweise die Rede sein. Das änderte sich erst mit dem im August 2005 in Kraft getretenen Vorstandsvergütungsoffenlegungsgesetz (VorstOG), das – so viel Unbescheidenheit darf sein – nicht zuletzt aufgrund des öffentlichen Drucks zustande gekommen ist, zu dem auch die DSW-Studie einiges beigetragen hat.

Seitdem müssen alle in Deutschland börsennotierten Unternehmen die Gehälter ihrer Vorstände individualisiert veröffentlichen. Wobei „alle“ nicht ganz korrekt ist. Bis heute gibt es Gesellschaften, die mittels der sogenannten Opting Out-Regel die individualisierte Veröffentlichung der Vorstandsgehälter verhindern. Darunter so illustre Namen wie Axel Springer. Dazu, dass diese Praxis schon bald obsolet sein wird, komme ich etwas später. Immerhin zeigt die Tatsache, dass Rocket Internet einen eigentlich geplanten Oping-Out-Vorschlag im Vorfeld der Hauptversammlung auf Investorendruck von der Tagesordnung genommen hat, dass sich bereits jetzt etwas in die richtige Richtung bewegt.

Zunächst lassen Sie mich aber herzlich Christiane Hölz begrüßen, die Ihnen die Ergebnisse des internationalen Vergleichs der Vorstandsgehälter vorstellen wird sowie die MDAX-Zahlen und natürlich Professor Gunther Friedl, der alle Daten und Fakten rund um die Vorstandsvergütungen der im DAX notierten Unternehmen im Detail darstellen wird.

Die Zusammenarbeit bei der Erstellung der Vorstandsvergütungsstudie von DSW und dem Lehrstuhl für Controlling der TU München, dessen Inhaber Professor Friedl ist, währt nun übrigens bereits seit 2007.

Dass die Vorstandsvergütung immer noch ein intensiv diskutiertes Thema ist, muss ich in diesem Kreis nicht sonderlich erwähnen. Der Fokus hat sich im Laufe der Zeit allerdings immer mal wieder ein wenig verschoben. Ging es zu Beginn schlicht darum, dass die Aktionäre gerne wissen wollten, wie viel jeder Vorstand individuell bekommt, da nur so einzuschätzen ist, inwieweit die Vergütung etwas mit der Leistung zu tun hat, steht heute eher die oft mangelnde Verständlichkeit der Vorstandvergütungssysteme im Mittelpunkt. Die zentrale Frage, die die Eigentümer beantwortet wissen wollen, hat sich allerdings nicht wesentlich verändert: Warum bekommt ein Vorstand sein Gehalt in der Höhe X oder Y. Sicher, gute Leistung soll gut vergütet werden. Wenn es aber schlecht läuft, muss der Vorstand dies ebenfalls im Portemonnaie spüren.

Parallel dazu lief und läuft natürlich die Grunddiskussion über die absolute Höhe der Gehälter weiter. Als eine Art Ableger dieses Diskussionszweigs ist in den vergangenen Jahren noch das hochpolitische Thema der Vertikalität hinzugekommen. Dabei wird darauf abgezielt, wie das Verhältnis von Vorstandsgehalt zum Durchschnittsgehalt eines Arbeitnehmers der jeweiligen AG aussieht. Ein Thema übrigens, dass in den Aufsichtsräten heute bereits stark diskutiert wird. Woran es bisher mangelte, war die Transparenz, die wir über das ARUG II nun aber bekommen werden.

Denn klar ist, dass es spätestens ab der Hauptversammlungssaison 2021 einige Änderungen in Sachen Vorstandsvergütung geben wird. Ein wichtiger Teil der Umsetzung einer EU-Richtlinie – und zwar der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (SRD II) – ist schließlich die Neuregelung der Darstellung der Vorstandsvergütung. Danach wird die bisher freiwillige Vorlage des Vergütungssystems an die Hauptversammlung, das sogenannte „Say on Pay“, verpflichtend.

Zudem müssen die AGs jährlich einen Bericht – der laut ARUG II „allgemein verständlich“ zu sein hat – über die Vergütung von Vorstand und Aufsichtsrat der Hauptversammlung zur Abstimmung vorlegen und zwar individualisiert. Damit fällt die Möglichkeit, der individualisierten Veröffentlichung der Vorstandsgehälter mittels Opting Out zu entgehen, endgültig und zu Recht weg.

Über das Vorstandsvergütungssystem soll die Hauptversammlung dann bei wesentlichen Veränderungen, mindestens aber alle vier Jahre abstimmen. Streitpunkt ist dabei das in der EU-Richtlinie den nationalen Gesetzgebern eingeräumte Wahlrecht, hier entweder ein rechtlich verbindliches oder ein empfehlendes Say on Pay-Votum festzuschreiben. In das zweistufige deutsche System von Hauptversammlung und Aufsichtsrat passt das empfehlende Votum deutlich besser, denn hierzulande ist es der Aufsichtsrat, der das System der Vorstandsvergütung und ihre Höhe festzulegen und zu verantworten hat.

Die Erfahrung der vergangenen Jahre hat zudem gezeigt, wie machtvoll auch ein solch beratendes Votum der Hauptversammlung sein kann, wenn es negativ ausfällt oder das zur Abstimmung stehende Vergütungssystem nur mit knapper Mehrheit gebilligt wird.

In der laufenden HV-Saison stand das Vergütungssystem bei vier DAX-Werten zur Abstimmung. Lediglich die Deutsche Lufthansa ist mit ihrem Vergütungssystem bei ihren Anteilseignern auf wenig Gegenliebe gestoßen.

 

DAX30 (Ja-Stimmen zu HV-Tagesordnungspunkt Vorstandsvergütung)

Allianz

92,11 Prozent

Daimler

97,87 Prozent

Deutsche Lufthansa

57,42 Prozent

HeidelbergCement

93,37 Prozent

Im MDAX steht oder stand die Vorstandsvergütung bisher auf den Tagesordnungen von sechs Hauptversammlungen. Mit Pauken und Trompeten durchgefallen ist das System der Norma Group.

 

MDAX (Ja-Stimmen zu HV-Tagesordnungspunkt Vorstandsvergütung / HV-Termin)

Airbus

98 Prozent

Deutsche Pfandbriefbank

07. Juni 2019

Dialog Semiconductor

68,69 Prozent

Evotec

19. Juni 2019

Gea Group

93,85 Prozent

Norma Group

22,90 Prozent

Während das ARUG II sich was die Vorstandsvergütung angeht in erster Linie mit dem Einfluss und der via Hauptversammlung institutionalisierten Information der Aktionäre beschäftigt, werden die im Mai 2019 beschlossenen Neuerungen des Deutschen Corporate Governance Kodex vor allem Einfluss auf die Ausgestaltung und Ausrichtung der Vergütungssysteme haben.

Ziel der Änderungen im Kodex ist es insbesondere, den Einfluss der Unternehmensstrategie auf die Vergütung bereits bei der Gewährung zu stärken, wie es auch das ARUG II ausdrücklich vorsieht.

Um dies zu erreichen, geht der Kodex neue Wege. Aufsichtsräte sollen sich nicht mehr hinter komplizierten und kaum nachvollziehbaren mathematischen Formeln verstecken können. Vielmehr soll das Kontrollgremium stärker berücksichtigen, welchen Beitrag der jeweilige Vorstand zur Erreichung strategischer Ziele geleistet hat. Der Aufsichtsrat muss sich also intensiver als heute mit der Strategie und deren Umsetzung durch den Vorstand auseinandersetzen. Oder anders formuliert: Der Aufsichtsrat soll sich nicht nur auf den Output von Maßnahmen konzentrieren, sondern auch den Input bewerten. Was konkret hat der Vorstand unternommen, um die strategischen Ziele zu erreichen? Das ist die Frage, die sich Aufsichtsräte bei der langfristigen Vergütung auf Jahresbasis stellen müssen. Danach wird geschaut, was daraus geworden ist. So werden Maßnahmen und Wirkung auch bei der Vergütung richtig miteinander verknüpft.

Denn mit der Vorstandsvergütung sollen die richtigen Anreize für ein langfristiges sowie nachhaltiges Vorstandshandeln gesetzt sowie erbrachte Leistungen angemessen vergütet werden. Dabei gilt es auch, die gesellschaftliche Akzeptanz nicht aus den Augen zu verlieren.

Seinem Top Down-Ansatz bleibt der Kodex dabei treu. Danach soll die individuelle Ziel-Gesamtvergütung alle Vergütungselemente umfassen und zudem durch eine Maximalvergütung (Cap) ergänzt werden. Die Gesamtvergütung besteht dabei in der Regel aus fixen und variablen leistungsabhängigen Elementen.

Der Fixvergütung sind auch die Pensionszahlungen zuzuordnen. Das ist ebenfalls neu, obwohl die DSW diesen – teilweise wesentlichen – Vergütungsbaustein schon immer im Blick hatte. Immerhin sehen wir – endlich – Bewegung bei dem Thema Pensionen. Seit längerem fordern wir, dass sich Vorstände selbst um ihre Altersvorsorge kümmern sollten, damit die Unternehmen nicht zusätzlich über deren Amtszeit hinaus belastet werden.

Die variablen Vergütungsbestandteile bleiben der wesentliche materielle Anreiz, um die Ziele der Geschäftspolitik zu verfolgen. Sie sind Motivation und Belohnung für konkretes Handeln, für operative Leistungen, für eine strategische Ausrichtung, die die langfristige Entwicklung der Gesellschaft fördert, und für verantwortungsbewusstes Verhalten. Der Zusammenhang zwischen der Erreichung der Ziele und der variablen Vergütung muss vorher festgelegt und darf nicht nachträglich verändert werden.

Wie neue Vergütungsmodelle, wie etwa das in diesem Jahr vom Mode-Versandhändler Zalando auf seiner Hauptversammlung zur Abstimmung gestellte, in diesen Rahmen passen, wird noch zu hinterfragen sein. Bei dem Zalando-Modell handelt es sich um ein in Deutschland bisher unübliches Vergütungssystem, das auf einem Festgehalt verbunden mit einem Optionsprogramm basiert. In der Folge kann das Vorstandsgehalt in den kommenden fünf Jahren, je nach Lage, zwischen 325.000 Euro (fünf Mal das jährliche Festgehalt, das mit 65.000 Euro sehr niedrig angesetzt ist) und 170 Millionen Euro liegen. Damit würden absolute Höhen erreicht, die selbst in den für teilweise extrem hohe Vorstandsvergütungen bekannten USA nur sehr wenige Manager bisher erzielen konnten.

Auch ob die mit solchen Systemen gesetzten Anreize die richtigen sind, ist fraglich. Sollte während der Laufzeit des Programms klar werden, dass die gesetzten Ziele nicht erreicht werden können und damit – im schlimmsten Fall – ein Rücksetzer der Vergütung bis auf das geringe Fixgehalt droht, dürfte das entweder die Motivation deutlich senken, oder die Bereitschaft Risiken einzugehen massiv erhöhen.

Dieses System zeigt außerdem, dass die Annahme, es komme lediglich darauf an, was ein Unternehmen für die Vorstandsvergütung aufwenden muss, und nicht auf die Summe, die ein Vorstand aus dem System erhalten kann, zu kurz greift. Der gesellschaftliche Diskurs wird sich immer darauf beziehen, was der Vorstand aus dem System erhält und in seinem Portemonnaie wiederfindet. Aktionäre werden mehr darauf achten, was die Gesellschaft für die Vergütung aufzuwenden hat. Ein Aufsichtsrat sollte beide Aspekte betrachten sowie Maß und Mitte halten.

Bevor ich nun gleich das Wort an Professor Friedl abgebe, möchte ich noch kurz auf ein anderes, für Aktionäre immer wieder ärgerliches Vergütungsthema kommen: Es geht um aus unserer Sicht ungerechtfertigte Abfindungszahlungen an Vorstände, deren Verträge auf deren eigenen Wunsch aufgehoben werden. Die in solchen Fällen gewählte Beschreibung lautet in der Regel „einvernehmlich“. Wir haben das in jüngster Vergangenheit bei ThyssenKrupp oder Vonovia erleben müssen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum ein Vorstand, der selber entscheidet, seinen Vertrag nicht bis zum Ende der Laufzeit zu erfüllen, dafür auch noch finanziell belohnt wird. Eigentlich wäre es deutlich logischer, wenn das Unternehmen von dem freiwillig scheidenden Manager für die mit der Suche nach einem Nachfolger verbundenen Kosten entschädigt würde – mit einer Art Vorfälligkeitsentschädigung.

Damit übergebe ich aber das Wort an Herrn Professor Friedl, der nun die detaillierten Untersuchungsergebnisse der Vorstandsvergütungsstudie vorstellen wird.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Redner: Professor Dr. Gunther Friedl)

 Meine sehr verehrten Damen und Herren,

die Vorstandsgehälter der DAX 30 Unternehmen sind im letzten Jahr etwas zurückgegangen. Im Durchschnitt ist die Vergütung um 3,5% gesunken. Damit entwickelt sich die Vorstandsvergütung in eine andere Richtung als die Bruttolöhne und –gehälter in Deutschland. Diese sind nämlich im gleichen Zeitraum um 3,1% gewachsen. Der Trend wachsender Vorstandsgehälter ist damit erst einmal gebrochen. Der Unterschied zu den Mitarbeitern der DAX-Unternehmen ist aber immer noch hoch. Die Vorstände haben 2018 wie im Vorjahr das 52-fache ihrer Mitarbeiter verdient.

Die Gehaltsminderung bei den DAX-Vorständen geht einher mit einer äußerst schlechten Performance des DAX in 2018. Er verlor im Jahresvergleich 18,3% an Wert. Gleichzeitig stiegen aber die operativen Gewinne der 2018 im DAX gelisteten Unternehmen von 124 Milliarden Euro im Vorjahr auf nun 131 Milliarden Euro leicht an. Der leichte Rückgang der Chefgehälter im letzten Jahr passt also zur wirtschaftlichen Lage. Als reiner Kostenfaktor spielen die Vorstandsgehälter für die DAX-Unternehmen ohnehin kaum eine Rolle. Sie machen lediglich 0,5% der Gewinne aus.

Bemerkenswert ist die große Veränderung bei der Struktur der Vergütung. Vorstände erhalten im Wesentlichen die drei Bestandteile Fixvergütung, variable Vergütung und aktienkursbasierte Vergütung. Und hier gibt es eine starke Verschiebung hin zu aktienkursorientierter Vergütung. Sie nahm um 10,2% zu und macht inzwischen 30,4% der Gesamtvergütung aus. Diesen Trend halten wir für richtig, weil der Aktienkurs die langfristige Wertentwicklung eines Unternehmens am besten widerspiegelt. Ich finde, dass man das gut an den Geschäftszahlen des Jahres 2018 sehen kann. Die Gewinne stiegen, aber die rückläufigen Aktienkurse deuteten bereits an, dass sich die Zukunftsaussichten für die deutschen Unternehmen verschlechtert haben.

Die Fixvergütung ist um 1,0% gestiegen und trägt 32,9% zur Gesamtvergütung bei. Damit hat sich dieser unseres Erachtens sehr hohe Anteil kaum verändert. Deutlich zurückgegangen sind die variablen Boni. Aber trotz des Rückgangs um immerhin 15,6% machen sie mit einem Anteil von 36,7% an der Gesamtvergütung immer noch den größten Teil der Vergütung aus.

Spitzenreiter bei der Vergütung ist in diesem Jahr Volkswagen. Mit durchschnittlich 6,0 Millionen Euro je Vorstandsmitglied lag die Vergütung deutlich über der von Merck, wo die Vorstände im Schnitt 5,2 Millionen Euro verdienten. Etwas überraschend nimmt die Deutsche Bank den dritten Platz der Topverdiener ein. Ein Vorstandsmitglied verdiente im Jahr 2018 dort durchschnittlich 5,1 Millionen Euro, und das, obwohl die Deutsche Bank sich augenscheinlich nicht auf einem Erfolgskurs befindet.

Entsprechend beobachten wir bei der Deutschen Bank den stärksten Anstieg der Vergütung. Die Vergütung stieg um 55,2% gegenüber dem Vorjahr. Interessanterweise entspricht das beinahe exakt dem prozentualen Wert, den die Aktionäre der Deutschen Bank 2018 verloren.

Ein weiteres Unternehmen mit einem vergleichsweise hohen Anstieg ist Fresenius Medical Care. Dort durften sich die Vorstände über ein Plus von 14,6% freuen.

Es gab aber auch Rückgänge. Jeweils mehr als 30% Gehaltsrückgang mussten die Vorstände von BMW und der Deutschen Post hinnehmen. Wir halten es für richtig, dass Vorstandsgehälter stark schwanken. Allerdings hatten wir in diesem Jahr erhebliche Schwierigkeiten, die Schwankungen auf positive oder negative Veränderungen in der Unternehmensperformance zurückzuführen. Hier wären entsprechende Erläuterungen in den Geschäftsberichten sicher hilfreich.

In diesem Jahr haben wir erneut Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen sowie zwischen Deutschen und Nicht-Deutschen ausgewertet. Dabei zeigt sich, dass männliche Vorstände mit durchschnittlich 3,6 Millionen Euro deutlich mehr als ihre weiblichen Kolleginnen verdienen, die auf 3,1 Millionen Euro kommen. Dieser Unterschied ist aber kein Indiz für den sogenannten Gender-Pay-Gap, sondern lässt sich durch die unterschiedlichen Funktionen und Unternehmen erklären. So gibt es nach wie vor in den DAX-Unternehmen keine einzige weibliche Vorstandsvorsitzende, und diese verdienen bekanntlich mehr als die übrigen Vorstände.

Interessant sind auch unsere Ergebnisse im Hinblick auf die Nationalität. Nicht-Deutsche Vorstandsmitglieder verdienen mit durchschnittlich 3,7 Millionen Euro etwas mehr als deren deutsche Kolleginnen und Kollegen, die auf 3,4 Millionen Euro kommen.

Die Transparenz der Vorstandsvergütung in den DAX-Unternehmen ist im Gegensatz zu manchem MDAX-Unternehmen insgesamt auf einem sehr hohen Niveau. Die meisten DAX-Unternehmen verwenden die Mustertabellen, die die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex zur Anwendung empfiehlt. Auch die Pensionen der DAX-Vorstände sind inzwischen klarer dargestellt. Der durchschnittliche jährliche Wert der Pensionszusagen für die DAX-Vorstandsvorsitzenden hat sich im vergangenen Jahr kaum verändert und liegt in 2018 bei 661 Tausend Euro. Dabei gibt es eine hohe Schwankungsbreite, die zwischen 33 Tausend Euro und 2,9 Millionen Euro liegt. Wichtig dabei ist, dass wir diese Werte nicht bei der Gesamtvergütung berücksichtigt haben, sie also die von uns berechnete Vergütung noch weiter erhöhen.

Lassen Sie mich nun zu einigen interessanten Einzelergebnissen unserer Studie kommen. Der Bestverdiener unter den Vorstandsvorsitzenden im DAX war wie bereits im Vorjahr Bill McDermott von SAP mit einer Gesamtvergütung von 10,8 Mio. Euro. Damit hat er zum dritten Mal die 10 Millionen Schallmauer durchbrochen. Gleichzeitig führt er das derzeit wertvollste Unternehmen im DAX. Zweiter wurde ebenfalls wie im Vorjahr der Vorsitzende von Volkswagen, in diesem Jahr Dr. Herbert Diess mit 7,9 Mio. Euro. Erstmals Dritter wurde Dr. Bernd Scheifele von Heidelberg Cement mit 7,3 Mio. Euro. Im Schnitt erhielten die Vorstandsvorsitzenden der DAX-Unternehmen 5,4 Mio. Euro und damit deutlich mehr als im Vorjahr und vor allem deutlich mehr als ihre Vorstandskollegen, deren durchschnittliche Vergütung sich auf 3,1 Mio. Euro belief.

Meine Damen und Herren,

Der Motor der deutschen Wirtschaft geriet 2018 ins Stocken, die Börsenkurse gingen teilweise deutlich zurück und die Geschäftserwartungen haben sich eingetrübt. Die Veränderungen, die wir bei der Vergütung der Vorstände beobachten, tragen diesen Entwicklungen weitgehend Rechnung. Die Verschiebung hin zu einer stärker aktienkursorientierten Vergütung geht ebenfalls in die richtige Richtung.

Wir brauchen Vorstände, die in einer Zeit des Umbruchs kalkulierte unternehmerische Risiken eingehen und ihre Unternehmen im internationalen Wettbewerb erfolgreich positionieren. In der Gesamtschau sollten wir uns über das Funktionieren des Systems freuen.

Trotzdem gibt es einzelne Fälle, in denen unklar ist, ob zu hohe Risiken eingegangen wurden und Entscheidungen ausreichend hinterfragt wurden. Ich halte es für wichtig, auch solche Fälle ausführlich zu diskutieren. Dabei darf es nicht darum gehen, mit dem Finger auf vermeintlich Schuldige zu zeigen, sondern vielmehr, aus solchen Fällen zu lernen, damit wir auch künftig in Deutschland zahlreiche erfolgreiche Unternehmen haben, die ihrer gesellschaftlichen Verantwortung für ein Funktionieren der Wirtschaft und die Sicherung von Arbeitsplätzen nachkommen. Und dafür tragen Vorstände und die sie beaufsichtigenden Aufsichtsräte eine große Verantwortung.

 

(Rednerin: Christiane Hölz)

Vielen Dank Herr Professor Friedl,

meine Damen und Herren,

nach diesem ausführlichen Blick auf die Vergütung der DAX-Vorstände, lassen Sie mich, bevor ich zu den Zahlen im internationalen Vergleich komme, einen kurzen Blick auf den MDAX werfen. Denn auch in der zweiten Liga der deutschen Aktiengesellschaften liegen die Vorstandsgehälter durchaus auf hohem Niveau.

Die absolute Spitze, nicht nur im MDAX, markiert der Mode-Versender Zalando. Das Unternehmen hat mit Robert Genz, David Schneider und Rubin Ritter drei gleichberechtigte CEOs, denen unter anderem aufgrund eines neuen Long Term Incentive Programms jeweils eine Summe von knapp 19,4 Millionen Euro für ihre Arbeit im vergangenen Geschäftsjahr gewährt wurde. Das ist fast das Doppelte von dem, was Herr McDermott von SAP erhalten hat.

Gegenüber dem Vorjahr ist das bei Zalando eine Steigerung von 9.207 Prozent. Da nimmt sich das Plus von 570 Prozent bei Scout24, der Gesellschaft mit der zweitgrößten Steigerungsrate bei den Vorstandsgehältern im MDAX, schon fast bescheiden aus.

Auf Platz zwei bei den Vorstandsvorsitzenden liegt im MDAX mit knapp 6,9 Millionen Euro Dr. Mathias Döpfner von Axel Springer. Wobei wir, da Axel Springer zu den fünf MDAX-Gesellschaften gehört, die die Vorstandsvergütung nicht individualisiert ausweisen, hier auf eine Schätzung angewiesen sind.

Platz drei belegt mit rund 5,5 Millionen Euro der Chef von Hochtief, Fernandez Verdes.

Die durchschnittliche Vergütung eines MDAX-Vorstandsmitglieds (inkl. Vorsitzender) lag für das Geschäftsjahr 2018 bei knapp 2,2 Millionen Euro und damit rund 1,3 Millionen Euro unter dem Durchschnittswert der DAX-Gesellschaften.

Meine Damen und Herren,

damit möchte ich die rein deutschen Gefilde verlassen. Wir haben im Rahmen der Studie schließlich ebenfalls analysiert, wie es im internationalen Vergleich um die Vergütung der deutschen Manager bestellt ist. Und – so viel bereits vorweg – nach wie vor wachsen die Bäume hierzulande, von einzelnen Ausnahmen mal abgesehen, nicht in den Himmel.

Analysiert wurden jeweils die Bezüge der Vorstandsvorsitzenden der Unternehmen in den Leitindizes Dow Jones Industrial Average (USA), CAC40 (Frankreich) und SMI (Schweiz) sowie die Bezüge der Vorstandsvorsitzenden der EuroStoxx 50-Unternehmen. Einbezogen wurden das Grundgehalt, die variable Barvergütung sowie die aktienkursbasierten Vergütungskomponenten. Pensions- und sonstige Vorsorgeleistungen haben wir ebenso unberücksichtigt gelassen wie Leistungen, die bei Wahrnehmung einer – in Deutschland aufgrund des zweistufigen Boardsystems unbekannten – Doppelfunktion von CEO und Chairman für die Aufsichtsfunktion als Chairman gezahlt wurden. Beträge in Fremdwährungen haben wir mit dem Jahresdurchschnittskurs 2018 in Euro umgerechnet.

Die durchschnittliche Gesamtvergütung der DAX-CEOs von gut 5,4 Millionen Euro liegt – wie das auch in den vergangenen Jahren der Fall war – wieder über der ihrer französischen Kollegen (rund 5,1 Millionen Euro). Der Abstand hat sich allerdings verringert. In der Vorjahresuntersuchung lag der Gap noch bei etwa 900.000 Euro.

Die durchschnittliche Vergütung der Schweizer CEOs lag mit knapp 6,0 Millionen Euro über der ihrer deutschen Kollegen. Auch das ist eine aus den Vorjahren bereits bekannte Rangfolge. Anders sieht es bei den EuroStoxx 50 notierten Gesellschaften (ex-Deutschland) aus. Lagen diese in der Vorjahresuntersuchung noch hinter den deutschen Vorstandschefs, sind sie in der aktuellen Studie mit einer Durchschnittsvergütung von rund 6,2 Millionen Euro nicht nur an den Deutschen, sondern auch an den Schweizer CEOs vorbeigezogen.

Während die Vergütung sowohl in der Schweiz als auch Deutschland, wenn auch mit unterschiedlicher Dynamik, rückläufig war, hoben die nicht deutschen EuroStoxx50-Gesellschaften die Vergütung für ihre Vorstandsvorsitzenden um fast 12 Prozent an. Wesentlichen Anteil an dieser Entwicklung hatte allerdings die Vergütung des Topverdieners in diesem Index, Carlos Brito, CEO von AB InBev.

Einen noch stärkeren Anstieg verzeichnete die im US-Index DJIA notierten Unternehmen. Um 14,4 Prozent auf nun knapp 19,9 Millionen Euro stieg dort die Durchschnitts-CEO-Vergütung. Dabei stellt mit rund 13,2 Millionen Euro die aktienkursbasierte Vergütung – wie in den USA üblich – den Löwenanteil.

Dass die Entwicklung der Höhe der Vorstandsvergütung in Europa in eine ähnliche Richtung gehen könnte, zeigen die Top-Verdiener:

Die höchste Gesamtvergütung in Europa über die von uns untersuchten Indizes hinweg erhielt mit gut 31,8 Millionen Euro der Vorstandsvorsitzende des belgischen Getränkegiganten AB InBev, Carlos Brito. Auf Platz zwei folgte mit rund 22,9 Millionen Euro Bernard Charlès, CEO von Dassault Systems. Rang drei hat mit 12,6 Millionen Euro der Roche-Chef Severin Schwan inne.

Im DJIA erhielt erneut Disney-Boss Robert Iger die höchste Vergütung. Insgesamt summieren sich seine Vergütungsbestandteile auf knapp 55,6 Millionen Euro. Im letzten Jahr lag Iger mit rund 32 Millionen Euro ebenfalls an der Spitze der Liste der US-Top-Verdiener. Unverändert auf Rang Zwei folgt James Dimon. Der CEO von JPMorgan Chase wurde mit 23,3 Millionen Euro vergütet. Im Vorjahr lag seine Vergütung bei 25 Millionen Euro. Rang drei hat mit rund 21,9 Millionen Euro Microsoft CEO Satya Nadella inne.

Dass mit diesen Zahlen der Zenit noch lange nicht erreicht sein muss, zeigt ein Blick auf das Vergütungssystem des Elektrofahrzeugbauers Tesla, das eine Art Zalando hoch zehn ist. Im Rahmen eines auf zehn Jahre angelegten Programms könnte das Gehalt von Tesla-CEO Elon Musk eine Gesamtsumme von 1,9 Milliarden Euro erreichen. Sicher, das Grundgehalt ist niedrig und die Hürden sind hoch, trotzdem muss die Frage erlaubt sein, inwieweit eine solche Hop-oder-Top-Wette zu vernünftigem, langfristig orientiertem unternehmerischen Handeln motivieren soll.

Meine Damen und Herren,

bevor ich zum Ende komme, erlauben Sie mir noch einen Hinweis zum Thema Deutscher Corporate Governance Kodex. Herr Tüngler hat zu Beginn ja bereits auf die Änderungen gerade mit Blick auf das Thema „Vorstandsvergütung“ hingewiesen. Einen Wermutstropfen gibt es dabei allerdings doch: Der Verzicht auf die Mustertabellen. Diese Entscheidung dürfte die Transparenz und die Vergleichbarkeit der Vorstandsvergütungssysteme hierzulande bedeutend verschlechtern. Zwar setzt die mit dem ARUG II umzusetzende EU-Richtlinie ebenfalls auf – freiwillig zu nutzende – Mustertabellen, wenn es um die Darstellung der Vorstandsvergütung geht. Diese haben aber deutlich weniger Aussagekraft als die bisherigen Kodex-Tabellen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Tabellen Vergütungsstudie 2019

Präsentation Vergütungsstudie 2019