Der Fall Rickmers

Für die Anleihegläubiger der Rickmers Holding AG werden die kommenden Wochen von entscheidender Bedeutung sein. Es geht darum, wie viel von den 275 Millionen Euro, die sich der wirtschaftlich angeschlagene Schiffskonzern im Jahr 2013 vorwiegend bei Privatanlegern geliehen hatte, noch zurückgezahlt werden können. Der Markt erwartet nicht mehr allzu viel: Aktuell steht die Anleihe (WKN: A1TNA3) gerade noch bei einem Wert von 6,9 Prozent. Um eine Insolenz zu vermeiden, hat das Unternehmen nun einen ambitionierten Sanierungsplan vorgelegt, über den die Anleihegläubiger bis zum 10. Mai schriftlich abstimmen konnten. „Dass die für eine Entscheidung notwendige Beteiligungsquote von 50 Prozent des Kapitals nicht zusammengekommen ist, hat wohl niemanden überrascht“, sagt Klaus Nieding, Vizepräsident der DSW (Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz) und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

Der nächste Schritt ist jetzt eine Anleihegläubigerversammlung, auf der bereits eine Anwesenheitsquote von 25 Prozent des Kapitals ausreicht, um eine Entscheidung herbeizuführen. Und darin liege auch gleich die erste Gefahr für die Anleiheinhaber begründet, warnt Nieding. „Aufgrund der niedrigeren Präsenz können wenige institutionelle Investoren die 2. Anleihegläubigerversammlung dominieren und Beschlüsse nach ihrem eigenen Gusto herbeiführen. Die Interessen der vielen privaten Anleiheinhaber können daher nur bei einer möglichst hohen Teilnahmequote gewahrt werden. Wer nicht persönlich an der Versammlung teilnehmen kann, kann die DSW bevollmächtigen“, ergänzt DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler.

Eine allzu große Wahl lässt die Gesellschaft den Anleihegläubigern indes nicht: Stimmen sie zu, wird immerhin garantiert, dass die im Juni fällige Zinszahlung von 8,875 Prozent gezahlt wird, mit der Chance auf weitere Rückzahlungen noch ungewisser Höhe. Klar ist allerdings, dass das Geld im Zweifel erst 2027 kommt. Bis dahin soll die Anleihelaufzeit, die eigentlich im Juni 2018 endet, verlängert werden. Lehnen die Anleihegläubiger den Plan ab, sei, so das Unternehmen, eine Insolvenz nahezu unabwendbar. Dann bekämen die Anleihegläubiger nur, was ihnen per Insolvenzquote zustehe, und das liege im Bestfall bei etwa 6,5 Prozent.

„Aus unserer Sicht sind die Eckpunkte des vorgelegten Sanierungsplans noch mit einigen Pferdefüßen versehen“, erklärt Tüngler. So sei etwa inakzeptabel, dass das Unternehmen mit dem Plan auch gleich einen Gemeinsamen Vertreter zur Wahl stelle, der zukünftig die Interessen der Anleihegläubiger vertreten solle, so der Anlegerschützer. „Um die Interessen der Anleihegläubiger glaubwürdig vertreten zu können, braucht es auf jeden Fall einen unabhängigen Kandidaten und keinen, der vom Unternehmen vorgegeben wurde“, stellt Nieding fest, der in prominenten Insolvenzfällen wie beispielsweise der Prokon Regenerative Energien GmbH, der Solar Millennium AG, der WGF oder der Gold-Zack AG die Interessen von Anleiheinhabern als Gemeinsamer Vertreter oder im Gläubigerausschuss vertritt.

Betroffene Anleihegläubiger können sich per Mail (info@dsw-info.de) oder telefonisch (0211 / 66 97-53) direkt an die DSW wenden.

Mitglieder wenden sich bitte an die zuständigen DSW-Mitarbeiter.

Ansprechpartner für die Presse: Jürgen Kurz, Pressesprecher