Verlängerte Verjährungsfrist Deutsche Telekom

Am 26. Mai 2003 läuft die Frist für eine Prospekthaftungsklage zur Sicherung der Ansprüche aus der dritten Tranche (T3) der Telekom ab. Die DSW hat eine Möglichkeit gefunden, wie diese Frist ohne Zustimmung und ohne Klage deutlich verlängert werden kann.

Teilnehmer:

Herr Ulrich Hocker, Hauptgeschäftsführer

Herr Jürgen Kurz, Pressesprecher

Herr Marc Tüngler, Landesgeschäftsführer NRW

Es gilt das gesprochene Wort

Anleger, die im Rahmen der dritten Tranche der Deutschen Telekom Aktien gezeichnet haben, sind nicht gerade vom Glück verwöhnt. Nach dem dritten Börsengang, der dem Bund über 15 Milliarden Euro in die Kassen gespült hat, ging es mit dem Kurs fast nur noch bergab. Die Chance, mit Gewinn zu verkaufen, gab es kaum. Anders sah es da noch bei den beiden vorangegangenen Tranchen aus, obwohl seit einiger Zeit selbst die Erstzeichner nicht mehr im Plus sind, falls sie ihre Aktien noch haben sollten.

Klar ist, wer sein Geld zurück haben will, muss jetzt handeln. Denn die Verjährungsfrist für die Einreichung einer Prospekthaftungsklage läuft nach unseren Prüfungen am 26. Mai aus. Der Versuch der DSW, dies zu verhindern, ist zunächst gescheitert. Wir hatten die Deutsche Telekom, den Bund und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) brieflich aufgefordert, auf die Einrede zur Verjährung zu verzichten. Alle drei haben dies abgelehnt. Damit wurden die Aktionäre vor die Wahl gestellt, entweder auf Basis einer schlechten Informationslage zu klagen und hierbei ein hohes Kostenrisiko einzugehen, oder ihre Ansprüche endgültig verfallen zu lassen. Im Antwortschreiben des Investor Relationschefs der Telekom, Thilo Kusch, klingt das beispielsweise wie folgt: „Die Börsenprospekte waren in jeder Hinsicht zutreffend (...) Vor diesem Hintergrund sehen wir im Interesse des Unternehmens, vor allem aber auch der überwältigenden Mehrheit seiner Aktionäre, keine Veranlassung, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten.“

Dies ist besonders ärgerlich, da den Telekom-Aktionären damit aller Voraussicht nach die Möglichkeit genommen wird, die Ergebnisse der seit Frühjahr 2000 laufenden Ermittlungen der Bonner Staatsanwaltschaft abzuwarten und für eine Klage zu nutzen. Ermittelt wird wegen Bilanzfälschung. Hauptpunkt ist die Frage, ob die Telekom ihre Immobilien richtig bewertet hat. Die Staatsanwaltschaft hat bereits angekündigt, dass sie im Rahmen dieser Ermittlungen auch die drei Börsengänge der Telekom genau prüfen wird. Mit Ergebnissen ist allerdings kaum vor Ablauf der Verjährungsfrist für die Prospekthaftung zu rechnen.

Das Kostenrisiko, dass bei einer solchen Klage eingegangen wird, ist dabei nicht zu unterschätzen. Für die Anleger, die ihre Anteile noch im Depot haben, ergibt sich der Streitwert des Verfahrens aus der Anzahl der Aktien, die im Rahmen der dritten Tranche erworben wurden, multipliziert mit dem Emissionspreis (für Privatanleger 63,50 €). Wurden Aktien bereits wieder verkauft, ist von dieser Summe der Verkaufserlös zu subtrahieren. Die Differenz ergibt den Schaden und damit den Streitwert in einem gerichtlichen Verfahren

In der Beispielrechnung (siehe Kostentabelle) sind die Gerichtskosten, die nach Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) abgerechneten Kosten eines Anwalts sowie die gerichtlichen Gebühren einer Beweisaufnahme enthalten. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass auf Kläger im Laufe eines Gerichtsverfahrens noch weitere Kosten zukommen können, die in dieser Tabelle nicht berücksichtigt wurden, wie beispielsweise die Kosten eines Sachverständigengutachtens. Außerdem könnten zusätzliche Kosten durch gerichtliche Nebenverfahren (z.B. einer einstweiligen Verfügung) oder auch Zwangsvollstreckungskosten auf den Kläger zukommen.

Das Prozessrisiko, also das Risiko, das Verfahren zu verlieren und damit auf den Kosten sitzen zu bleiben, ist auf Basis der heute vorliegenden Informationen ebenfalls nicht zu unterschätzen.

Neue Hoffnung auf eine erfolgreiche Klage war bei den T-Aktionären kurzzeitig wieder aufgeflammt, als ein Brief des ehemaligen Finanzvorstands der Telekom, Joachim Kröske, auftauchte. In diesem schon 1999 formulierten Schreiben heißt es unter anderem, dass nur 25 Prozent des damaligen Börsenkurses durch die Unternehmensplanung untermauert sei. Auch die positive  Bewertung des britischen Telekom-Unternehmens One2One wurde von Kröske nicht geteilt. Trotzdem bringt der Brief für die Aktionäre nichts. Die Chance einer erfolgreichen Prospekthaftungsklage ist damit leider nicht gestiegen. Für eine solche Klage braucht es mehr als die bloße „Meinungsäußerung“ eines Vorstandes.

Die Juristen der DSW haben nun eine Möglichkeit gefunden, der Telekom und dem Bund einen Strich durch die Rechnung zu machen, und die Verjährungsfrist deutlich zu verlängern. Die Lösung heißt: Einleitung eines Güteverfahrens bei der Öffentlichen Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle der Stadt Hamburg (ÖRA). Das ist die einzige Chance für Anleger, ihre Ansprüche zu erhalten, ohne die Einreichung einer kostspieligen und riskanten Klage. Damit ist allerdings keinesfalls gesichert, dass tatsächlich Schadenersatz gezahlt wird. Der Zeitgewinn, der aus der Verfahrenslänge plus sechs Monate besteht, eröffnet aber die Möglichkeit, zunächst noch abzuwarten und mögliche Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft zu nutzen.

Falls es tatsächlich zu einem Verfahren wegen Bilanzfälschung kommen sollte, liegt die Vermutung nahe, dass der Börsenzulassungsprospekt in wichtigen Punkten unrichtig war. Und genau das gilt es im Rahmen einer Prospekthaftungsklage zu beweisen. Gelingt dies, ist es Sache der Beklagten, zu belegen, dass sie nicht grob fahrlässig gehandelt haben. Ansonsten sind sie schadenersatzpflichtig. Im Erfolgsfall können die Aktionäre ihre Papiere zum Ausgabekurs zurückgeben. Klagen können alle, die innerhalb eines halben Jahres nach der Erstnotiz gekauft haben. Im Fall der dritten Telekom-Tranche also alle, die die Papiere bis zum 19. Dezember 2000 gezeichnet oder gekauft haben.

Für Aktionäre, die Papiere der dritten Tranche der Telekom in dem genannten Zeitraum erworben haben, gibt es also genau drei Optionen:

1.      Einreichung einer Klage: Wer bis zum 26. Mai eine Klage einreicht, klagt allerdings auf Grundlage einer sehr mageren Informationsbasis. Verbunden mit einem hohen Prozess- und Kostenrisiko. Das kann funktionieren, wenn durch die Staatsanwaltschaft neue Erkenntnisse ans Tageslicht gebracht werden, die dann genutzt werden können. Zu empfehlen ist dieser Weg auf Basis der heute vorliegenden Informationen eigentlich nur den Anlegern, die eine Rechtsschutzversicherung haben, die die entstehenden Kosten übernimmt. Im März 2003 hat es in diesem Zusammenhang ein Urteil des Landgerichts München gegeben. Hier wurde ein Rechtsschutzversicherer dazu verurteilt, die Kosten für eine Prospekthaftungsklage gegen die Deutsche Telekom zu übernehmen (Aktenzeichen: 40 18021/01).

2.      Die zweite Option ist, nichts zu tun und damit alle Ansprüche zu verlieren. Dies gilt auch, wenn nach dem 26. Mai gerichtlich festgestellt werden sollte, dass der Börsenzulassungsprospekt der Telekom falsch war. Wer nicht agiert, verliert jede Chance auf Schadenersatz.

3.      Die dritte, jetzt neue Möglichkeit besteht darin, die Hamburger Vergleichsstelle einzuschalten. Auch dies ist nicht ganz kostenfrei. Verglichen mit einer Klage ist die Belastung aber sehr moderat. Dafür erhält sich der Anleger die Chance, seine Ansprüche auch nach dem 26. Mai, unter dann vielleicht besseren Rahmenbedingungen, durchzusetzen. In der Anlage finden Sie die Kostentabelle der ÖRA.

Um dies noch einmal klar zu sagen:

Dieser Weg verlängert die Verjährungsfrist! Das ist zwar ein nicht zu unterschätzender Vorteil, aber keine Garantie für eine Schadenersatzzahlung.

Da auch die Einleitung eines solchen Schiedsverfahrens eine juristische Begründung voraussetzt, werden die meisten Anleger Rechtsrat benötigen. Die Anwaltskosten für das Aufsetzen eines solchen Schreibens können 150 Euro und mehr betragen.

Wir haben daher für unsere Mitglieder ein kostenloses Paket vorbereitet, dass einen Antrag zur Einleitung des Schiedsverfahrens mit ausführlicher juristischer Begründung sowie eine Erläuterung der notwendigen weiteren Schritte enthält. Dieses Paket dürfen wir aufgrund des Rechtsberatungsgesetzes nur an DSW-Mitglieder ausgeben. Hier setzt uns das geltende Recht klare Grenzen. Wer im Rahmen dieser Aktion DSW-Mitglied werden will, kann dies für einen Beitrag von 42 Euro für 2003 werden. Ab 2004 beträgt der reguläre Jahresbeitrag dann wieder 80 Euro.

Wer Informationen möchte, kann diese entweder im Internet unter www.dsw-info.de oder telefonisch unter der Hotline-Nummer 0190/750505 (Arcor, 1,24 €/Min.) abrufen.