DSW-Ausblick auf die HV-Saison 2009: Pressekonferenz am 3. März 2009 in Frankfurt

Die diesjährige Hauptversammlungssaison wird eine der interessantesten aber natürlich auch konfliktgeladensten seit vielen Jahren. Die DSW wirft einen Blick auf die Aspekte, auf die Aktionäre und wir als Aktionärsvereinigung in diesem Jahr besonders achten werden.

Teilnehmer:
Ulrich Hocker
, DSW-Hauptgeschäftsführer
Klaus Nieding, DSW-Landesgeschäftsführer
Marco Cabras, DSW-Pressesprecher

 

Es gilt das gesprochene Wort

(Redner: Ulrich Hocker)
Meine Damen und Herren,
wer einen Blick in die Zukunft werfen will, der muss zunächst die Vergangenheit kennen. So jedenfalls sagt der Volksmund. Dies gilt mustergültig auch für die bevorstehende Hauptversammlungssaison der großen deutschen Aktiengesellschaften. Wie Sie wissen, findet der überwiegende Teil dieser Jahrestreffen in den Monaten zwischen März und Juli statt. Doch einige Unternehmen, die ein nach vorne verschobenes Geschäftsjahr haben, haben ihre HVs schon hinter sich. Wer sich die Diskussionen und die Abstimmungen bei den Treffen etwa von Infineon, Siemens oder ThyssenKrupp anschaut, der erhält bereits einen Vorgeschmack auf das, was die Aktionäre in diesem Jahr bei den Hauptversammlungen ihrer Unternehmen erwartet und mit welchen Fragen und Forderungen sie in diese Zusammenkünfte gehen. Vielerorts wird die HV zur Generalabrechnung genutzt werden!

Meine Damen und Herren,
die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. (DSW) hat im vergangenen Jahr knapp 850 Hauptversammlungen quer durch die Republik besucht. Ebenso viele Treffen werden die rund 60 HV-Sprecher der größten deutschen Aktionärsvereinigung auch in diesem Jahr wieder besuchen. Doch damit hören die Gemeinsamkeiten mit der vergangenen HV-Saison auch schon auf. In
diesem Jahr sind die Aktionärstreffen bei wahrscheinlich den meisten Unternehmen mit den ruhigen Zusammenkünften der Vorjahre kaum noch vergleichbar. Schon jetzt lässt sich absehen, dass es hoch hergehen wird. Keine Frage: Bei einigen Firmen wird die HV zu einem echten „Tanz auf dem Vulkan“ werden.

Und das gleich aus zwei Gründen: Erstens hat die globale Finanz- und Wirtschaftskrise in den Bilanzen vieler Unternehmen zu massiven Verwerfungen geführt und die Kurse vieler Aktien tief in den Keller geschickt. Viele Unternehmen haben auf die Krise zu spät oder falsch reagiert, so dass ihre Aktien noch deutlich stärker verloren haben als andere Branchenvertreter. Das muss das Management den Aktionären erklären.

Zweitens interessiert die Anteilseigner in diesem Jahr ganz besonders der Blick nach vorne. Die Unsicherheit an den Märkten dauert unvermindert an, sie hat sich unserer Meinung nach sogar noch einmal gegenüber dem Vorjahr verstärkt. Für Anteilseigner und auch für uns als Aktionärsvertreter wird es daher ganz entscheidend sein, wie das Management eines Unternehmens mit dieser Situation umgeht. Werden die richtigen Weichen zur Zukunftssicherung gestellt? Welche strategischen Maßnahmen wurden ergriffen? Was macht die Unternehmensfinanzierung, wie steht es um die Liquidität?

Alle Aspekte zusammen machen die diesjährige Hauptversammlungssaison zu der interessantesten aber natürlich auch konfliktgeladensten seit vielen Jahren. Dies bestätigen auch unsere HV-Sprecher, die die Entwicklungen der Unternehmen das ganze Jahr über genau beobachten und daher gut einschätzen können, wie es um die AGs steht und was man von den Jahrestreffen erwarten kann. Eine Umfrage, die wir in den vergangenen Wochen bei unseren Sprechern durchgeführt haben, zeigt da ein eindeutiges Ergebnis.

Obwohl wir die konkreten Tagesordnungen bei den meisten bevorstehenden
Hauptversammlungen noch nicht kennen, sind die Probleme und die Streitfragen bei vielen Firmen so groß, dass man schon heute mit Sicherheit sagen kann: Es wird eine kritikgeladene HV. Wir haben die entsprechenden Unternehmen auf einer Liste zusammengetragen. Natürlich erheben wir keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Denn wie gesagt wird ja vieles von dem, was später besonders heftig diskutiert werden wird, erst mit der Tagesordnung bekannt gemacht. Dennoch ist es auch für uns erstaunlich, dass auf unserer Liste auf Anhieb fast 20 Unternehmen aus der ersten Reihe des deutschen Aktienmarktes stehen. Übrigens auch solche aus dem Leitindex DAX.

Meine Damen und Herren,
ich möchte mit Ihnen nun einen genaueren Blick auf die Aspekte werfen, auf die Aktionäre und wir als Aktionärsvereinigung in diesem Jahr besonders achten werden. Zunächst ist da die Abrechnung mit dem vergangenen Geschäftsjahr. Dass die Finanzkrise alle Unternehmen mit einem „normalen Geschäftsjahr“ (also Ende: 31.12.) erreicht haben dürfte, ist keine Frage. Aber wann genau sind die Auftragseingänge abgeknickt, wann sind die Umsätze und das Ergebnis zurückgegangen? Viele Unternehmen haben noch im September und Oktober, als die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers die Märkte rund um den Globus in eine Art Schockstarre versetzt hat, von stabilen und sogar steigenden Aufträgen und Umsätzen berichtet. Umso schlimmer waren oft die Gewinnwarnungen, mit denen Anteilseigner schon wenige Wochen später geschockt wurden.

Man muss sich die Frage stellen, inwieweit das Risikomanagement der Unternehmen hier funktioniert hat? Was steht im Risikobericht, nur Allgemeinplätze oder wurden Risiken konkret benannt? Und waren die bekannt gewordenen Schäden im Risikobericht überhaupt erwähnt? Wie schnell wurden die Jahresziele an die veränderte Ausgangslage angepasst und wann wurde die Öffentlichkeit informiert? Dies sind nur einige Fragen im Zusammenhang mit der Finanzkrise, die sich Vorstand und Aufsichtsrat der Unternehmen bei ihrer diesjährigen Hauptversammlung gefallen lassen müssen. Denn im Kern sind die Vorstände der Unternehmen ja immer auch die Vermögensverwalter des Aktionärskapitals. Aufsichtsräte sollen sie dabei kontrollieren. Wenn Vorstände durch falschen
Zweckoptimismus, durch Betriebsblindheit oder falsche Reaktionen den Aktienkurs noch deutlich mehr auf Talfahrt geschickt haben als die entsprechenden Indizes, dann wird es dafür auf den Hauptversammlungen die Quittung geben.

So muss sich beispielsweise das Management des DAX-Tankers Deutsche Post die Frage gefallen lassen, warum man das kostspielige und völlig erfolglose US-Abenteuer erst so spät beendet hat. Bei der Baumarktkette Praktiker hat man das Gefühl, als wären die Probleme hausgemacht und das Management mit dem Reagieren auf die allgemeine Finanzkrise überfordert.

Die Folgen dieser Krise sind auch bei den für Aktionäre so wichtigen Gewinnbeteiligungen spürbar. Es deutet sich an, dass die Dividende bei vielen Unternehmen sinken oder sogar ausfallen könnte. Dabei dürfte der Großteil der Kürzungen erst 2010 kommen.

Doch auch wenn Finanzminister Peer Steinbrück angesichts des bevorstehenden Wahlkampfes hier gerne den Verzicht auf Dividenden predigt: Für Aktionäre und die deutsche Aktienkultur insgesamt ist die Dividende ein unverzichtbarer Bestandteil des Investments. Sie ist ein notwendiges Entgelt, ein Zins auf das eingesetzte Risikokapital. Eine Kürzung oder gar der Ausfall der Dividende wäre daher ein Tiefschlag für jeden Aktionär. Im übrigen entscheidet über die Dividende immer noch der Aktionär, der ja Eigentümer des Unternehmens ist, und nicht die Politiker.

Doch natürlich muss eine Dividende verdient  werden. Wenn die Anteilseigner nun aufgrund der finanziellen Situation ihres Unternehmens den Gürtel enger schnallen müssen, dann muss dies für alle gelten. Für die Bezüge des Vorstands also ebenso wie für die Boni in den Top-Etagen.

In den vergangenen Jahren haben wir in unserer großen Vorstandsvergütungsstudie stets über steigende Bezüge berichtet und immer darauf hingewiesen, dass diese erfolgsabhängigen Bestandteile sinken müssen, wenn die Geschäftsergebnisse sinken. Nun ist diese Nagelprobe da. Viele Unternehmen sind im vergangenen Jahr kaum noch gewachsen und mussten einen deutlichen Rückgang beim Gewinn hinnehmen. Das muss sich auch in klaren Abstrichen bei den Vorstandsbezügen bemerkbar machen. Darauf wird die DSW in diesem Jahr ein besonderes Augenmerk legen. Daimler ist da nur das erste Beispiel. Hier haben sich die Bezüge von Konzernchef Dieter Zetsche gegenüber dem Vorjahr fast halbiert.

Gleiches gilt natürlich auch für die Bonuszahlungen: Sie sind Teil der arbeitsrechtlichen Vereinbarungen und können daher nicht Seiten des Gesetzgebers gedeckelt oder gar verboten werden. Das wäre auch überhaupt nicht wünschenswert. Denn solche Anreizsysteme sind grundsätzlich geeignet, um die Beschäftigten zu Top-Leistungen zu animieren. Dennoch müssen gerade solche Boni festen Regeln unterworfen sein. Aber ausgeschüttet werden darf eine solche Gewinnbeteiligung natürlich nur dann, wenn das Unternehmen sich dies auch leisten kann.

Meine Damen und Herren,
zum konkreten Fall Commerzbank – Dresdner Bank wird unser hessischer
Landesgeschäftsführer und HV-Sprecher Klaus Nieding gleich noch ausführlich Stellung nehmen. Ich möchte zunächst aber noch einen Blick auf den zweiten Schwerpunkt werfen, der bei den Hauptversammlungen in diesem Jahr im Mittelpunkt stehen wird – der Blick nach vorn.

Sie wissen selbst aus der täglichen Berichterstattung, dass sich die konjunkturelle Lage und damit auch die Situation der Unternehmen immer weiter verschlechtert hat. Das führt dazu, dass viele Firmen Prognosen für 2009 gänzlich verweigern. Dieses so genannte „Fahren auf Sicht“ ist allerdings nicht im Sinne der Aktionäre.

Natürlich ist die Prognosesicherheit das A und O der Kapitalmarktkommunikation. Aktionäre brauchen diese Einschätzung der Zukunft. Sie sind ja die Träger des Kapitalrisikos. Und der Aktienkurs hängt halt an der zukünftigen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens.

Deshalb die Fragen: Was sagen die ersten Monate über das neue Geschäftsjahr aus? Kann eine Umsatz- und Gewinnerwartung zumindest grob gegeben werden? Bei jedem Unternehmen muss geklärt werden, ob und welche Prognosen abgegeben werden können, beziehungsweise wann solche aussagekräftigen Prognosen wieder gegeben werden können.

Zudem sollten auch die notwendigen und bevorstehenden Restrukturierungsmaßnahmen nach innen und nach außen offen kommuniziert werden. Es ist schon seltsam, wenn ein Weltunternehmen wie Siemens noch auf der HV im Januar verspricht, „gestärkt aus der Krise“ hervorzugehen und keinerlei Einschnitte nötig zu haben. Nur um dann, nur wenige Wochen später, einen breiten Arbeitsplatzabbau anzukündigen. Statt solche Nebelkerzen zu werfen, ist jetzt der Zeitpunkt, offen zu kommunizieren. Welche Strategiewechsel sind in Vorbereitung, um die Krise zu überwinden und welche Restrukturierungsmaßnahmen sind geplant? Und wann sollen sie umgesetzt werden? Aktionäre haben ein Anrecht darauf, die wirkliche Situation zu erfahren, in der sich das Unternehmen befindet.

Das betrifft vor allem die Liquiditätssituation. Denn dies ist der Kern aller Fragen zum laufenden Geschäftsjahr: Über welche Mittelauspolsterung verfügt das  Unternehmen noch? Wie hoch ist der Liquiditätsbedarf? Wie sieht die Refinanzierungsstrategie aus? Wer auf diese Frage keine befriedigenden Antworten geben kann, der hat die Aktionäre mit Sicherheit gegen sich.

Meine Damen und Herren,
ich hatte eingangs schon einige Hauptversammlungen erwähnt, bei denen es in diesem Jahr enormes Konfliktpotenzial geben könnte. Natürlich und womöglich zuallererst gehört auch das Treffen des Münchener Immobilien- und Staatsfinanzierers Hypo Real Estate in diese Reihe. Hier kommen beinahe sämtliche kritischen Punkte, die ich angesprochen habe, zum Tragen. Die HRE befindet sich in einer akuten und ungelösten Existenzkrise. Sie hat den Kapitalmarkt viel zu spät informiert, Aktionäre haben dadurch Milliarden verloren. Die DSW hat im Oktober 2008 bereits eine Strafanzeige bei der Münchener Staatsanwaltschaft eingereicht, um die Verantwortlichkeiten für dieses Megadebakel zu klären.

Schon allein damit könnte man eine Hauptversammlung thematisch füllen. Doch zugleich ist da ja die Frage des Staatseinstiegs. Der Bund will sich offensichtlich den Durchgriff auf dieses Unternehmen auch um den Preis einer Enteignung sichern. Mit der DSW wird dies keinesfalls zu machen sein, denn dieser Vorstoß des Bundes verletzt das Grundrecht auf Eigentum.

Zudem verstößt die Regierung damit auch gegen den Angemessenheitsgrundsatz, dem ein solcher Eingriff unterworfen ist. Der Staatseinstieg ist zwar geeignet, um den Durchgriff auf HRE zu sichern. Aber er ist in dieser Form nicht erforderlich und schon gar nicht angemessen. Eine Kapitalerhöhung, mit deren Hilfe der Bund 75 Prozent bei HRE erreicht hätte, ist absolut ausreichend und die weniger schlimme Alternative.

Damit, meine Damen und Herren, möchte ich den groben Überblick über die Themen der bevorstehenden HV-Saison beenden. Wie Sie gesehen haben, sind die Aktionärstreffen in diesem Jahr in vielerlei Hinsicht konfliktgeladen. Intransparenz, zu späte Reaktion und am Ende des Tages natürlich auch die Erfolglosigkeit, die sich im Kursverfall der Aktie zeigt, sorgen für Zündstoff.

Im Vorfeld dieser HV-Saison hat die DSW ihre Abstimmungsgrundsätze noch einmal überarbeitet und präzisiert. Wir machen diese Grundsätze stets öffentlich, um klar zu zeigen, worauf wir den Fokus legen. In diesem Jahr gehen wir noch einen Schritt weiter: Wir werden auch erstmals unsere Beschlussempfehlungen für alle Werte aus der DAX-Familie offen legen. Immer zwei Wochen vor der jeweiligen  Hauptversammlung können Investoren unsere Empfehlungen zu jedem Punkt der Tagesordnung auf unserer Homepage (www.dsw-info.de) erfahren.

Meine Damen und Herren,
dieses Jahr ist in vielerlei Hinsicht eine negative Premiere. Die Probleme sind an vielen Stellen so groß wie noch nie, fast bei jedem Unternehmen gibt es Konfliktpotenzial. Anders als in den Vorjahren betrifft das auch viele große Tanker aus dem DAX. Mein Kollege Klaus Nieding wird Ihnen das nun an konkreten Beispielen von DAX-Unternehmen erläutern, die unserer Meinung nach besonders kritische Aktionärstreffen erleben werden – Commerzbank und Deutsche Bank.

Ich übergebe das Wort an unseren Landesgeschäftsführer Klaus Nieding.

(Redner Klaus Nieding)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

nachdem mein Kollege Ulrich Hocker Ihnen den großen Überblick gegeben hat, nehme ich nun im folgenden zu einigen speziellen Unternehmen aus Sicht der DSW Stellung.

Sicherlich die interessantesten und zugleich im Einzelfall auch turbulentesten Hauptversammlungen werden die großen Banken haben, allen voran Deutsche Bank und Commerzbank.

Kommen wir zunächst zur Deutschen Bank. Wir erwarten natürlich eine Fortsetzung der Dauerfehde mit Leo Kirch, der sicherlich wieder die Hauptversammlung mit seinen zahlreichen Fragen, Anträgen und Versuchen, der Verwaltung Anfechtungsgründe abzutrotzen, in die Länge ziehen wird. Um nicht missverstanden zu werden: Die Wahrung von Aktionärsrechten ist uns in jedem einzelnen Fall wichtig. Wo aber Aktionärsrechte zur Erreichung eines ausserhalb der Hauptversammlung liegenden Zweckes eingesetzt – um nicht zu sagen missbraucht werden -, da fehlt uns schon im Interesse derjenigen Aktionäre, die aus redlichen Gründen von diesen Rechten Gebrauch machen wollen, das Verständnis. Redezeitbeschränkungen, Abstimmungshürden, die Einschränkung von Auskunfts- und Anfechtungsrechten, wie dies auch gegenwärtig mehr denn je auf der Agenda des Gesetzgebers steht, haben auch ihren Grund in solchen Aktionären, die diese Rechte zur Verfolgung besonderer und rein egoistischer Vermögensinteressen instrumentalisieren. Denn dass Herr Kirch mit seinen zahlreichen Verfahren rund um die Hauptversammlung der Deutsche Bank AG vorrangig für die Verbesserung der Aktienkultur in Deutschland kämpft, das nimmt er noch nicht einmal selbst für sich in Anspruch.

Leider nicht verbessert hat sich – von einem zwischenzeitlichen Strohfeuer mal abgesehen – die Kommunikation der Deutschen Bank. Nachdem Herr Dr. Ackermann im Laufe des Jahres 2008 immer wieder den Eindruck erweckte, die Deutsche Bank komme besser durch die stürmische See der Finanzkrise als andere Häuser – und er in der Hauptversammlung vom 29.05.2008 sogar schon den „Anfang vom Ende der Krise“ ausgerufen hatte – räumte die Deutsche Bank dann von Quartal zu Quartal mehr schlechte Nachrichten ein, die mit dem Geständnis, im Jahr 2008 einen Gesamtverlust von rund 4 Milliarden EUR erlitten zu haben, ihren zumindest vorläufigen Höhepunkt erreicht haben. Die Salami-Taktik, mit der bei der Deutschen Bank schlechte Nachrichten veröffentlicht wurden, zerstört nicht nur das Vertrauen in das Unternehmen selbst, sondern ist aufgrund der „Leuchtturm-Funktion“ der Deutschen Bank auch schädlich für die ganze Branche. Letzlich erweckt diese Strategie den Eindruck, als sei der Platzhirsch Deutsche Bank auch nicht besser aufgestellt als andere Banken, obwohl gerade dies immer versucht wird zu suggerieren. Bemerkenswert an den vorgelegten Zahlen ist auch, dass ein großer Teil der erlittenen Verluste im Eigenhandel zu verzeichnen war. Hier wird es spannend sein zu fragen, welche konkreten Konsequenzen in diesen Bereichen gezogen wurden – strategisch, aber auch personell. Deutlich wird daraus vor allem eines: Wie berechtigt nämlich unsere konsequente Kritik der letzten Jahre an der einseitigen Ausrichtung des Hauses auf das Investment-Banking war!

Umso begrüssenwerter ist aus unserer Sicht die Übernahme der Postbank. Damit verschafft sich die Deutsche Bank ein stabiles Fundament im Privatkundengeschäft, einem Bereich, den man in den letzten Jahren für das Ziel der EK-Rendite vor Steuern von 25 % mehr und mehr geopfert hatte. Richtig ist in diesem Zusammenhang auch die Umgestaltung der Transaktion, um so die Eigenkapitaldecke der Bank so wenig wie möglich zu belasten.

Eine andere Hauptversammlung, auf der es sicher zu turbulenten Fragerunden kommen wird, ist die der Commerzbank. Dort wird natürlich die Übernahme der Dresdner Bank AG und deren Sinnhaftigkeit überhaupt ein Hauptthema sein. Insbesondere vor dem Hintergrund der Vorlage des Allianz-Jahresabschlusses in den letzten Tagen und der Berichterstattung insbesondere zur Thematik Dresdner Bank stellen sich zahlreiche Fragen. So werden wir natürlich unter anderem nach Dauer und Intensität der sogen. Due Diligence, aber vor allem nach der Angemessenheit des Kaufpreises fragen. Hauptthema dürfte aber sein, wie Herr Blessing mit den Mitteln der Commerzbank das zu schaffen gedenkt, was die große Allianz mit prall gefüllten Kassen über die Jahre hinweg nicht geschafft hat: Die gewinnbringende Integration der Dresdner Bank in den Commerzbank-Konzern, so dass man mit dem „grünen“ Geschäft auch Geld verdient. Was die Finanzlage der Commerzbank angeht, steht natürlich die Frage im Fokus, wie viel Geld das Unternehmen noch von staatlicher Seite benötigt oder ob man mit den bisher gewährten Hilfen „über die Runden“ kommt. Neben den Auswirkungen der Dresdner-Integration wird dafür auch mitentscheidend sein, wie die Zukunftsprognose der Eurohypo AG ist. Um dieses Konzernunternehmen ist es ja eher ruhig im Rahmen der Berichterstattung der letzten Wochen. Wir wollen hoffen, dass es sich dabei nicht um die Ruhe vor dem Sturm handelt.

Ein weiteres wichtiges Thema im Zusammenhang mit der Integration der Dresdner Bank ist auch das Thema „Bonuszahlungen für die erste und zweite Führungsriege“. Man kann diesen Fall ja geradezu exemplarisch für den aufgestauten Volkszorn nehmen. Wir werden danach fragen, wer dafür verantwortlich ist, dass angeblich „garantierte Boni“ (ein Widerspruch in sich übrigens) ausgelobt wurden. Wir werden deutlich machen, dass garantierte Boni – also Selbstläufer - schon gar nicht im Interesse der Aktionäre liegen. Letztlich gilt auch für ausgelobte Bonuszahlungen das Angemessenheitsgebot des Aktienrechts, was wir gesondert hinterfragen werden. Aber um es an dieser Stelle mit der gleichen Deutlichkeit zu sagen: Forderungen von Politikern nach einem Einschreiten des Gesetzgebers sind nichts als purer Populismus. Vielmehr sind nach dem Aktiengesetz Vorstände und Aufsichtsräte in der ersten Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass das Bonussystem im Unternehmen angemessen und maßvoll ist.

Ebenfalls interessante Fragerunden verspricht die Hauptversammlung der Deutsche Börse AG, allerdings weniger wegen der Auswirkungen der Finanzkrise auf das Unternehmen. Die Börse verdient bekanntlich an jedem Wertpapiergeschäft – egal ob Kauf oder Verkauf. Ganz besondere Aufmerksamkeit werden aber die Hedgefonds als Großaktionäre geniessen. Wir hatten ja bereits in den vergangenen Hauptversammlungen Herrn Hohn und seine Mitstreiter eindeutig dazu aufgefordert, doch endlich einmal klar zu sagen, welche Strategie sie im Unternehmen verfolgen, wenn sie denn überhaupt eine haben.

Insofern wird es wichtig sein zu wissen, wie stark die Großaktionäre nun durch die Finanzkrise selbst unter Druck sind, was zu irrationalen und vor allem für den Streubesitz schädlichen Entscheidungen führen kann.

Auch die Hauptversammlung der Fraport AG verspricht aussergewöhnliche Themen. Zum einen fragen wir uns, wie sich die Finzkrise, die sich zum Teil jetzt schon zur Finanzierungskrise entwickelt hat, auf die Großinvestitionen des Unternehmens wie Ausbau des Flughafens und Bau des Airrail-Centers auf dem Fernbahnhof auswirkt. Ausserdem wollen wir von Vorstand und Aufsichtsrat nach dem überraschenden „Eil-Ausstieg“ beim Flughafen Hahn natürlich wissen, wie viel Geld das Unternehmen dort über die Jahre hinweg investiert hat und welchen Return der Aktionär auf dieses Investment erhalten hat. Wir vermuten, das wird nicht ganz so gut aussehen.

Mit diesen vier Unternehmen will ich es mit Blick auf die Zeit exemplarisch an dieser Stelle bewenden lassen. Sie finden weitere Angaben zu Einzelunternehmen in den ausgelegten Unterlagen. Gerne stehen wir Ihnen aber auch heute und natürlich auch ausserhalb dieser Veranstaltung jederzeit für Fragen zur Verfügung.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 

DSW_-_Problem-HVs_01.pdf

HV-Fragen_zur_Finanzkrise.pdf

DSW-Abstimmungsgrundsaetze_2009.pdf