Stellungnahme zu dem Entwurf eines Umsetzungsgesetzes zur AIFM-Richtlinie

Grundsätzlich gilt bereits vorab festzuhalten, dass die DSW die Umsetzung in der vorliegenden Form begrüßt und im Wesentlichen allein bei einzelnen, unten aufgeführten Aspekten Anpassungen als sinnvoll wertet.

I. Einleitende Anmerkungen

Die Erfahrungen der Privatanleger mit von dem vorliegenden Gesetzesentwurf tangierten Produkten fallen in den letzten Jahrzehnten äußerst heterogen aus. Insofern wollen wir geschlossene Produkte oder auch offene (Immobilien-)Fonds jedoch nicht grundsätzlich negativ werten oder gar verteufeln, sondern auch hier gilt es, differenziert hinzuschauen.

Entscheidend ist, dass die Transparenz und damit zugleich die Kontrolldichte angemessen und durch sachgerechte Maßnahmen erhöht werden. Das war sicherlich bisher nicht flächendeckend Fall.

Dass insbesondere geschlossene und alternative Produkte durch die Regulierung aus dem Grauen Kapitalmarkt in den Regulierten Bereich gehoben werden, werten wir ausgesprochen positiv und sollte im Kern auch die einschlägigen Anbieter positiv stimmen.

Wenn allerdings zugleich vereinzelt Warnungen vor einer Überregulierung laut werden, so sollten diese „Stimmen“ nicht außer Betracht lassen, dass es nicht sein kann, dass derartige Produkte nunmehr durch klare Vorgaben (auch vertrieblich) aufgewertet werden, auf der anderen Seite aber weiter hinsichtlich Transparenz und Kontrolle Systeme vorherrschen, wie sie in der Vergangenheit üblich waren.
Die Rolle von (geschlossenen) Fonds auch in volkswirtschaftlicher Hinsicht ist unseres Erachtens nicht zu unterschätzen. Die Mehrzahl der deutschen Anleger hält Fondsanteile in ihrem Depot.

Die volkswirtschaftliche Relevanz von Fonds sehen wir im Bereich der Immobilienwirtschaft als genauso bedeutend an wie bei anderen Assetklassen. Zukünftig werden Fondslösungen, insbesondere für Projekte aus den Bereichen Infrastruktur und Energie, an Bedeutung gewinnen.
Hier hat nicht zuletzt Herr Bundesminister Peter Altmaier mit seinen Vorschlägen zu einer denkbaren Finanzierung von Stromleitungstrassen, u.a. durch betroffene Bürger, nicht nur einen sinnvollen Weg für eine nachhaltige Finanzierung aufgezeigt, sondern wohl auch eine zwingende Notwendigkeit formuliert.

Ein solcher, durch eine aktive Beteiligung von Privatanlegern und Bürgern geprägter Weg in der Finanzierung derartiger Großprojekte wird aber nur dann möglich sein, wenn die entsprechenden Produkte auch ausreichend reguliert sind und ein angemessenes Anlegerschutzniveau nachhaltig sichergestellt wird.

Hierzu dient unseres Erachtens der vorliegende Gesetzesentwurf durchaus, auch wenn wir uns mit ihm nicht in Gänze einverstanden zeigen können.

Die mahnenden Hinweise des Bundesrates vor zu überzogenen Anforderungen sind sicher gewichtig, dürfen aber zugleich nicht dazu verführen, das Anlegerschutzniveau absinken zu lassen.

II. Anmerkungen zu einzelnen Aspekten

Im Einzelnen erlaubt sich die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. (DSW), zu den dargestellten Vorschlägen folgende Anmerkungen vorzutragen, wobei wir uns eher thematisch als an der Abfolge im Gesetzesentwurf positionieren möchten:

1. Uneinheitliche Finanzaufsicht nicht zielführend

Leider wird durch die Regelungen im Entwurf die Finanzaufsicht nicht zentral bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht angesiedelt, sondern weiterhin zersplittert aufgestellt. Warum der freie Finanzvertrieb durch die Gewerbeämter besser bzw. gut beaufsichtigt werden sollte, verschließt sich unserem Verständnis.

Inwiefern diese Zersplitterung in der Aufsicht zudem einem gewünschten, einheitlichen Regulierungsrahmen dienlich ist, ist ebenfalls fraglich. Falsche Finanz- und Anlageberatung ist nicht zu unterscheiden nach dem gewählten Vertriebsweg.

Im Zentrum sollte immer der Anleger stehen, den es zu schützen gilt. Eine Aufsicht sollte daher bei allen Anlageprodukten und in allen Verkaufs-, Vermittlungs- oder Erwerbsfällen immer über die BaFin erfolgen. Die uneinheitliche gewerbeordnungsrechtliche Aufstellung gemäß Entwurf wird schon heute erkennbar zu unterschiedlichen Schutzniveaus der Anleger führen – abhängig von dem Ort, an dem die Leistung erbracht wurde, und der Kompetenz der jeweiligen kommunalen Behörde. Dies vermag nicht zu überzeugen.

2. Vertriebsverbote/-beschränkungen

Für die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz ist bei allen Regulierungen im Kapitalanlagebereich von entscheidender Relevanz, dass Anleger ihre uneingeschränkte Wahlfreiheit unter allen Produkten gewahrt sehen.

Unser Ansatz eines gelungenen Anlegerschutzes sieht so aus, dass der Privatanleger nicht vor sich selbst geschützt werden muss. Vielmehr sollte durch ein hohes Maß an Transparenz auf der einen und eine hohe Dichte an Anlegerschutz-Mechanismen auf der anderen Seite immer gewährleistet sein, dass der Anleger erstens bei seiner Entscheidung zwischen den vielfältigen Produkten eine für ihn richtige und vollumfänglich informierte Wahl treffen kann und zweitens im Falle von Fehlentwicklungen ungehindert in die Lage versetzt wird, Ansprüche geltend zu machen. 

In dieses System passen Produktverbote oder aber auch Vertriebsverbote nur dann, wenn gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen wird oder dies konkret droht.

Insofern plädiert die DSW zunächst für eine vollkommende Freiheit in der Auflage und auch im Vertrieb von Produkten - seien dies geschlossene Fonds oder aber offene Konstruktionen. Daher sehen wir auch die geplante Vertriebsbeschränkung bei Ein-Objekt-Publikumsfonds eher kritisch.

Aktuell sieht der Entwurf in § 262 Abs. 2 Nr. 2a) vor, dass Privatanleger „Ein-Objekt-Publikumsfonds“ nur dann erwerben dürfen, wenn sie mindestens Euro 20.000,- in einen Fonds investieren. Wir sind jedoch der Ansicht, dass ein bzw. dieser  Mindestanlagebetrag nur beschränkt vermag, hier Schutzwirkung zu entfalten. Wenn die Vorschrift hier unmittelbar auf den Anleger selbst Bezug nimmt, sollte auch dessen individuelle Situation stärker eingebunden werden: Investiert ein Anleger beispielsweise mit einem Anlagebetrag von Euro 20.000,- sein gesamtes Vermögen in einen „Ein-Objekt-Publikumsfonds“ ist seine Schutzbedürftigkeit sicherlich ganz anders zu werten, als wenn diese Investition nur einen Anlagebaustein in einem breit diversifizierten Vermögen von Euro 200.000,- oder mehr darstellt. Angemessener wäre es hier daher, mit Größen zu arbeiten, die sich auf das dem Anleger zur Verfügung stehende Kapital oder auch dessen Portfolio beziehen.

Uns ist bewusst, dass eine solche Sichtweise zu weiteren und nicht weniger komplexen Aspekten führt, da insbesondere nicht davon auszugehen ist, dass ein Anleger in einer Verkaufssituation unbedingt bereit sein wird, seine gesamte Vermögenssituation der jeweiligen vertrieblich agierenden Stelle vollumfänglich offenzulegen. Auch die ergänzenden Anforderungen, wie z. B. die geforderte schriftliche Erklärung, dass der Anleger sich der Risiken im Zusammenhang mit der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition bewusst ist, vermögen hier keinen angemessenen Ausgleich zu schaffen bzw. ein geeignetes Korrektiv darzustellen.

Noch sehr präsent sind uns die Erfahrungen mit der Börsentermingeschäftsfähigkeit, wo ähnliche Dokumente unterzeichnet werden mussten. Auch hier wurde die warnende Wirkung derartiger Dokumente überschätzt, da diese im Vertrieb oftmals als lästige Formalität abgetan wurden und auch nicht so recht zu den farbenfrohen Versprechungen im Rahmen der Beratung passen wollten.

Auch wenn wir uns grundsätzlich gegen eine Beschränkung des Vertriebs gegenüber Privatanlegern aussprechen, so müsste doch der in dem Gesetzentwurf angedachte Schutz für einen „normalen“ Privatanleger eigentlich ausgeprägter ausfallen als zum Beispiel für semi-professionelle Anleger. Dies ist aber nach unserer Wertung aktuell nicht der Fall.

Abschließend zu diesem Aspekt möchten wir nochmalig unterstreichen, dass wir uns nicht für ein grundsätzliches (volumenabhängiges) Vertriebsgebot von einzelnen Produkten an Privatanlegern aussprechen. Geeignete Hürden oder Grenzen sehen auch wir als sinnvoll an, wobei uns die im Gesetzesentwurf enthaltenen Mindestanlagebeträge und deren Ansatz jedoch noch nicht überzeugen können.

3. Offene Immobilienfonds und Privatanleger

Positiv wurde von uns aufgenommen, dass auch zukünftig Immobilienfonds aufgelegt und vertrieben werden dürfen. Die verschiedenen Problemfälle der Branche waren insofern auch nicht ein produktimmanentes Phänomen, sondern vielmehr auf unbilliges Verhalten diverser Marktteilnehmer zurückzuführen, die diese Anlageklasse zu ihren Zwecken missbraucht haben.

Offene Immobilienfonds sind gerade für Privatanleger eine attraktive und wertvolle Möglichkeit, ihr Portfolio und damit ihre Risikosituation ausgewogener zu gestalten. Diesbezüglich überwiegen die Vorteile offener Immobilienfonds auch deutlich gegenüber denen der geschlossenen Variante. Daher wäre es aus der Perspektive der Privatanleger geradezu absurd, allein die offene Variante der Immobilienfonds mit einem Verbot zu belegen, die geschlossene Form aber weiter zu ermöglichen.

Allerdings kann die bisher im Entwurf gefundene Regulierung zu offenen Immobilienfonds aus der Sicht der Privatanleger ebenfalls nur beschränkt überzeugen.

So steht zu befürchten, dass zwar Immobilienfonds weiterhin zugelassen werden, allerdings die Hürden für den Ein- und Ausstieg für Privatanleger derart undurchsichtig und hoch aufgestellt werden, dass allein diese bereits abschreckend wirken und dazu verleiten, die Anlageklasse schlichtweg zu meiden.

Die aktuellen Vorschläge gemäß Regierungsentwurf würden zu einem schleichenden Tod der Anlageklasse für die Privatanleger führen (müssen). Daher sprechen wir uns deutlich dafür aus, Privatanlegern den Ein- und auch den Ausstieg ohne Halte- oder Kündigungsfristen für einen angemessenen Sockelbetrag zu ermöglichen – und das immer.

Wir sehen dabei einen privilegierten Betrag für Privatanleger von 20.000,- bis 30.000,- Euro p.a. als angemessen an. Hier hat auch die Fondsindustrie in ihrer Stellungnahme unseres Erachtens positiv signalisiert, dass eine derartige Privilegierung der Privatanleger nicht zu Verwerfungen führen wird, wie wir sie zuletzt sehen mussten.

Nach den Vorschlägen gemäß Gesetzesentwurf würden offene Immobilienfonds damit auch vollkommen untauglich für Fondssparpläne oder ähnliche Konstruktionen werden, obwohl diese in ihre Risikostruktur für derartige langfristig ausgerichtete Gestaltungen durchaus geeignet sind. Auch dies sollte beachtet werden und zu einer Anpassung der derzeitig im Entwurf wiederzufindenden Regelung führen.

Um hier auch über die Zeitachse hinweg eine homogene Handhabung zu gewährleisten, schlagen wir zudem vor, eine Unterscheidung nach Alt- sowie Neufonds aufzugeben und in allen Fällen einen Freibetrag für Privatanleger vorzusehen. Dies würde eine weitere Verständnishürde für Privatanleger abbauen und den Zugang zu offenen Immobilienfonds nicht zusätzlich sowie unnötig erschweren.

4. Bewertung von Vermögensgegenständen bei offenen Immobilienfonds

Nicht nachvollziehbar ist die Abkehr im Entwurf von einer auf einer möglichst breiten Erkenntnisbasis fußenden Bewertung des Fondsinventars.

Wir sprechen uns ausdrücklich gegen die vorgeschlagene Bewertung der im Immobilienfonds enthaltenen Vermögenswerte allein durch einen Experten aus. Hier muss an einer Bewertung durch ein Kollegialorgan festgehalten werden.
Jegliche Regelungen zum Schutze des Anlegers, sei es im Vertrieb, bei der Rückgabe oder auch sonst laufen komplett ins Leere und sind schlichtweg überflüssig, wenn bei dem eigentlich allein entscheidenden Faktor, 'der Werthaltigkeit der im Fonds enthaltenen Assets', Abstriche hingenommen werden müssen.

Nun behaupten wir nicht, dass ein alleiniger Experte per se weniger richtig prüft oder ungenau bewertet. Die Kontrollfunktion eines mehrköpfigen Gremiums zur Bewertung der Assets sollte aber nicht weiter erläuterungsbedürftig sein.

Genau in diesem Umfeld sollte „aufgerüstet“ werden, anstatt Sicherheit und Zuverlässigkeit in die Bewertungen durch eine unnötige Umstellung zu verringern.

Wir schlagen daher vor, die Unabhängigkeit der Sachverständigenausschüsse eher weiter zu stärken, als diese durch die Abkehr von einem mehrköpfigen Ausschuss zu schwächen. Die Signale, die von diesem Regelungsvorschlag ausgehen, sind allein negativer Ausprägung und vermögen nicht, Vertrauen aufzubauen oder gar wiederherzustellen. Das bestehende Anlegerschutzniveau würde durch diese Neuregelung gegenüber der geltenden Rechtslage sogar noch abgesenkt.

5. Bewertung der Vermögensgegenstände bei allen anderen offenen sowie geschlossenen Publikums-AIF

Eine Bewertung des Inventars sollte auch für alle anderen Fonds über unabhängige und kompetente Sachverständigenausschüsse erfolgen. Eine interne Bewertung durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft ist in keinem Fall die bessere Option und öffnet Manipulationen Tür und Tor.

6. Abwicklung von Immobilienfonds

Das aktuelle Fristenregime werten wir als wenig zielführend. Richtig ist, dass ein geeigneter Ausgleich zwischen einer möglichst hohen Befriedigung der Anleger auf der einen Seite und einer zügigen Abwicklung auf der anderen Seite gefunden werden muss.

Diesen Interessenausgleich auf der Basis eines feinmaschigen, nicht flexiblen Fristenregimes zu finden, erscheint uns aber nicht ausgewogen. Insbesondere bei Immobilienfonds ist die Be- und damit auch Verwertung sehr stark von langfristigen Entwicklungen abhängig, die eventuell auch längere Zeiträume für eine Verwertung notwendig machen, um deutlich höhere Verkaufserlöse zu erzielen. Diesem Umstand wird der aktuelle Vorschlag nicht gerecht.

Auch sollte nicht unterschätzt werden, dass die Not zur Veräußerung von der Käuferseite durchaus zu ihrem einseitigen Vorteil ausgenutzt werden könnte.

Daher plädieren wir eher für ein Flexi-Fristenregime, welches von den Fondsanteilsinhabern adjustiert werden kann, sofern dies angemessen und sinnvoll erscheint. Dies könnte so aussehen, dass bei einem sinnvollen Abweichen von den bisher im Entwurf vorgesehenen Fristen ein Votum der Anteilsinhaber eingefordert werden kann. Damit würden die unmittelbar wirtschaftlich Betroffenen selbst entscheiden können, ob sie bewusst Abschläge hinnehmen wollen oder eben nicht.

Diese Abschläge aber von der Einhaltung vollkommen marktunabhängiger oder von den Interessen der Eigentümer losgelöster Fristen hinzunehmen, leuchtet nicht ein. 

Düsseldorf, den 11. März 2013