Was versteht man unter einem Statusverfahren?

Frage: Als Aktionär der Deutschen Börse AG verfolge ich mit großem Interesse die Diskussion über die „richtige“ Zusammensetzung des Aufsichtsrates. Hier ist immer wieder von einem so genannten Statusverfahren die Rede. Könnten Sie mir bitte erläutern, was es mit diesem Statusverfahren im deutschen Aktienrecht auf sich hat und was die jüngste Entscheidung des Landgerichts Frankfurt konkret für den Aufsichtsrat der Deutschen Börse bedeutet?

Dieter J. aus Walldorf

 

 

 

Antwort: In einem aktienrechtlichen Statusverfahren prüft das jeweils zuständige Landgericht am Sitz der AG nach § 98 Aktiengesetz, ob der Aufsichtsrat unter den Aspekten der Mitbestimmung richtig zusammengesetzt ist. So gilt bei Kapitalgesellschaften wie der Deutsche Börse AG, dass der Aufsichtsrat bis zu einem Drittel aus Arbeitnehmervertretern bestehen muss (Basis ist das Drittelbeteiligungsgesetz), wenn in der Regel mehr als 500 und bis zu 2000 Arbeitnehmer im Unternehmen beschäftigt werden. Sofern regelmäßig mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigt werden, greift das Mitbestimmungsgesetz und dann muss sich der Aufsichtsrat je zur Hälfte aus Anteilseignern- und Arbeitnehmervertretern zusammensetzen. Bisher wurden die Arbeitnehmer ausländischer Konzernunternehmen bei der Betrachtung außer Acht gelassen.

 

Beispiel Deutsche Börse: Sie beschäftigt insgesamt zirka 3590 Arbeitnehmer im Konzern davon nur 1624 in Deutschland. Auf Antrag eines Aktionärs hat nun überraschenderweise das LG Frankfurt festgestellt (AZ 3-16 O1/14), dass bei Frage, Ob Drittelbeteiligungs- oder Mitbestimmungsgesetz gelten, nicht nur die Arbeitnehmer in Deutschland, sondern auch die Mitarbeiter im Ausland hinzuzurechnen sind. Im Ergebnis sei deshalb der Aufsichtsrat der Deutschen Börse in seiner aktuellen Zusammensetzung nicht richtig besetzt, da dieser aktuell nur mit einem Drittel Arbeitnehmer besetzt ist, argumentierten die Richter. 

Diese Entscheidung des Landgerichtes Frankfurt weicht von der bisherigen Rechtsprechung ab. Sobald diese Entscheidung rechtskräftig wird, ist der Aufsichtsrat entsprechend zusammen zu setzen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Entscheidung man aber davon ausgehen können, dass die Deutsche Börse zunächst Rechtsmittel einlegen wird. 

Jella Benner-Heinacher