DSW-Studie zur Vorstandsvergütung 2008

Die DSW hat in Zusammenarbeit mit der TU München erneut die Gehälter der DAX- und M-DAX-Vorstände untersucht. Wie gut verdienen deutsche Manager wirklich? Die Ergebnisse stellt die DSW in ihrer Vorstandsvergütungsstudie 2008 vor.

Teilnehmer:

Professor Dr. Gunther Friedl, Technische Universität München, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre – Controlling
Ulrich Hocker, DSW-Hauptgeschäftsführer
Christiane Hölz, DSW-Vergütungsexpertin
Marco Cabras, DSW-Pressesprecher

 

Es gilt das gesprochene Wort

 

In der öffentlichen Wahrnehmung ist kaum etwas so spannend, wie das Geld anderer Leute. Da stimmen Sie mir sicherlich zu. Gehaltstabellen und Verdienstmöglichkeiten gehören im Internet zu den meist angeklickten Seiten im Netz – die Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt fasziniert einmal im Jahr die große Masse.

Auch am Beispiel der Gehälter der DAX-Vorstände lässt sich die These eindrucksvoll untermauern: Seit mit dem Corporate-Governance-Kodex Anfang dieses Jahrzehnts erstmals Maßregeln für eine transparente und angemessene Managerentlohnung aufgestellt wurden, beherrscht das Thema Vorstandsgehälter die Arbeit der Kodex-Kommission wie kein zweites.

Der Druck ist enorm, die Transparenz und Angemessenheit der Bezüge sicherzustellen. Neben diesen Wohlverhaltensregeln wurde mit dem Vorstandsvergütungsoffenlegungsgesetz (VorstOG) 2005 mittlerweile auch eine rechtlich bindende Grundlage für die Veröffentlichung der Managerbezüge geschaffen.

Dies hat die Offenheit der Top-Gehaltsbezieher deutlich gesteigert. Heute legen bis auf wenige Ausnahmen alle Unternehmen die Gehaltsabrechnungen der Manager offen. Im DAX geben 29 von 30 Unternehmen die Bezüge individualisiert an. Lediglich Merck KGaA beruft sich nach einem Mehrheitsbeschluss von 75 Prozent auf der Hauptversammlung 2006 auf die so genannte „Opting-Out“-Klausel und verweigert seinen Aktionären eine individualisierte Darstellung.

Das Interesse am Thema Vorstandsvergütung ist trotzdem ungebrochen, die Wahrnehmung und die Kritik von Öffentlichkeit und Politikern ist so groß wie noch nie. Spekulationen, dass Porsche-Chef Wendelin Wiedeking durch erfolgreiche Optionsgeschäfte mit VW-Anteilen nicht nur den Gewinn des Sportwagenbauers in die Höhe getrieben hat, sondern auch seine eigenen Bezüge auf die Schwindel erregende Summe von 100 Mio. Euro (das entspricht etwa 0,9 Prozent vom Geschäftsergebnis) geschraubt haben soll, lassen die Volksseele hochkochen. Nicht zuletzt deshalb stehen gerade in diesem Jahr die Rufe nach schärferen Gesetzen zur Beschränkung der Managerbezüge im Raum.

Die DSW als größte Aktionärsvereinigung Deutschlands nimmt sich bereits seit dem Jahr 2001 dieses Themas an. Unsere Vorstandsvergütungsstudie hat ohne Zweifel mit dazu beigetragen, dass die Debatte heute derart breit und öffentlich geführt wird. Denn die DSW hat als erstes die Gehälter der deutschen Top-Manager öffentlich analysiert und damit auf Missstände aufmerksam gemacht.

Seither werden Strukturen und Angemessenheit der Vorstandsbezüge in Deutschlands Leitindex DAX von uns anhand von vielen Kennzahlen untersucht. Dabei beziehen wir neben den festen auch die variablen Bestandteile der Vergütung, wie Prämien oder Boni, und natürlich auch die Aktienoptionen mit in die Untersuchung ein. Seit dem vergangenen Jahr erheben wir die Daten gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre – Controlling der TU München. Hauptautor ist der Lehrstuhlinhaber Professor Dr. Gunther Friedl.

Zunächst lassen Sie mich bitte eines vorweg ganz klar sagen: Für die angeblichen „Gehaltsexzesse“ und „unanständig hohen“ Bezüge der Top-Manager, die von Politikern von Union und SPD regelmäßig als Grund für ihre Forderung nach neuen Gesetzen angeführt werden, haben wir in unserer Untersuchung bis auf wenige Ausnahmen keine Anhaltspunkte gefunden. Ich halte daher den Ruf nach dem Gesetzgeber in diesem Bereich für überflüssig, ja sogar kontraproduktiv für den Standort Deutschland.

Die Gehälter auszuhandeln muss ausschließlich den Aktionären und damit dem Aufsichtsrat vorbehalten bleiben. Schließlich müssen die Anteilseigner diese Bezüge ja am Ende auch allein bezahlen. Die Vorstände sind ja ihre Vermögensverwalter. Übrigens: Im Corporate-Governance-Kodex ist ja gerade erst eine Verschärfung der Bestimmungen eingearbeitet worden. Denn die Bezüge für das laufende Geschäftsjahr werden erstmals vom gesamten Aufsichtsrat beschlossen und nicht wie bisher nur vom Präsidialausschuss.

Auch die getarnte Kappung der Bezüge über die Steuerkeule, indem man also die fiskalische Absetzbarkeit der Vergütungen und Abfindungen als Betriebsausgaben auf eine Million Euro begrenzt, halten wir für das falsche Signal. Zumal sich die Diskussion höchstwahrscheinlich im nächsten Jahr von selbst erledigen wird. Denn dann werden die Gewinneinbrüche, die viele Unternehmen gerade jetzt vermelden, in sinkenden Boni und vor allem in geringeren Stock-Options-Erträgen der Manager sichtbar werden.

Mit anderen Worten, die Gehälter passen sich der Lage der Unternehmen an. Bisher, dies zeigt unsere Studie, funktioniert das Vergütungssystem im Großen und Ganzen reibungslos. Neue Gesetze sind also nicht nötig.

Damit hier kein Missverständnis aufkommt: Natürlich haben wir auch in unserer aktuellen Untersuchung an einigen Stellen Mängel in Sachen Transparenz und Vergütungsstruktur festgestellt. Lassen Sie mich kurz einige verbesserungswürdige Punkte ansprechen, bevor wir auf die Gehälter der Vorstände im Einzelnen zu sprechen kommen.

Die größte Schwachstelle ist nach wie vor die uneinheitliche Art der Berichterstattung. Zwar veröffentlichen die meisten Unternehmen ihre Vorstandsbezüge individuell. Doch praktisch in jedem Geschäftsbericht wird dazu eine ganz eigene Art der Darstellung gewählt. Tabellen oder Grafiken, Zurechnung und Ausweis von einzelnen Vergütungsbestandteilen – all dies ist in Deutschland nicht einheitlich vorgeschrieben. In der Folge wird dadurch die Vergleichbarkeit der Gehaltsberichte enorm erschwert. Zudem sorgt der Formenwirrwarr bei den Vergütungsberichten für Intransparenz. Es kann doch zum Beispiel nicht richtig sein, dass gerüchteweise Abfindungsansprüche von Managern in den Altersvorsorgebezügen versteckt werden.

Dies zu ändern und eine einheitliche klar strukturierte Darstellung einzuführen, muss nach unserer Meinung oberste Priorität im politischen Berlin genießen. Die DSW hat dazu bereits im Jahr 2005 einen Best-Practice-Vergütungsbericht als Musteranleitung entwickelt, in dem diese Forderung anschaulich umgesetzt ist. Andere Länder machen es vor: In den USA gibt es für die Vergütungsberichte längst standardisierte Verfahren. 

Einen Mangel sehen wir ebenfalls noch im Bereich der Abfindungen und Übergangsgelder. Zwar gibt es inzwischen die Pflicht zur Offenlegung von Leistungen, die einem Vorstandsmitglied im Fall der Beendigung seiner Tätigkeit zugesagt worden sind. Allerdings müssen lediglich die „wesentlichen Inhalte der Zusagen“ veröffentlicht werden. Und dies auch nur dann, wenn sie in ihrer Ausgestaltung von den Zusagen an Arbeitnehmer nicht unerheblich abweichen. Hier wären eine detailliertere Darstellung von Form und Struktur der Abfindungen und Übergangsgelder wünschenswert.

Die vorhin bereits kurz angesprochene Opting-out-Klausel bereitet uns ebenfalls verstärkt Kopfschmerzen. Wir beobachten, dass vor allem Unternehmen, die den Sprung an die Börse vorbereiten, kurz vor dem IPO diese Reißleine zur Offenlegung der Bezüge ziehen. Ein negatives Beispiel dafür ist der Düsseldorfer Spezialglashersteller Gerresheimer Glas. Für die Altgesellschafter ist ein solcher Opting-out-Beschluss auf einer HV vor dem Börsengang ganz problemlos möglich. Gerresheimer hat das mit seiner HV im Mai 2007 kurz vor dem Börsengang gezeigt. Die Folgen müssen dann die späteren Aktionäre ausbaden. Es ist für sie praktisch unmöglich, die Befreiung von der Offenlegung rückgängig zu machen. Ein neuer Beschluss ist erst wieder fünf Jahre später nötig.

In einem Punkt können wir die Forderungen aus der Politik unterstützen. Die Verlängerung der Haltefristen von Aktienoptionen von bislang zwei auf dann drei Jahre ist eine richtige und sinnvolle Veränderung. Diese Fristverlängerung ist eine alte DSW-Forderung, die nun endlich von der Politik aufgegriffen wird. Denn so wird der Langfrist-Charakter, den solche erfolgsabhängigen Gehaltsbestandteile haben sollten, stärker betont. Allerdings muss dafür kein neues Gesetz her, der Corporate-Governance-Kodex ist für die Festschreibung dieser Verlängerung völlig ausreichend.

Nachdem ich ausführlich auf die politische Diskussion um die Gehälter eingegangen bin, komme ich nun zu den konkreten Zahlen: Im vergangenen Jahr verdiente ein Vorstandsmitglied im Deutschen Aktienindex DAX insgesamt durchschnittlich 2,926 Mio. Euro. Rechnet man die Vorstandsvorsitzenden heraus, so ergibt sich immer noch eine durchschnittliche Jahresvergütung von 2,615 Mio. Euro.

Im Schnitt stiegen die Bezüge gegenüber dem Vorjahr um 7,75 %. Die Bezüge erreichen damit insgesamt ein hohes Niveau, allerdings bleiben sie im Vergleich mit den jeweiligen Geschäftsergebnissen durchaus im Rahmen. Die Gehälter stiegen im Geschäftsjahr 2007 deutlich weniger als die Gewinne der Unternehmen. Diese legten im gleichen Zeitraum um fast 18 Prozent zu. Um eine Vorstellung von der Bedeutung der Vorstandsvergütung für die Unternehmen zu erhalten, kann man sie ins Verhältnis zu den Personalaufwendungen und zum jeweiligen Konzernergebnis stellen. So machten 2007 die Top-Bezüge 0,64 % der gesamten Personalkosten aus (Vorjahr 0,65 %). Zugleich erreichten sie 1,37 % (Vorjahr 1,17 %) des Konzernergebnisses.

Die Vergütung der Vorstände war im vergangenen Jahr wie folgt strukturiert: 26 Prozent wurden als Fixgehalt gezahlt, 56 Prozent waren variable Boni, Prämien oder Tantiemen, die am kurzfristigen Erfolg des Unternehmens orientiert sind. Hinzu kamen insgesamt 18 Prozent an aktienkursbasierten Bestandteilen. Während die Höhe des Fixums in etwa dem entspricht, was die DSW als Richtwert (1/3) angelegt hat, kann man durchaus kritisch anmerken, dass die Gehälter insgesamt zu stark am kurzfristigen Erfolg der Unternehmen andocken.

Statt 56 Prozent in Form von kurzfristig an verschiedenen Jahreszielen orientierten Boni zu zahlen, sollten die Unternehmen unserer Ansicht nach etwa 2/3 der variablen Bezüge von längerfristigen Erfolgsschwellen abhängig machen. Das könnte einerseits durch einen höheren Anteil an Stock Options erfolgen. Vorstellbar ist auch, die Tantiemen oder Boni nicht an einem einzelnen Jahresergebnis aufzuhängen, sondern von Mehrjahres-Durchschnittskennzahlen abhängig zu machen. Einige Firmen machen dies bereits vor.

Neben den 30 DAX-Vorständen haben wir in diesem Jahr zum ersten Mal auch die Unternehmen aus dem M-DAX mit in die Untersuchung einbezogen. Einerseits interessierte uns die Höhe und die Struktur der Vergütung in der zweiten Reihe deutscher Unternehmen. Andererseits wollten wir auch hier erstmals die Transparenz der Bezüge analysieren.  

Das Ergebnis ist auf den ersten Blick durchwachsen: Auch im M-DAX verdient ein durchschnittliches Vorstandsmitglied insgesamt mehr als eine Million Euro pro Jahr, genau gesagt sind es 1,486 Mio. Damit erreicht auch die zweite Reihe deutscher Manager ein stattliches Niveau. Gegenüber dem Vorjahr stiegen hier die Bezüge um 8,34 Prozent. Top-Verdiener unter den M-DAX-Vorständen ist Puma-Chef Jochen Zeitz mit einem Gesamtgehaltspaket von 7,2 Mio. Euro, gefolgt von Bernd Scheifele (HeidelbergerCement) mit 6,1 Mio. Euro.

Deutlich schlechter als im DAX ist es im M-DAX um die Transparenz bestellt. Von den 50 Unternehmen weisen immerhin 10 Firmen ihre Vorstandsbezüge nicht individualisiert aus. Im Vorjahr lag diese Zahl bei 14 Unternehmen. Oft muss man sich die entsprechenden Zahlen zudem regelrecht zusammensuchen, weil sie sich im Text des Geschäftsberichts verstecken, oder teilweise erst im Anhang zu finden sind.

Bevor Herr Professor Dr. Gunther Friedl auf die Details unserer Analyse eingehen wird, lassen Sie mich ein kleines olympisches Gesamtfazit ziehen. Das Rennen um die transparente und in der Höhe angemessene Vergütung deutscher Manager befindet sich unserer Ansicht nach inzwischen „auf der Zielgeraden“. Die Umstellungen der vergangenen Jahre tragen Früchte, man kann das Ziel schon sehen. Erreicht ist es aber noch nicht ganz. Bis dahin sind noch einige Hürden zu nehmen. Neue Gesetze müssen dafür aber nicht her.

Ohnehin gehen wir davon aus, dass sich die Diskussion schon 2009 von allein erledigen wird. Denn die sinkenden Gewinne der Unternehmen, die wir jetzt beobachten können, werden sich in der nächsten Vergütungsabrechnung sowohl in den variablen Boni als auch im Wert der Aktienoptionen deutlich niederschlagen. Mit anderen Worten: Wir erwarten, dass 2009 die Vergütung der DAX-Vorstände deutlich sinkt.  

 

(Redeteil: Professor Gunther Friedl)

Lassen Sie mich zunächst ganz kurz einen Überblick über die einzelnen Komponenten einer typischen Vorstandsvergütung geben und dabei auf die Methodik unserer Studie eingehen. Anschließend werde ich Ihnen über interessante Einzelergebnisse berichten.

Die Gesamtvergütung eines Vorstandsmitglieds haben wir in unserer Studie in folgende Bestandteile klassifiziert.

1.      Fixgehalt und Zusatzleistungen

2.      Variable Barvergütung

3.      Aktienkursbezogene Vergütungsbestandteile

4.      Versorgungsleistungen

5.      Einmalzahlungen

Die beiden letzten Bestandteile haben wir in der diesjährigen Studie erstmalig berücksichtigt.

Der Anteil der Fixvergütung, also Grundgehalt und Zusatzleistungen, wie beispielsweise Dienstwagen, beträgt im DAX durchschnittlich 26%. Der Anteil der variablen Barvergütung hat mit 56% der Gesamtvergütung das stärkste Gewicht innerhalb der Gehaltsstruktur.

In den meisten Fällen konnten wir dabei auf die Angaben zu den tatsächlichen Zahlungen im Geschäftsbericht zurückgreifen. Etwas schwieriger war es, die Boni, und hier vor allem die Mehrjahresboni, zu bewerten. Hierbei handelt es sich um Prämienzahlungen, die eine zwei- oder dreijährige Betrachtungsperiode umfassen. Man kann entweder nur die Zahlungen betrachten, die aber einen mehrjährigen Abstand haben, oder die Zuführung zu den Rückstellungen, welche die erwarteten Kosten bezogen auf ein Jahr abbilden. Wenn möglich haben wir hier die Zuführung zu den Rückstellungen, also die auf ein Jahr bezogenen Vergütungskosten berücksichtigt.

Interessant ist die Frage, an welche Größe die Berechnung des variablen Bonus gekoppelt ist. In der Regel sind das Gewinngrößen wie das EBIT (Gewinn vor Steuern und Zinsen) oder das Konzernergebnis. Teilweise kommen auch Renditegrößen, wie die Eigen- oder Gesamtkapitalrendite oder nicht näher definierte individuelle Ziele zur Anwendung. Hier ließe sich die Transparenz durch genauere Angaben sicher noch erhöhen.

Aktienkursbezogene Vergütungsbestandteile werden in Form von Aktien oder Aktienoptionen gewährt und machen 18% der Gesamtvergütung aus. Die Ausübung von Aktienoptionen wird häufig an bestimmte Hürden gekoppelt, wie beispielsweise eine bestimmte Mindestentwicklung des Aktienkurses. Damit die aktienbezogenen Vergütungsbestandteile eine langfristige Wirkung entfalten, sind Verkauf oder Ausübung in der Regel in den ersten zwei Jahren nicht möglich.

Genauso wie bei der mehrjährigen variablen Barvergütung gibt es auch bei der Bewertung von aktienkursorientierten Vergütungsbestandteilen zwei Möglichkeiten. Zum einen kann man die tatsächlichen Zahlungen aus dem Verkauf bzw. der Ausübung der Optionen zugrunde legen. Die andere Möglichkeit, die auch im Vorstandsvergütungsoffenlegungsgesetz vorgesehen ist, besteht darin, den Wert der aktienkursbasierten Vergütung am Tag der Gewährung zu verwenden.

Auf keinen Fall sollten die Zeitwerte bei Gewährung und die Zahlungsgrößen miteinander vermischt werden, wie es teilweise in Studien geschieht. Dies wäre gleichbedeutend mit einer Doppelzählung der Vergütungen. Bspw. würden dann dieselben Aktienoptionen, die in einem vergangenen Jahr mit ihren Zeitwerten bei Gewährung ausgewiesen wurden, noch einmal bei Auszahlung erfasst.

In diesem Jahr haben wir zum ersten Mal die Versorgungsleistungen und die Einmalzahlungen genauer unter die Lupe genommen. Hier ist eine Bewertung noch schwieriger als bei den aktienbezogenen Vergütungsbestandteilen. Das hängt damit zusammen, dass die genauen vertraglichen Regelungen einen maßgeblichen Einfluss auf die Bewertung haben. Daher weisen wir die Zusagen zu Versorgungsleistungen nicht als Teil der Gesamtvergütung des Vorstands aus, sondern als eine weitere Größe „unter dem Strich“.

Bei Einmalzahlungen, die insbesondere im Rahmen von Abfindungsregelungen gewährt werden haben wir uns ebenfalls für einen gesonderten Ausweis entschieden, da ansonsten die prozentuale Veränderung der Vorstandsvergütung zu stark verzerrt wäre.

Kommen wir nun zu den Ergebnissen unserer Studie. Dabei möchte ich zunächst auf die Höhe der Gesamtvergütung eingehen, bevor ich den Anstieg der Vergütung gegenüber dem Vorjahr thematisiere.

Im Jahre 2007 hat ein durchschnittliches Mitglied eines DAX-Vorstands 2,9 Mio. Euro verdient. Wie schon im Vorjahr liegt die Deutsche Bank mit 7,5 Mio. Euro mit deutlichem Abstand vorn. Keines der 30 DAX-Unternehmen liegt unter der Millionengrenze.

Bei den Vorstandsvorsitzenden erhält wie bereits in den Vorjahren Dr. Josef Ackermann (Deutsche Bank) mit knapp 14 Mio. Euro das höchste Gehalt, gefolgt von Dr. Dieter Zetsche (Daimler, 10 Mio. Euro) und Prof. Dr. Wolfgang Reitzle (Linde, 8,1 Mio. Euro). Im Durchschnitt wurde der Vorstandsvorsitzende eines DAX-Unternehmens mit 4,7 Mio. Euro für ein komplettes Geschäftsjahr vergütet.

Zusätzlich zum Jahresgehalt, der variablen Barvergütung und der aktienkursbezogenen Vergütung fielen noch Aufwendungen für Pensionszusagen und Einmalzahlungen an. Im Durchschnitt wurden 400 Tausend Euro pro Vorstandsmitglied für Pensionszusagen aufgewendet. Dieser Wert schwankt sehr stark zwischen Auflösungen von Rückstellungen in Höhe von durchschnittlich 0,34 Mio. Euro bei SAP bis zu Zuführungen zu Pensionsrückstellungen in Höhe von 1,975 Mio. Euro bei Merck.

In 10 Unternehmen wurden Abfindungen oder Begrüßungsgelder gezahlt (2006: 4 Unternehmen). Hier sticht zum einen die Deutsche Börse hervor, die an die in 2007 ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder Matthias Ganz und Mathias Hlubek im Rahmen ihrer Abfindungszusagen Abfindungen in Höhe von 7,5 Mio. Euro und 9,1 Mio. Euro gezahlt hat. Thomas Eichelmann erhielt als Ausgleich für entgangene Bonuszahlungen des vorherigen Arbeitgebers eine Sonderzahlung in Höhe von 2,7 Mio. Euro. Die relativ hohen Abfindungszahlungen bei Daimler erklären sich durch die Wechsel der Herren LaSorda, Ridenour und Sidlik zu Chrysler. Bei Siemens erhielt Dr. Klaus Kleinfeld Zahlungszusagen in Höhe von 5,8 Mio. Euro als Ausgleich für ein Wettbewerbsverbot und zusätzliche Beratungsleistungen sowie zur Deckung sonstiger Ansprüche. Gleichzeitig erhielt Peter Löscher ein Begrüßungsgeld in Höhe von 8,5 Mio. Euro, das in seine Altersversorgung eingestellt wurde.

Nun möchte ich Ihnen den Anstieg der Vergütung von 2006 auf 2007 erläutern. Im Durchschnitt der DAX-Unternehmen ist die Vergütung um 7,75 % angestiegen. Allerdings ist hier eine starke Bandbreite von +85 % bei TUI und –26 % bei SAP zu erkennen. Um die Entwicklungen genauer zu analysieren, müssen wir einen Blick auf die Entwicklung der einzelnen Vergütungskomponenten der Unternehmen werfen.

Hier ist die durchschnittliche Fixvergütung um knapp 3 % angestiegen. Dies ist moderat im Gegensatz zur Entwicklung im Vorjahr: Von 2005 auf 2006 war die Fixvergütung um durchschnittlich etwa 8 % angestiegen. Die variable Barvergütung weist dagegen einen deutlichen Anstieg um über 17 % auf. Dies dürfte auch auf den recht deutlichen Gewinnanstieg in den meisten DAX-Unternehmen zurückzuführen sein. An einigen Beispielen wird deutlich, dass die variable Barkomponente tatsächlich performanceabhängig ist. So hat Infineon im Einklang mit dem negativen Konzernergebnis keine variable Barvergütung gezahlt.

Bei Daimler ist ein enormer Anstieg der variablen Barbestandteile um 108 % zu verzeichnen. Aber auch das EBIT, auf dem die variable Barvergütung zumindest teilweise beruht, ist um 75% gestiegen.

Auch die Vorstandsmitglieder bei TUI konnten einen starken Anstieg (164 %) ihrer variablen Barbezüge verbuchen. Hier zeigt sich, dass ein Anstieg der Vergütung zwar grundsätzlich nachvollzogen, die Stärke des Anstiegs allerdings nicht mit den Angaben im Vergütungsbericht geklärt werden kann. Bei TUI basiert die variable Barvergütung auf dem „bereinigten EBITA“ des Konzerns und der Sparten sowie nicht näher ausgeführten „persönlichen Bemessungsfaktoren“. Da der Anstieg des EBITA nicht so hoch ausfiel, kann der Anstieg des Bonus um 164% also nur durch diese persönlichen Bemessungsfaktoren erklärt werden. Welche dies genau sind, bleibt allerdings das Geheimnis der TUI-Führung.

Insgesamt aber weist die variable Barvergütung bei den 30 DAX-Unternehmen einen hohen Performancebezug auf. Ob dieser Performancebezug auch in die negative Richtung funktioniert, wird sich möglicherweise schon in diesem Jahr zeigen. Aktuell zeigt die Gewinnentwicklung bei zahlreichen DAX-Unternehmen ja deutlich nach unten.

Bei den aktienkursabhängigen Vergütungskomponenten ist im Jahr 2007 ein deutlicher Rückgang um über 9 % festzustellen. Im Schnitt gewährten die DAX-Unternehmen ihren Vorständen aktienbezogene Vergütungsbestandteile von 530 Tausend Euro. 6 Unternehmen wenden diese Vergütungsform allerdings überhaupt nicht an, nämlich Adidas, BMW, Hypo Real Estate, Merck, die Postbank und Volkswagen.

Der Vergleich der Werte der gewährten aktienkursbasierten Vergütung über die zwei Jahre hinweg erlaubt noch keinen Schluss darüber, ob die aktienkursbasierte Vergütung in den DAX-Unternehmen eher an Bedeutung gewinnt oder verliert. Dazu bedarf es der Betrachtung über weitere Jahre hinweg, um den Einfluss einmaliger Effekte wie bei SAP und eventuell auch bei Siemens oder BASF heraus rechnen zu können. Leider war die Datenlage für 2005 bezüglich der aktienkursbasierten Vergütung noch zu schlecht, um verlässliche Daten für alle Unternehmen des DAX zu bekommen.

Insgesamt wird deutlich, dass die Vergütung in den DAX 30 Unternehmen inzwischen recht transparent ist. Verbesserungsbedürftig sind noch die Angaben zu den Größen, von denen die variable Vergütung abhängt. Darüber hinaus sollte der Vergütungsbericht standardisierte Angaben zur Wertentwicklung der vom Vorstand gehaltenen Aktien und Aktienoptionen enthalten. Damit ließe sich besser feststellen, inwieweit die Vergütung tatsächlich von der Unternehmensperformance abhängig ist.

Lassen Sie mich abschließend noch eine Bemerkung zur gegenwärtigen Diskussion zu gesetzlichen Eingriffen bei der Vorstandsvergütung machen. Ebenso wie Herr Hocker halte ich als Wirtschaftswissenschaftler alle direkten gesetzlichen Eingriffe sowohl bei der Höhe als auch bei der Struktur der Vorstandsvergütung für äußerst schädlich. Dazu gehören Forderungen nach einer absoluten Begrenzung der Gehaltshöhe genauso wie jüngst erhobene Forderungen nach einem Verbot von Aktienoptionen. Vergütungsverträge haben eine Reihe unterschiedlicher Funktionen zu erfüllen und sind – wie Sie heute sehen – äußerst komplex ausgestaltet, um allen Funktionen gerecht zu werden. Die Folgen staatlicher Eingriffe wären hier nur schwer abzusehen. Sinnvoller ist dagegen eine Stärkung der Personengruppe, die für den Abschluss der Vergütungsverträge verantwortlich sind, nämlich der Aufsichtsrat. Hier sind Maßnahmen sinnvoll, die zu einer stärkeren Unabhängigkeit des Aufsichtsrats gegenüber dem Management und einer stärkeren Professionalisierung des Aufsichtsrats führen.

 Ich übergebe nun das Wort an Christiane Hölz, die Ihnen erklären wird, wie die in Deutschland gewählte Vergütungsstruktur in den internationalen Kontext passt.

 

(Redeteil Christiane Hölz)

Meine Damen und Herren,

die Frage, ob Vorstandsgehälter angemessen sind, hängt natürlich entscheidend vom Geschäftserfolg des jeweiligen Vergütungsjahres ab. Daneben ist jedoch auch die Einordnung in den internationalen Kontext ein wichtiges Kriterium, um zu entscheiden, wie gut die Manager hierzulande bezahlt werden. Deshalb haben wir in diesem Jahr erstmals auch die Gehaltsstrukturen in drei Ländern mit etablierten Kapitalmarktstrukturen untersucht. Frankreich, Schweiz und die USA.

In allen drei Ländern haben wir jeweils die offen gelegten Gehälter der Vorstandschefs und CEOs aus den Leitindizes Dow Jones (USA), SMI (Schweiz) und CAC40 (Frankreich) untersucht. Da in Frankreich in den Geschäftsberichten in der Regel keine individualisierten Angaben über den Wert der jeweils zugeteilten Optionen gemacht werden, sondern lediglich über die Anzahl der gewährten Stock options, vergleichen wir die Gehälter jeweils auf der Basis der Barvergütung, also Fixgehalt plus Boni und Prämien. Die Vergütung von im Geschäftsjahr nur anteilig tätigen Vorstandsvorsitzenden bzw. CEOs haben wir auf das Gesamtjahr hochgerechnet.

Das Ergebnis ist eindeutig: Deutsche Manager können sich international wirklich nicht mehr über zu geringe Verdienstmöglichkeiten beschweren. Mit einem Bargehalt von 3,825 Mio. Euro verdient ein durchschnittlicher DAX-Vorstandschef deutlich mehr als seine Kollegen in Frankreich (2,3 Mio. Euro), in der Schweiz (2,99 Mio. Euro) und sogar in den USA (3,03 Mio. Euro).

Beim Blick auf die Aktienoptionen wird diese vermeintliche Überbezahlung allerdings relativiert: In der Schweiz kommen zu den Barkompotenten noch einmal 50 Prozent aktienbasierte Vergütungsbestandteile. Insgesamt liegen die Durchschnittsgehälter hier bei 6 Mio. Euro. Spitzenverdiener Brady Dougan von Credit Suisse bringt es für 8 Monate auf 22,3 Mio. CHF, hochgerechnet auf 12 Monate sind dies 33,5 Mio. CHF – umgerechnet 20,3 Mio. Euro. Bei ihm machen die Fixvergütung und die variablen Boni gerade einmal je 10% seiner Gesamtvergütung aus. Die restlichen 80% bestehen aus dem Wert der ihm erteilten aktienbasierten Zuwendungen, wobei diese im Nachgang zur Korrektur des Jahresergebnisses 2007, die durch die Neubewertung von Asset Backed Securities Positionen, Stichwort Subprime Krise, notwendig wurde, noch deutlich reduziert wurden.

In den USA liegt der Schwerpunkt der Managerbezüge sogar noch stärker auf den aktienorientierten Bestandteilen. Viele Unternehmen zahlen neben einem Fixum, das durchschnittlich etwa 1,1 Mio. Euro beträgt, keinerlei Boni an ihre CEOs. Dafür kassieren die Konzernlenker aber immense aktienbasierte Prämien. Spitzenreiter im Dow Jones war im Geschäftsjahr 2007 George David von United Technologies. Er erhielt eine Gesamtvergütung von 38,07 Mio. Dollar (umgerechnet nach dem durchschnittlichen Wechselkurs des vergangenen Jahres entspricht das 27,8 Mio. Euro). Mit 37,68 Mio. Dollar lag AT&T-Boss Randall L. Stephenson nur leicht dahinter. Die durchschnittliche Gesamtvergütung für das Geschäftsjahr 2007, die laut Ausweis der SEC auch Vorsorgeleistungen umfasst,  erreicht bei den US-CEOs 15,68 Mio. Euro. Damit verdienen US-Manager deutlich besser als ihre deutschen Kollegen.

Betrachtet man die Struktur der Barvergütung, so fällt auf, dass diese für CEOs in den USA, Frankreich und der Schweiz in etwa gleich verteilt ist: je rund 40% ihrer Bezüge entfallen auf das Fixum, um die 50% sind variabel und den Rest stellen die sonstigen Bezüge dar. In Deutschland dagegen sind nur rund 27% der Bezüge fix, dafür knapp 71% variabel und die restlichen 2% sonstige Bezüge.

Die Transparenz der Vergütungen ist auch im Ausland unterschiedlich hoch. So wird beispielsweise in der Schweiz neben der Veröffentlichung der Vergütung des Verwaltungsrats (vergleichbar mit dem deutschen Aufsichtsrat) regelmäßig nur das Gehalt des höchstbezahlten Mitglieds der Geschäftsleitung individualisiert offengelegt. Damit wird nur das gesetzlich geforderte Minimum erfüllt. Und auch die sprachlichen Hürden sind im grenzüberschreitenden Kontext nicht zu unterschätzen: Während in der Schweiz die Vergütungsberichte grundsätzlich auch in englischer Sprache verfügbar sind, veröffentlichen einige Blue Chip Unternehmen aus Frankreich ihren Vergütungsbericht nur in französischer Sprache. Ein Beispiel dafür ist der Luxusgüterkonzern LVMH. Für Aktionäre jenseits der französischen Grenzen ein enormes Hindernis bei der Nachvollziehbarkeit der Vergütung und ihrer Angemessenheit.

In den USA erreicht die Transparenz dagegen einen sehr hohen Level. Hier verlangt die SEC einen Vergütungsbericht in standardisiertem Format, der auf den Internetseiten der SEC zu veröffentlichen ist. Alle Elemente werden sehr umfangreich, in tabellarischer und standardisierter Form mustergültig erläutert. Selbst Nebenleistungen, wie z.B. Dienstwagen, Versicherungsbeiträge etc. werden individualisiert und nach Art der Sachleistung getrennt aufgeführt. Dies scheint allerdings auch notwendig, erreichen die sonstigen Bezüge doch in den USA durchschnittliche 0,4 Mio. EUR. So konnte zum Beispiel George David, der United Technologies-CEO, auf die unternehmenseigenen Flugzeuge zurückgreifen. Zu einem Gegenwert von 0,28 Mio. EUR in 2007.

Aber nicht nur in Sachen Transparenz und damit Nachvollziehbarkeit für die Aktionäre sind die USA vorbildlich. Auch beteiligen amerikanische Unternehmen ihre Anteilseigner deutlich mehr an Vergütungsfragen, als ihre Kollegen in Deutschland.

Die Hauptversammlung fasst über die Struktur der Vorstandsvergütungen einen so genannten „advisory vote“, also einen beratenden Beschluss. Dies bedeutet, dass die Vergütungsstruktur in der Hauptversammlung vorgestellt und über sie abgestimmt wird.

Der Beschluss ist nicht bindend, vielmehr ist dies ein Mittel, mit dem die HV zum Ausdruck bringen kann, dass sie mit der Struktur oder der Höhe der einzelnen Vergütungsbestandteile nicht einverstanden ist. Aktionäre können damit in der Hauptversammlung ein klares Zeichen setzen, wenn ihnen die Vergütungssystematik nicht angemessen erscheint.

Die Einführung eines derartigen konsultativen Beschlusses ist aus Sicht der DSW auch für deutsche AGs ein sinnvoller und notwendiger Weg. Deutschland vollzieht damit das nach, was in anderen Ländern (wie Großbritannien oder den Niederlanden) bereits Praxis oder zumindest bereits in der Diskussion ist, wie in der Schweiz. 

Tabelle1_DAX-gesamt__Sperrfrist_19.8.08__11_Uhr.pdf

Tabelle2-M-DAX_gesamtSperrfrist_19808__11_Uhr.pdf

Tabelle3-Veraenderung_gegenueber_Vorjahr__Sperrfrist_19.8.08__11_Uhr.pdf

Tabelle_4_-_Topverdiener_DAX_Sperrfrist_19.8.08__11_Uhr.pdf

Abbildung_5_-_Einordnung_international__Sperrfrist_19.8.08__11_Uhr.pdf

Abbildung_6_-_Einordnung_international_Sperrfrist_19.8.08__11_Uhr.pdf

Tabelle7_Topverdienerliste_M-DAX__Sperrfrist_19.8.08__11_Uhr.pdf

Tabelle_8_-_Verguetung-Gewinn-Vergleich___Sperrfrist_19.8.08__11_Uhr.pdf